# taz.de -- "Hausbesuch" bei Herrmann: Echt alle Maßstäbe verloren
       
       > Politische Hausbesuche sind ein umstrittenes, aber genutztes Instrument
       > linker Aktivisten. Wieso bringen sie die Grünen mit der NS-Zeit in
       > Verbindung?
       
 (IMG) Bild: Kreuzbergs Bürgermeisterin Herrmann und die Flüchtlinge, hier im April 2014.
       
       Ein Dutzend Pappkartons vor der Wohnungstür. Der zynische Gruß „Frohes
       Fest“ ins Treppenhaus gesprüht. Mit ihrem [1][„Besuch“ im Wohnhaus von
       Kreuzbergs grüner Bürgermeisterin Monika Herrmann] hat die Aktivistengruppe
       „autonome zelle umzug“ am Sonntag die Kreuzberger Flüchtlingspolitik
       kritisieren wollen. Und im Wortsinn eine Schwelle überschritten.
       
       Die Reaktionen waren entsprechend. Über den „Anschlag“ stöhnten Presse und
       Politiker aller Parteien. Der Grünen-Landesverband echauffierte sich auf
       Facebook: „Wir dachten immer: Diese Art der politischen Hausbesuche sind
       seit 1945 beendet.“ Nun ja, Nazi-Vergleiche rutschen schnell mal raus bei
       großer Empörung. Sinnvoll sind sie selten. Kritisch wird es, wenn sie auch
       noch falsch sind.
       
       Politische Hausbesuche sind ein umstrittenes, aber dennoch genutztes
       Instrument linker Aktivisten. So organisierte der FU-Professor Peter
       Grottian [2][2002 einen Grunewald-Spaziergang zu den Privathäusern von
       Bankern und Politikern], um sie an ihre Verantwortung im Berliner
       Bankenskandal zu erinnern. 1.500 Leute kamen. Die Grünen-Fraktion
       [3][begrüßte die Aktion].
       
       Vorläufer war ein Grunewald-Spaziergang 1981. „Demonstranten besuchen
       Spekulanten“ hieß damals das Motto beim Protestzug von 5.000 Sympathisanten
       der Hausbesetzer. Wer sich daran nicht mehr erinnert, kann ganz aktuell die
       [4][West:Berlin-Ausstellung] im Ephraim-Palais besuchen. Dort findet sich
       ein Plakat zu der Demo, samt Stadtplan mit Adressen und Namen aller
       Spekulanten. Als Erstaufrufer steht darunter die AL. Also: die Alternative
       Liste. So hießen damals die Berliner Grünen.
       
       Nun kann man streiten, was schlimmer ist: wenn jemandem ein paar Kartons
       vor die Wohnungstür gestellt werden oder wenn Tausende vor der Villentür
       defilieren? Doch der Effekt ist der gleiche. [5][Der Spiegel warf damals in
       einem Interview] den Früh-Grünen vor, sie hätten „21 Bürger an den Pranger
       gestellt“ und „Angst und Schrecken verbreitet“. Die angesprochenen ALer
       hielten das für „überzogen“. Schade, wenn die heutigen Grünen vergleichbare
       Aktionen in die Nähe des Faschismus rücken.
       
       Und unnötig. Denn tatsächlich alle Maßstäbe verloren haben diese Autonomen,
       die der einzigen Politikerin auf die Füße treten, die etwas für die
       Flüchtlinge tun wollte. Nähme man die Papp-Aktivisten ernst, hieße das,
       dass man es als verantwortlicher Politiker nicht einmal mehr versuchen
       sollte.
       
       6 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Protest-gegen-gruene-Fluechtlingspolitik/!150463/
 (DIR) [2] /1/archiv/
 (DIR) [3] /1/archiv/
 (DIR) [4] http://west.berlin/
 (DIR) [5] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14331969.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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