# taz.de -- Meinungsfreiheit in Südkorea: Paranoide Verhältnisse
       
       > Beim Thema Nordkorea hört im südlichen Nachbarland die Meinungsfreiheit
       > auf. Da wird man sogar für unliebsame Debatten inhaftiert.
       
 (IMG) Bild: Wurde verhaftet, weil sie sich zu positiv über Nordkorea äußerte: die Aktivistin Hwang Sun.
       
       SEOUL taz | Das Vorgehen der Staatsmacht wirkte, als ob die 41-Jährige eine
       reale Bedrohung für die Republik Korea darstellen würde: Bereits im
       Dezember haben Dutzende Polizisten die Büro- und Wohnräume von Hwang Seon
       durchsucht, sie daraufhin tagelang verhört und nun, in dieser Woche, in
       Haft genommen. Ihr Vergehen: Sie organisierte eine Reihe von
       Diskussionsrunden, in denen das nordkoreanische Regime gelobt worden sein
       soll.
       
       In Südkorea kann das bis zu sieben Jahren Gefängnis nach sich ziehen. Ihre
       Mitdiskutantin, eine Amerikanerin koreanischer Abstammung namens Shin
       Eun-mi, wurde bereits am Samstag des Landes verwiesen und mit einem
       fünfjährigen Einreiseverbot belegt. „Ich fühle mich, als ob ich von
       jemanden verraten wurde, den ich geliebt habe – meiner Heimat Südkorea“,
       sagte Shin, bevor sie von Justizbeamten zum Flughafen gefahren wurde.
       
       Der Fall der beiden Nordkorea-Sympathisantinnen erzählt auch von den
       Grenzen der Meinungsfreiheit, die in Südkorea enger gesteckt sind als in
       westlichen Demokratien. Wer den nördlichen Bruderstaat preist“, fördert
       oder propagiert, macht sich laut dem Nationalen Sicherheitsgesetz von 1948
       strafbar. Ein Relikt des Kalten Krieges, in dem sich das damals
       vorherrschende Paradox manifestiert, die innere Ordnung vor die freien
       Meinungsäußerung stellen zu müssen, um eine liberale Demokratie
       gewährleisten zu können.
       
       Seit seiner Verabschiedung bis hin zum letzten autoritären Herrscher 1990
       wurden im Namen des Gesetzes rund 230 Menschen hingerichtet und weitere
       Tausende gefoltert. Unter ihnen befand sich auch der spätere Präsident Kim
       Dae-jung, der ursprünglich zum Tode verurteilt worden war. Auch heute noch
       wird das Nationale Sicherheitsgesetz laut Kritikern dazu missbraucht, um
       politische Oppositionelle zu unterdrücken. Zu diesem Schluss kam etwa ein
       Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2012, ebenso zuletzt das
       US-Außenministerium.
       
       ## Vergebliche Reformversuche
       
       Vor zwei Jahren musste ein damals 24-jähriger Fotograf eine Gefängnisstrafe
       absitzen, nur weil er eine Nachricht des offiziellen Twitter-Accounts von
       Nordkorea weitergeleitet hatte. „Lang lebe Kim Jong Un!“, lautete die
       Botschaft, und obwohl es sich laut Eigenaussage um ein ironisches Zitieren
       handelte, zeigten die südkoreanischen Behörden keinerlei Nachsicht. Die
       Willkür der Verurteilungen erinnert an die Paranoia der Kommunistenjagd
       unter US-Senator McCarthy während der 50er Jahre.
       
       Bislang scheiterten jedoch alle Reformversuche aufgrund des Widerstands
       konservativer Kräfte. Noch am Montag bekräftigte die amtierende Präsidentin
       Park Geun-hye in ihrer Neujahrspressekonferenz die Notwendigkeit des
       Gesetzes. Kritiker werfen Park Geun-hye vor, die autoritäre Tradition ihres
       Vaters fortzuführen. Dieser regierte das Land in einer Militärdiktatur bis
       zu seiner Ermordung 1979.
       
       ## Erstes Parteiverbot
       
       Jüngst im letzten Monat hatte die Präsidentin das erste Parteiverbot seit
       der Staatsgründung Südkoreas verhängt. Der Vereinigten Fortschrittspartei,
       einer linken Splittergruppe, wird vorgeworfen, einen Kommunismus nach
       nordkoreanischem Vorbild durchsetzen zu wollen. Dabei kann sich Park
       Geun-hye durchaus des Rückhalts innerhalb der Bevölkerung sicher sein: Über
       60 Prozent befürworten laut einer Umfrage der Tageszeitung Chosun Ilbo das
       Parteienverbot.
       
       Nicht selten schlägt die Paranoia gegenüber Nordkorea-Sympathisanten in
       Hass um. Das bekamen auch die Aktivisten Shin und Hwang zu spüren: Während
       einer Veranstaltung im Dezember warf ein 18-jähriger Oberschüler eine
       selbstgebastelte Bombe auf das Podium und verletzte zwei Menschen.
       
       15 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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