# taz.de -- Attentate in Frankreich: Die Terrorzelle in Paris
       
       > Einer der Täter soll Mitglied des „Islamischen Staates“ gewesen sein.
       > Nach seinem Tod tauchte am Sonntag ein Bekennervideo auf.
       
 (IMG) Bild: Das soll der Attentäter auf einem Screenshot eines Videos sein, das nach seinem Tod auftauchte
       
       BERLIN taz | Das Video zeigt einen Mann im weißen Gewand, links von ihm
       hängt das Banner der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) an der
       Wand, rechts steht ein Maschinengewehr. „Ich habe den Treueeid auf den
       Kalifen seit der Ausrufung des Kalifats abgelegt“, sagt er und meint
       IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi damit. „Die Brüder unseres Teams haben Charlie
       Hebdo gemacht. Ich bin auch ein bisschen gegen die Polizei vorgegangen.“
       
       Der Mann in dem sieben Minuten langen Video soll Amedy Coulibaly sein,
       einer der drei Pariser Attentäter. Es ist am Sonntag im Internet
       aufgetaucht und soll, so die Beobachtungsplattform Site, über einen
       Twitter-Account mit Verbindungen zum IS verbreitet worden sein. Noch wird
       die Authentizität des Videos von den Behörden geprüft. Darin begründet
       mutmaßlich der spätere Attentäter in französischer Sprache die Anschläge
       mit den Angriffen der westlichen Koalition auf die Gebiete des IS: „Ihr
       attackiert den ’Islamischen Staat‘, wir attackieren euch.“
       
       Coulibaly, 32, erschoss am Donnerstag eine Polizistin, am Freitag drang er
       in einen jüdischen Supermarkt ein und nahm Geiseln, vier von ihnen tötete
       er. Inzwischen steht er in Verdacht, am Mittwochabend zudem einen Jogger
       lebensgefährlich verletzt zu haben. Coulibaly stand in engem Kontakt zu
       Chérif und Said Kouachi, den beiden Brüdern, die am Mittwoch die Redaktion
       der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo angriffen und insgesamt
       zwölf Menschen erschossen.
       
       Die drei Attentäter sind tot, die französischen Ermittler suchen nun nach
       Hintermännern. Vieles deutet darauf hin, dass die Terroristen nicht alleine
       gehandelt haben. Woher kamen die Waffen? Steckt wirklich der IS hinter der
       Tat? Das sind einige der Fragen, die die Ermittler beantworten müssen.
       
       „Wir haben uns für den Anfang dieser Operationen abgestimmt. Sie Charlie
       Hebdo, ich die Polizisten“, hatte Coulibaly schon während der Geiselnahme
       einem französischen Sender gesagt. Für einen engen Kontakt zwischen den
       Tätern spricht auch, dass Coulibalys Lebensgefährtin, Hayat Boumeddiene,
       und Cherif Kouachis Ehefrau nach Angaben der Ermittler mehr als 500-mal
       miteinander telefoniert haben. Boumeddiene soll Anfang Januar über Istanbul
       nach Syrien gereist sein. Während des Gesprächs mit dem Sender sagte
       Coulibaly auch, er gehöre zum IS und habe Anweisungen für die Tat bekommen.
       
       ## Ein Kennenlernen im Gefängnis
       
       Coulibaly, dessen Familie aus Mali stammt, scheint Chérif Kouachi, den
       jüngeren der Brüder, im Gefängnis kennengelernt zu haben. 2010 standen alle
       drei in Verdacht, versucht zu haben, einen inhaftierten Islamisten aus dem
       Gefängnis zu befreien. Den Brüdern konnte man nichts nachweisen, Coulibaly
       aber wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im vergangenen Jahr kam er frei.
       
       Zuvor war der algerischstämmige Chérif Kouachi, 32, Mitglied in der
       „Buttes-Chaumont-Zelle“, einer nach einem Park im 19. Pariser Bezirk
       benannten Islamisten-Gruppe. Die Zelle schickte Dschihadisten zum Kampf
       gegen die US-Truppen in den Irak. Kouachi wurde 2005 festgenommen, kurz
       bevor er selbst über Syrien in den Irak reisen konnte. Im Gefängnis lernte
       er den Islamisten Djamel Beghal kennen, der wegen der Vorbereitung von
       Anschlägen eine Haftstrafe absaß. Er soll unter dessen Einfluss gestanden
       haben.
       
       Kopf der Buttes-Chaumont-Zelle war Farid Benyettou, ein salafistischer
       Prediger, wie die Kouachis algerischstämmig. Chérif Kouachi besuchte Angang
       der 2000er Jahre Korankurse bei ihm, wie viele in Benyettous Umfeld
       radikalisierte er sich. Zu der Zelle gehörte auch Boubaker al-Hakim, der
       sich zu der Ermordung zweier tunesischer Oppositioneller im Jahr 2013
       bekannt hat und derzeit für den IS in Syrien kämpfen soll. Auch das ist ein
       Hinweis auf dem Zusammenhang zum IS.
       
       Die Kouachi-Brüder aber sprachen während der Tat davon, von al-Qaida
       finanziert und angeleitet worden zu sei. Said Kouachi soll 2011 mehrere
       Monate bei al-Qaida im Jemen den Umgang mit Waffen gelernt haben.
       
       ## al-Qaida will es auch gewesen sein
       
       Bereits am Freitagabend hat al-Qaida für sich beansprucht, für den Anschlag
       verantwortlich zu sein. „Die Führung von al-Qaida auf der Arabischen
       Halbinsel hat diese Operation angeleitet“, veröffentlichte ein mutmaßliches
       hochrangiges Mitglied der Organisation auf Twitter. „Das Ziel war
       Frankreich, wegen seiner offensichtlichen Rolle des Landes im Kampf gegen
       den Islam.“
       
       Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) ist 2009 aus einem
       Zusammenschluss des jemenitischen und saudi-arabischen Arms der
       Terrororganisation entstanden, sie soll für mehre gescheiterte
       Bombenanschläge auf US-Ziele verantwortlich sein. 2013 hatte AQAP in seinem
       Magazin Inspire eine Todesliste veröffentlicht, auf der auch Stéphanne
       Charbonnier stand, der am Mittwoch erschossene Chefredakteur von Charlie
       Hebdo.
       
       Ob eine der Terrororganisationen die Anschläge nun wirklich beauftragt und
       geplant hat, ist bislang unklar. IS und AQAP sind inzwischen verfeindet und
       kämpfen hart um die Führungsrolle im Dschihad. Dass sie gemeinsam
       verantwortlich sind, ist schwer vorstellbar. Die USA sehen derzeit noch
       keine stichhaltigen Hinweise auf eine Verwicklung des Terrornetzwerks
       Al-Qaida in die Anschlagsserie in Frankreich.
       
       „Zu diesem Zeitpunkt haben wir keine glaubwürdigen Informationen, um uns
       darauf festzulegen, welche Organisation dafür verantwortlich war“ , sagte
       US-Justizminister Eric Holder am Sonntag dem US-Sender ABC. Die Drahtzieher
       der Attentate mit insgesamt 17 Todesopfern müssten zweifelsfrei ermittelt
       werden, um festzulegen, „welche Vergeltungsmaßnahmen angemessen sind“ .
       Auch US-Generalstabschef Martin Dempsey erklärte im US-Sender Fox News,
       eine Verbindung zwischen den Attentätern und Al-Kaida sei noch nicht
       nachgewiesen.
       
       Am Samstag meldete sich unterdessen Coulibalys Mutter zu Wort. „Ich und
       alle meine Töchter möchten den Familien der Opfer unser herzliches Beileid
       ausdrücken“, schreibt sie in einer Mitteilung. „Wir verurteilen diese
       Taten. Wir teilen absolut keine dieser extremen Ideen und hoffen, dass die
       Menschen diese Taten nicht mit der muslimischen Religion gleichsetzen.“
       
       (mit dpa und afp)
       
       11 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sabine am Orde
       
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