# taz.de -- Amnesty International über Boko Haram: Grausame Morde
       
       > Anfang Januar hat die Islamistengruppe eine ganze Stadt in Nigeria
       > niedergebrannt. Die Menschenrechtsorganisation schätzt, dass hunderte
       > Menschen ums Leben kamen.
       
 (IMG) Bild: Ein Satellitenbild vom Gebiet rund um den Ort Baga zeigt die Zerstörung. Die roten Punkte stellen die verbliebene gesunde Vegetation dar.
       
       LAGOS afp | Amnesty International hat der Islamistengruppe Boko Haram
       schwere Verbrechen während eines blutigen Angriffs auf die Stadt Baga im
       Nordosten von Nigeria vorgeworfen. Die Kämpfer hätten unter anderem eine
       Schwangere während der Entbindung erschossen, erklärte die
       Menschenrechtsorganisation am Donnerstag unter Berufung auf einen
       Augenzeugen. Boko Haram hatte am 3. Januar Baga und umliegende Ortschaften
       angegriffen. Nach Einschätzung von Amnesty wurden dabei mehrere hundert
       Menschen ermordet.
       
       Die Organisation sprach von der „größten und zerstörerischsten Attacke“,
       die Boko Haram je ausgeführt habe. Die vorsätzlichen Tötungen von
       Zivilisten und die Zerstörung ihres Eigentums seien „Kriegsverbrechen und
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit und verlangen eine Untersuchung“,
       erklärte Amnesty. Boko Haram will in Teilen des Landes ein Kalifat
       errichten. Der Angriff vom Januar galt offenbar zivilen
       Selbstverteidigungsmilizen, die das Militär im Kampf gegen die Gruppe
       unterstützen.
       
       Amnesty International veröffentlichte mehrere Zeugenaussagen, die das
       brutale Vorgehen der Kämpfer dokumentierten. Ein Bewohner berichtete, dass
       eine Schwangere erschossen wurde, als sie gerade ihr Kind zur Welt brachte.
       „Das Baby, ein Junge, war schon halb geboren“, sagte er, „in dieser
       Position ist sie gestorben“. Auch seien viele Kinder von den Kämpfern
       getötet worden.
       
       Ein rund 50-jähriger Zeuge erzählte, er habe allein in Baga hundert Tote
       gesehen. „Ich bin in den Busch gerannt“, erzählte er Amnesty. „Und während
       wir rannten, haben sie weiter geschossen und gemordet.“ Ein anderer
       Bewohner versteckte sich erst drei Tage lang, dann floh er fünf Kilometer
       durch den Busch. Überall hätten Leichen gelegen, sagte er. Die Namen der
       Zeugen nannte Amnesty nicht.
       
       ## Satellitenbilder von Baga
       
       Die Organisation veröffentlichte auch mehrere Satellitenbilder, bei denen
       es sich um Aufnahmen von Baga und Umgebung handeln soll. Amnesty schätzt,
       dass im Zuge der Angriffe mehr als 3700 Gebäude beschädigt oder komplett
       zerstört wurden. Örtliche Vertreter hatten bereits erklärt, dass Baga sowie
       mindestens 16 umliegende Siedlungen zerstört und 20.000 Menschen zur Flucht
       gezwungen worden seien.
       
       Zu den Toten gibt es bislang keine bestätigten Angaben, Beobachter gehen
       davon aus, dass die wahre Opferzahl wohl nie ermittelt wird, da Baga
       abgeschottet ist und unter der Kontrolle der Extremisten steht. Die
       nigerianische Armee sprach in dieser Woche von 150 Toten bei den Angriffen
       und bezeichnete kursierende Schätzungen von bis zu 2000 Opfern als
       „sensationsgetrieben“. Die gegen Boko Haram kämpfende Armee neigt indes
       dazu, die Opferzahl als zu niedrig anzugeben.
       
       Boko Haram kämpft seit rund sechs Jahren für die Errichtung eines
       Gottesstaats im mehrheitlich muslimischen Norden des Landes. Baga lieht im
       nordöstlichen Bundesstaat Borno. Mitte Februar finden in dem Land zudem
       Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Die neue Welle der Gewalt
       gilt auch als Versuch, diese Wahlen zu gefährden.
       
       15 Jan 2015
       
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