# taz.de -- Kommentar Boko Haram in Nigeria: Kein Vertrauen in den Staat
       
       > Nigeria fehlt das Gefühl, Nigeria zu sein. Daher verwundert es nicht,
       > dass es kaum möglich ist, große Massen vereint auf die Straßen zu
       > bringen.
       
 (IMG) Bild: Egal wie sehr die Politiker vier Wochen vor den Wahlen um die Wählergunst buhlen – in den Staat hat niemand Vertrauen.
       
       Durch ganz Nigeria müsste jetzt ein Schrei des Entsetzens gehen. In Afrikas
       Riesenstaat wurden in der Stadt Baga und Doron Boga [1][etwa 3.700 Gebäude
       von Zivilisten zerstört, die Zahl der Toten ist noch unklar.] Aber der
       Anschlag der Terrorgruppe Boko Haram gilt als einer der brutalsten. Doch
       die Aufregung im Land hält sich sehr in Grenzen.
       
       Zu den aktivsten Kritikern gehört noch die Bewegung
       [2][#BringBackOurGirls], die seit Ende April 2014 für die Freilassung der
       entführten Mädchen von Chibok kämpft. Doch auch deren Anhängerzahl ist
       überschaubar, und die Gruppe genießt im Ausland fast mehr Popularität als
       daheim.
       
       Nigeria fehlt 54 Jahre nach der Unabhängigkeit von der britischen Krone
       nämlich eins, das Gefühl, Nigeria zu sein. In den Staat – für viele
       Menschen ist er das Synonym für Korruption – hat niemand Vertrauen, egal
       wie sehr die Politiker vier Wochen vor der Wahl um die Wählergunst buhlen.
       Zugehörigkeiten richten sich nach Ethnie, Geburtsort und Religion.
       
       Dazu kommt, dass das Land mit mindestens 170 Millionen Menschen und 250
       verschiedenen ethnischen Gruppen riesengroß, extrem unterschiedlich und
       vielfältig ist. Daher heißt es oft: Was geht mich der Süden beziehungsweise
       Norden an? Durch die massive Ungleichverteilung des Wohlstands sind viele
       zudem mit dem täglichen Überleben beschäftigt.
       
       Daher verwundert es nicht, dass es kaum möglich ist, große Massen auf die
       Straßen zu bringen und sie für etwas zu vereinen. Selbstverständlich gibt
       es eine individuelle Betroffenheit. Doch dafür demonstriert fast niemand.
       
       Erst wenn sich in Nigeria das Gefühl „Ich bin Nigerianer“ einstellt, kann
       es auch zu einem Aufschrei im Land kommen, der die politische Klasse zum
       Handeln zwingt. Absehbar ist das im Moment nicht.
       
       15 Jan 2015
       
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 (DIR) Katrin Gänsler
       
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