# taz.de -- Debatte über Drogenpolitik: Genossen für freien Genuss
       
       > Bei einer Veranstaltung im Abgeordnetenhaus plädieren viele SPD-Politiker
       > für eine Entkriminalisierung von Cannabis und den staatlich
       > kontrollierten Verkauf.
       
 (IMG) Bild: Bald auch in Berlin? Angebot eines Coffeeshops in Maastricht.
       
       Wie eine Kifferversammlung sieht die Runde im Abgeordnetenhaus am
       Freitagmittag nicht aus. Sakkos allerorten, einige tragen Krawatten. Doch
       was die Teilnehmer dann zu sagen haben, ist gar nicht so weit weg vom alten
       „Recht auf Rausch“: Die bisherige Drogenpolitik in Bezug auf Cannabis sei
       gescheitert, lautet der Tenor. Das Betäubungsmittelgesetz müsse geändert,
       Gras und Hasch müssten staatlich kontrolliert verkauft werden.
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Thomas Isenberg, hat zur
       Diskussion ins Parlament geladen. Der Titel der Veranstaltung: „Neue Wege
       in der Drogenpolitik: Entkriminalisierung von Cannabis?“ Der Saal ist voll
       bis in die letzten Reihen. Vorn an den Mikrofonen sitzen neben anderen
       SPDlern auch Vertreter der Suchthilfe und aus den Bezirken.
       
       Isenberg, ein seriöser Scheitelträger, schlägt gleich zu Beginn liberale
       Töne an. Man müsse die gesellschaftliche Realität des Drogenkonsums
       anerkennen. Er wolle den Diskurs starten, um auch Regelungen auf
       Bundesebene zu beeinflussen. Isenberg sagt: „Mein Ziel ist es, auch meine
       Partei davon zu überzeugen, dass es zu einem kontrollierten System der
       Produktion und der Abgabe kommt.“
       
       Den drogenpolitischen Sprecher der SPD im Bundestag, Burkhart Blienert,
       weiß er auf seiner Seite. „Wenn wir Cannabis in der Illegalität belassen,
       akzeptieren wir den Schwarzmarkt“, sagt der. Nur mit Repression kriege man
       den Konsum nicht in den Griff, im Gegenteil: „Durch die Illegalität
       schaffen wir es nicht, an Konsumenten heranzukommen.“
       
       Dass die VertreterInnen der Suchthilfe eine Legalisierung von Cannabis
       ebenfalls befürworten, überrascht nicht. Doch selbst Christian Hanke,
       Genosse und Bezirksbürgermeister in Mitte, reiht sich bei den Verfechtern
       einer kontrollierten Abgabe ein. „Null-Toleranz-Zonen sind kein Weg“, sagt
       er in Bezug auf die Strategie des Innensenators Frank Henkel (CDU), der an
       bestimmten Orten auch den Besitz kleinster Mengen verfolgen will. Der
       Drogenhandel verlagere sich dadurch nur.
       
       Auch wenn die SPD geladen hat: Losgetreten wurde die Debatte von den Grünen
       in Friedrichshain-Kreuzberg. Angesichts der staatlichen Hilflosigkeit
       gegenüber Konflikten rund um den Görlitzer Park forderten sie einen
       Coffeeshop. Der Antrag dafür ist in Arbeit und wird voraussichtlich im
       Sommer beim zuständigen Bundesamt für Arzneimittel und Medizin gestellt.
       
       Doch auch die internationale Entwicklung dürfte dazu beitragen, dass die
       Forderung nach Legalisierung gesellschaftsfähiger wird. In mehreren
       US-Bundesstaaten kann man Cannabis bereits kaufen, Uruguay hat einen
       staatlich kontrollierten Anbau und Verkauf eingeführt.
       
       Bei den Grünen kommt die alte Forderung nach Legalisierung schnell
       ideologisch daher. Bei der SPD-Veranstaltung plädieren dagegen mehrere
       Teilnehmer für Sachlichkeit. „Die Drogenpolitik muss sich an Nutzen, Kosten
       und Nebenwirkungen messen lassen“, schlägt etwa Sebastian Sperling von der
       Friedrich-Ebert-Stiftung vor. Dabei sollten auch die derzeitigen Kosten für
       Polizei und Justiz bei der Strafverfolgung berücksichtigt werden. Würde man
       Cannabis legalisieren, fielen in Deutschland auf einen Schlag 3 Prozent der
       Kriminalität weg, sagt Sperling.
       
       So einig die Genossen und ihre Besucher am Freitag auch auftreten – mehr
       als Absichtserklärungen sind das nicht. Fraktionschef Raed Saleh hält sich
       denn auch alle Optionen offen: „Wir haben in der Fraktion noch kein
       abschließendes Ergebnis.“
       
       Wohl deshalb reagieren die Christdemokraten entspannt auf Isenbergs
       Offensive. Gottfried Ludewig, gesundheitspolitischer Sprecher, lobt die
       Veranstaltung gar. Er begrüße es, wenn über ein so wichtiges Thema
       diskutiert werde. Ludewig macht aber auch klar: „Eine völlige
       Liberalisierung von Cannabis wird es in dieser Koalition nicht geben.“
       
       30 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Antje Lang-Lendorff
       
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