# taz.de -- Suhrkamp bleibt erhalten: Die Aktien stehen gut
       
       > Der berühmte deutsche Verlag wird nicht zerschlagen. Als AG will Suhrkamp
       > den Kampf gegen den Zeitgeist des Kapitalismus beleben.
       
 (IMG) Bild: Berühmtes Bunt: Bücher von Suhrkamp
       
       BERLIN taz | Suhrkamp bleibt am Leben. Die Insolvenz ist abgeschlossen, und
       der Verlag hat sich erfolgreich in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Am
       Mittwoch wurde bekannt, dass sich die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz aus
       der Verlagsleitung zurückzieht.
       
       In der Zeit erklärt sie, dass sie „nach 12 Jahren und 53 Tagen“ ihr Werk
       getan habe: „Die Krisen sind gemeistert, die Gefahr ist vorüber, die
       Nachfolge geregelt, das Versprechen, das ich Siegfried Unseld gegeben habe,
       erfüllt. Die Zeit ist da. Wären die letzten acht Jahre nicht gewesen, hätte
       ich schon fünf Jahre früher, mit dem Umzug nach Berlin, die Verlagsleitung
       an Jonathan Landgrebe übergeben. Die Situation aber hat das damals nicht
       zugelassen.“
       
       Der bisherige Geschäftsführer Jonathan Landgrebe wird also fürderhin den
       Traditionsverlag führen, ihm steht ein Team als erweiterte Geschäftsleitung
       zur Verfügung, das sich aus bewährten Kräften zusammensetzt. Der Schritt
       von Ulla Unseld-Berkéwicz wurde schon länger erwartet, da sie sich nach
       geltendem Recht entscheiden musste, ob sie in der Suhrkamp AG nun dem
       Vorstand oder dem Aufsichtsrat angehören werde.
       
       Der jetzige Gründungsaufsichtsrat, dem Gerhart Baum, Hans Magnus
       Enzensberger und Marie Warburg angehören, wird demnächst komplett durch
       einen neuen Aufsichtsrat abgelöst. In diesem wird neben Unseld-Berkéwicz
       auch die Wella-Erbin Sylvia Ströher sitzen, die gemeinsam mit ihrem Mann
       Ulrich den Suhrkamp Verlag bereits in der Insolvenzphase finanziell
       unterstützt hat und nun Aktionärin der frischgebackenen AG werden wird. Wer
       den dritten Platz im Aufsichtsrat besetzen wird, bleibt vorläufig noch das
       Geheimnis der Verlegerin. Man weiß in dem Verlag eben sehr genau, wie man
       immer wieder Schlagzeilen macht.
       
       ## Zu Intimfeinden geworden
       
       Somit aber ist der Verlag – in den Worten Unseld-Berkéwicz’ – endgültig
       „gerettet“. Der Mitbesitzer, die Medienholding Winterthur, die dem
       Hamburger Unternehmer Hans Barlach gehört, ist von nun an zu einem passiven
       Verhalten gezwungen. Eine ungewohnte Rolle.
       
       Barlach und Unseld-Berkéwicz sind in den letzten Jahren zu Intimfeinden
       geworden. Seit sie gemeinsam den dritten Besitzer, Joachim Unseld, den
       Stiefsohn Unseld-Berkéwicz’, aus dem Unternehmen gekauft hatten und
       Barlach, dem 39 Prozent des Verlags gehören, im Zuge dieses Geschäftes
       umfangreiche Mitspracherechte erlangen konnte, zankten sich beide
       Verlagsbesitzer immer wieder öffentlich und überzogen sich gegenseitig mit
       Klagen.
       
       Der Literaturbetrieb war dabei stets gespalten – einerseits wurde
       Unseld-Berkéwicz’ zum Teil recht herrischer Führungsstil verdammt. Ihr, die
       zuvor als Schauspielerin und besonders als Autorin des Verlages bekannt
       war, wurde nicht zugetraut, das Erbe ihres Gatten, des großen Verlegers
       Siegfried Unseld, antreten zu können. Üble, oft hanebüchene Gerüchte
       machten die Runde, und manch ein Feuilletonist konnte sich nicht entblöden
       und unterstellte Unseld-Berkéwicz sogar ein Bündnis mit „Hexen“.
       
       ## Keine wahrnehmbaren literarischen Interessen
       
       Auf der anderen Seite konnten sich viele aber auch nicht mit der Idee
       anfreunden, den Verlag, der noch immer als der Hort der deutschen Literatur
       gilt, einem kühl kalkulierenden Geschäftsmann anzuvertrauen, dem die
       Autoren öffentlich die Gefolgschaft verweigern und der selbst keine
       wahrnehmbaren literarischen Interessen hat. Dieser Kampf ist nun
       entschieden. Mit dem Einstieg der Ströhers vermindert sich zugleich der
       Anteil, den Barlachs Holding am Verlag hat. Nun wird diese über Vorgänge
       lediglich informiert und kann kaum noch etwas bestimmen.
       
       Für Ulla Unseld-Berkéwicz ist damit aber nicht nur Barlach besiegt, sie
       sieht es als ein Zeichen im Kampf des Geistes gegen den Kapitalismus. Der
       Zeit sagte sie: „Seit die Internationale der Abgefeimten sich eine
       konstruierte Welt und die totale Kontrolle über sie zum Ziel gesetzt hat,
       wird die geistige Auszehrung doch systematisch betrieben, die
       Kapitalisierung unserer Innenwelt, die organisierte Entmündigung.“
       
       Jetzt also kann es endlich ruhiger werden um den Verlag. Ulla
       Unseld-Berkéwicz tritt als Siegerin ab, sie übergibt einen stabilen und in
       den letzten Jahren auch modernisierten Verlag und kann wieder als Autorin
       wirken. Ob Jonathan Landgrebe es allerdings vermag, so wie Unseld-Berkéwicz
       immer wieder die ganz großen Themen für sich zu reklamieren, wird
       abzuwarten sein.
       
       21 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Sundermeier
       
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