# taz.de -- Urteil im Prozess gegen Antifaschisten: Tim H. ist kein Landfriedensbrecher
> Er soll bei einer Anti-Nazi-Demo zur Gewalt aufgerufen und Polizisten
> beleidigt haben. In Dresden wurde Tim H. nun zu einer Geldstrafe
> verurteilt.
(IMG) Bild: Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass der Berliner dabei war, aber das allein reicht nicht: Demo in Dresden 2011.
DRESDEN taz | Das Landgericht Dresden hat das Urteil aus erster Instanz
gegen den Berliner Antifaschisten Tim H. wegen angeblichen schweren
Landfriedensbruchs erheblich abgemildert. Im Berufungsprozess wurde der
38-Jährige am späten Dienstagnachmittag nach verkürzter Beweisaufnahme
lediglich zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt. Die fällt mit
4.050 Euro allerdings recht hoch aus.
Vor zwei Jahren hatte das Amtsgericht noch eine Freiheitsstrafe von 22
Monaten ohne Bewährung ausgesprochen, obschon der Mitarbeiter der
Bundesgeschäftsstelle der Linken nicht vorbestraft war. Tim H. war
vorgeworfen worden, bei den Demonstrationen gegen einen geplanten
Nazi-Aufmarsch am 19. Februar 2011 in Dresden per Megafon zum Durchbrechen
einer Polizeikette aufgewiegelt zu haben. Die polizeiliche Auswertung der
Videoaufnahmen dieses gewaltsamen Durchbrechens ordnete Rufe wie „nach
vorne!“ dem großgewachsenen Tim H. zu.
Auch ein Gutachter schätzte es zu 95 Prozent als wahrscheinlich ein, dass
es sich bei den unscharfen Bildern um Tim H. handeln könnte. Staatsanwältin
Diana Büch blieb in ihrem Plädoyer deshalb beim Vorwurf schweren
Landfriedensbruchs. Sie beantragte jedoch nur noch eine Bewährungsstrafe
von acht Monaten, weil der Angeklagte bislang nicht vorbestraft ist. Die
beiden Verteidiger wiesen mit ihrer eigenen Videoauswertung nach, dass
mindestens fünf Personen mit Megafonen in der Menge von etwa 700
Demonstranten anwesend waren.
Insbesondere dem als Zeuge gehörten Polizeiobermeister Maik U. warfen sie
eine Manipulation des Videomaterials vor. Wegen des gleichen Vorwurfs wird
gegen den Beamten bereits im Zusammenhang mit dem eingestellten Prozess
gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König ermittelt. Die Verteidigung
verlangte Freispruch, zeigte sich nur mit einer möglichen Geldstrafe
einverstanden, weil der Angeklagte einen Beamten als „Nazischwein“
betitelte hatte. Während die Kette durchbrochen wurde, hatte der Polizist
auf einen am Boden liegenden Demonstranten eingeschlagen.
Dem Kurs der Verteidigung folgte das Schöffengericht unter Vorsitz von
Richter Walter Voigt. Der Vorwurf schweren Landfriedensbruchs wurde fallen
gelassen. „Man hat sich vorschnell auf ´den Große` eingeschossen“, sagte
der Vorsitzende. Das zusammenfassende Polizeivideo stufte er als „praktisch
nicht brauchbar“ ein. Verteidiger Ulrich von Klinggräff sieht mit der
Abkehr vom Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs „das Hauptziel zwar
erreicht“. Momentan werde aber noch besprochen, ob man die Geldstrafe in
dieser Höhe akzeptiere oder in Revision gehe. Wahrscheinlich sei aber in
dritter Instanz nicht mehr viel zu gewinnen.
7 Jan 2015
## AUTOREN
(DIR) Michael Bartsch
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