# taz.de -- Linke Parlamentarierin über Pegida: „Keine Schnittmenge nach links“
       
       > Die Linksfraktion streitet über den Umgang mit Pegida & Co. Parteipromis
       > plädieren für einen Dialog. Dagegen regt sich Widerstand, auch von
       > Martina Renner.
       
 (IMG) Bild: Mehr Linkspromis gewünscht: Proteste gegen Legida-Demo in Leipzig
       
       taz: Frau Renner, die Linksfraktion ringt um den richtigen Umgang mit
       Pegida & Co. Führende Köpfe von Gregor Gysi bis Sahra Wagenknecht plädieren
       für einen Dialog mit Pegida-Anhängern. Warum sind Sie dagegen? 
       
       Martina Renner: Unsere Politik muss einer Normalisierung
       rechtspopulistischer, antidemokratischer Einstellungen entgegentreten. Wenn
       wir auf diese Klientel zugehen, machen wir sie nur noch stärker und
       legitimieren ihre Positionen. Genau das ist in Sachsen viel zu lange
       passiert. Dort konnte sich über zwei Jahrzehnte eine lebensweltliche
       Parallelkultur der extremen Rechten mitsamt parlamentarischer Repräsentanz
       entwickeln – mit Unterstützung der CDU. In keinem anderen Bundesland haben
       Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien so zur Normalisierung
       rechtspopulistischer wie neonazistischer Vorstellungen beigetragen wie in
       Sachsen. Für mich erklärt das übrigens am ehesten, warum die Mobilisierung
       für Pegida in Dresden so hoch ist.
       
       Ist Pegida also letztlich ein ostdeutsches Phänomen? 
       
       Darüber gibt es einige Missverständnisse, auch in meiner Partei. Die
       Einstellungsforschung zu rassistischen, nationalistischen und vor allem
       auch anti-muslimischen Positionen zeigt: die Werte sind in Ost- und
       Westdeutschland ähnlich hoch. Aber im Osten ist die Bereitschaft offenbar
       größer, diese Einstellungen auch in die Tat umzusetzen – bei
       Demonstrationen oder Wahlen.
       
       Wie wollen Sie auf Pegida reagieren? 
       
       Mit einer klaren Gegenposition. Wir müssen selbst alternative und
       attraktive Modelle entwickeln, wie wir auf die gesellschaftliche Krise
       reagieren. Einige in meiner Partei halten Pegida für anschlussfähig nach
       links. Das stimmt nicht. Pegida formuliert nicht einfach nur Systemkritik
       und Politikverdruss, sondern lebt von der Vorstellung eines homogenen,
       christlichen Abendlands. Die Stoßrichtung richtet sich gegen Flüchtlinge,
       Linke und alle, die gesellschaftliche Vielfalt leben.
       
       Damit hat die vermeintliche „Systemkritik“ von Pegida einen völkischen und
       autoritären Kern. Deshalb gibt es da keine Schnittstellen nach Links. Das
       heißt nicht, reale soziale Ängste zu ignorieren, das hat die Linke noch nie
       getan. Sie ist Interessenspartei der Abgehängten und Ausgegrenzten, sie ist
       Interessenspartei des Ostens, sie ist da verankert und ansprechbar. Ob dies
       so bleibt, entscheidet sich nicht daran, ob mit „Pegida-Anhängern“ geredet
       wird. Sondern das ist eine Frage glaubwürdiger Politik – auch in den
       Parlamenten.
       
       Aber Fraktionschef Gysi will ja ausdrücklich nur die harmlosen Pegida-Fans
       ansprechen ... 
       
       Es kann für uns doch grundsätzlich nicht darum gehen, bei dieser Bewegung
       Anschluss zu suchen. Ich würde lieber mehr prominente Vertreter meiner
       Partei bei den Gegenprotesten sehen. Wir haben auch eine Verantwortung für
       die zu Recht verunsicherten Menschen in Migranten-Communities. Vielerorts
       tun wir das ja auch schon sehr lange – wie beispielsweise in Berlin-Marzahn
       und Treptow. Genau für dieses Engagement werden führende Linke-Politiker
       seit langem bedroht, ihre Autos werden angezündet und die Büroscheiben
       regelmäßig eingeworfen. Die Antwort darauf muss doch sein: In der
       Solidarität mit den Angegriffen nicht nachzulassen. Nur so gewinnen wir
       Glaubwürdigkeit – auch bei anderen sozial ausgegrenzten Menschen, denen
       gleiche Teilhabe verwehrt wird.
       
       Welche Position ist in Ihrer Fraktion mehrheitsfähig: die Dialog-Linie von
       Gysi & Co oder Ihre Forderung nach Abgrenzung? 
       
       Das ist im Moment noch offen. Nächste Woche gibt es dazu in der Fraktion
       noch einmal ein Gespräch. Über unsere Analyse zur Pegida-Bewegung und ihren
       ideologischen Hintergrund müssen wir wohl noch mal streiten. Aber
       prinzipiell gilt: Die größte Herausforderung für die Linke ist nicht der
       Umgang mit Pegida und Co., sondern die Entwicklung eigner attraktiver
       Vorschläge zur Überwindung der sozialen wie politischen Krise in Europa.
       
       24 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Astrid Geisler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Die Linke
 (DIR) Schwerpunkt Pegida
 (DIR) Linksfraktion
 (DIR) Gregor Gysi
 (DIR) BSW
 (DIR) Martina Renner
 (DIR) Bundestag
 (DIR) Schwerpunkt Angela Merkel
 (DIR) Fremdenfeindlichkeit
 (DIR) Schwerpunkt Pegida
 (DIR) Streitfrage
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Asylsuchende
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Fraktionsvorsitz Die Linke: Sahra Wagenknecht macht's nicht
       
       Bei den Wahlen im Herbst will Wagenknecht nicht antreten – obwohl sie stets
       auf eine Doppelspitze gepocht hatte. Die Genossen rätseln.
       
 (DIR) Umgang mit Pegida-Anhängern: Abendland-Fans spalten die Parteien
       
       In der SPD sorgt Gabriels Alleingang zu den Pegida-Anhängern in Dresden für
       Streit. Die Union hingegen zofft sich lieber über Merkels Islam-Satz.
       
 (DIR) Vor Pegida-Demo am Sonntag: Steinmeier sieht Ruf beschädigt
       
       Als Außenminister ist Frank-Walter Steinmeier ständig im Ausland. Und wird
       dort auf Pegida angesprochen. Deshalb sei eine klare Haltung zu der
       Bewegung noch wichtiger.
       
 (DIR) SPD-Chef überraschend in Dresden: Gabriel diskutiert mit Pegida
       
       Soll man mit den Anhängern von Pegida reden oder nicht? Vize-Kanzler Sigmar
       Gabriel beantwortet die Frage für sich und kommt als „Privatmann“ zu einer
       Veransaltung.
       
 (DIR) Die Streitfrage: „Wir sind sehr selbstbezogen!“
       
       Ist das Abendland hysterisch? Auf jeden Fall nehmen wir uns zu wichtig,
       findet die Sozialpsychologin Andrea Abele-Brehm. Volker Beck widerspricht.
       
 (DIR) Erfolg von Pegida in Dresden: Die böse Vergangenheit
       
       Die Proteste gegen eine angebliche Islamisierung Europas sind in Sachsen
       besonders stark. Gibt es Erklärungen jenseits anti-ostdeutscher Pöbeleien?
       
 (DIR) Mordfall an Asylbewerber in Dresden: Täter wohl gefasst
       
       Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Haftbefehl gegen einen Mitbewohner von
       Khaled Idris Bahray erlassen. Er soll den Flüchtling aus Eritrea getötet
       haben.