# taz.de -- EuGH-Urteil zu Asyl für Homosexuelle: Bitte keine Stereotype!
       
       > Vielerorts droht Schwulen und Lesben Verfolgung. Doch wer deshalb Asyl
       > beantragt, muss Nachfragen ertragen. Der EuGH verlangt jetzt von den
       > Behörden Sensibilität.
       
 (IMG) Bild: Nein, Schwule und Lesben haben auch nicht immer regenbogenfarbene Accessoires dabei
       
       LUXEMBURG dpa | Wer aufgrund seiner Homosexualität Asyl beantragt, muss
       nach einem EU-Urteil Nachfragen in Kauf nehmen. Allerdings müssen die
       Behörden dabei die Grundrechte des Antragstellers etwa auf Privatleben
       achten. Auch die Menschenwürde müsse respektiert werden. Das entschied der
       Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am Dienstag.
       
       Im konkreten Fall ging es um drei Personen, die in den Niederlanden Asyl
       beantragt hatten. Sie fürchteten nach eigenen Angaben eine Verfolgung in
       ihren Herkunftsländern. Die niederländischen Behörden wiesen die Anträge
       aber als unglaubwürdig zurück.
       
       Der EuGH mahnte in seinem Urteil eine sorgsame und vorurteilsfreie Prüfung
       an. So müsse jeder Einzelfall individuell untersucht werden – daher dürften
       sich die Behörden auch nicht auf Stereotype über Schwule oder Lesben
       stützen. Dass ein Asylbewerber von Klischees geprägte Fragen nicht
       beantworten kann, dürfe für sich genommen kein Grund sein, ihn als
       unglaubwürdig einzustufen.
       
       Die Richter erklärten weiter, zwar dürften die Behörden Asylbewerber zu
       „Ereignissen und Umständen, die die behauptete sexuelle Ausrichtung eines
       Asylbewerbers betreffen“ befragen – aber nicht zu Einzelheiten ihrer
       sexuellen Praktiken. Dies verstoße gegen das Recht auf die Achtung des
       Privat- und Familienlebens.
       
       ## Videoaufnahmen unzulässig
       
       „Tests“ oder „Beweise“ der sexuellen Orientierung erklärten die Richter für
       tabu. Einerseits sei deren Beweiskraft zweifelhaft, andererseits verletzten
       sie die Menschenwürde. Einer der Asylbewerber hatte einen „Test“ angeboten
       und sich auch bereiterklärt, homosexuelle Handlungen als Nachweis
       vorzunehmen.
       
       Ein zweiter Antragsteller hatte den Behörden eine Videoaufnahme
       zugeschickt, auf der er bei „intimen Handlungen mit einer Person gleichen
       Geschlechts“ zu sehen ist. Dies dürften die Behörden nicht akzeptieren, so
       der EuGH, weil damit ein Anreiz für andere Antragsteller geschaffen werde,
       solch vermeintliche Nachweise vorzulegen.
       
       Schließlich unterstrichen die Luxemburger Richter den „sensiblen Charakter
       der Fragen, die die persönliche Sphäre einer Person, insbesondere ihre
       Sexualität, betreffen“. Eine zögerliche Auskunft dürfe daher nicht als
       Beleg mangelnder Glaubwürdigkeit eingestuft werden. In dem Urteil erläutern
       die Richter auch, wann ein Nachweis der Homosexualität als Asylgrund nicht
       nötig ist – etwa, wenn die Aussagen des Antragstellers kohärent und
       plausibel sind.
       
       2 Dec 2014
       
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