# taz.de -- SWR-Dokumentation über Polizeigewalt: Beamte ohne Anklage
       
       > Ein SWR-Film zeigt: Polizeigewalt wird immer häufiger mit Handyvideos
       > dokumentiert. Dennoch gibt es nur sehr selten eine Anklage gegen
       > Polizisten.
       
 (IMG) Bild: Eine der wenigen Ausnahmen, bei denen Anklage erhoben wurde: der Berliner Neptunbrunnen, kurz nachdem ein Polizist einen Verwirrten erschoss.
       
       BERLIN taz | Westerburg im Jahr 2013: Eine Frau filmt aus einem Fenster
       heraus, wie Polizisten einen gefesselten Mann am Boden schlagen. Wochenlang
       passiert gar nichts, bis ein Unbekannter das Video an die Rhein-Zeitung
       weitergibt, diese recherchiert und [1][den Ausschnitt auf Youtube stellt].
       Der Fall wird zu einem der bekanntesten der vergangenen Jahre – und zum
       Einstieg für die SWR-Dokumentation, die am Montagabend läuft.
       
       In Fällen von Polizeigewalt bleiben Beamte oft unbehelligt – ändert sich
       das jetzt, da doch so viele Menschen ein Smartphone mit sich tragen? Ändert
       sich der interne Umgang von Polizei und Justiz mit Gewalt? Das sind die
       Leitfragen des Films und die Antwort lautet: Nein.
       
       In weiten Teilen erzählt die Dokumentation, was schon lange bekannt ist.
       Gegen Polizisten ermittelt die Staatsanwaltschaft nur selten, noch seltener
       erhebt sie Anklage und wiederum noch seltener gibt es eine Verurteilung.
       Der Grund: Polizisten belasten sich selten gegenseitig und sie werden von
       der Justiz als glaubwürdiger eingestuft als Bürger ohne Uniform. Wenn es
       mal ein Urteil gibt, dann weil andere Polizisten ihre Kollegen angezeigt
       haben oder weil Videobeweise die Taten anschaulich dokumentieren.
       
       Ausgegraben haben die Filmemacher, wie selten die Staatsanwaltschaft
       tatsächlich Anklage erhebt. In der Statistik aus dem Jahr 2013 zeigt sich:
       Wenn die mutmaßlichen Täter Polizisten sind, wird nur in 2,4 Prozent der
       Fälle angeklagt. Wenn sie keine Polizisten sind, ist der Wert sechs Mal so
       hoch: In 15,4 Prozent der Fälle kommt es zur Anklage. „Es kann jeden
       treffen“, sagt Alexander Bosch von Amnesty International. „Übergriffe
       können jeden treffen?“ fragt die Voiceover-Stimme ungläubig. Der Film ist
       wohl nicht für jene 81 Prozent gedacht, die der Polizei laut [2][Global
       Trust Report] vertrauen.
       
       ## Wenig neues zu Strukturen
       
       Gibt es den oft beschriebenen Corpsgeist der Polizei wirklich? Die Doku
       liefert darauf leider keine Antwort – auch wenn sie Männer interviewt, die
       dazu aussagen könnten: zum Beispiel den ehemaligen Kölner Polizeidirektor
       Udo Behrendes, der 2002 aufklärte, wie ein Mann im Polizeigewahrsam zu Tode
       geprügelt wurde. Nur anekdotisch erzählt er, dass er vor fast 40 Jahren mal
       einen Mann grundlos geschlagen habe, sein Kollege ihn aber nicht anzeigte.
       
       Auch der ehemalige Polizist Josef Eder erzählt unter Tränen, wie Polizisten
       seines früheren Reviers ihn und seine Frau krankenhausreif schlugen – er
       die Gewalt aber nicht vor Gericht beweisen konnte. Die ermittelnde
       Staatsanwaltschaft und die Polizeistelle wollen sich nicht zum Fall äußern.
       Immerhin ein Indiz, dass vielleicht nicht alles so sauber ablief, wie es
       sollte.
       
       Zum Schluss bleibt die Erkenntnis, dass es wohl helfen würde, wenn es – wie
       bereits in Berlin und Brandenburg – trotz der steigenden Smartphone-Videos
       auch eine Kennzeichnung für Polizisten sowie eine unabhängige
       Ermittlungsbehörde geben würde. Nur, wie der Film selbst anmerkt: „Die
       Gegenwehr von Polizei und Politik ist groß“.
       
       15 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://youtu.be/IAF7ge1AGRo
 (DIR) [2] http://www.gfk.com/de/news-und-events/presse/pressemitteilungen/seiten/die-deutschen-schenken-der-regierung-wieder-mehr-vertrauen.aspx
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lalon Sander
       
       ## TAGS
       
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