# taz.de -- Krisengespräch zur Ukraine in Minsk: Stoisch für die Diplomatie
       
       > Geduld als Pflicht für Politiker: Angela Merkel setzt weiter auf eine
       > nicht-militärische Lösung in der Ukraine-Frage. In Minsk wird es um drei
       > Punkte gehen.
       
 (IMG) Bild: Aller Orten unterwegs: Angela Merkel, hier bei der Ankunft in Washington D.C. am vergangenen Wochenende.
       
       BERLIN/NEW YORK taz | Angela Merkel ist derzeit viel unterwegs. Am
       Donnerstag Kiew, am Freitag Moskau, am Samstag Münchner
       Sicherheitskonferenz, am Montag Washington. An diesem Mittwoch nun – wenn
       es denn klappt – der große Krisengipfel mit Wladimir Putin und Petro
       Poroschenko in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Die Kanzlerin setzt auf
       Reisediplomatie. Sie wirft ihr ganzes politisches Gewicht in die
       Waagschale, um gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande doch
       noch einen diplomatischen Ausweg aus der Ukraine-Krise zu finden – Ausgang
       völlig ungewiss.
       
       Der großen Gefahr des Scheiterns ist sich Merkel sehr bewusst. „Wir haben
       im Vorfeld nie eine Garantie, ob etwas funktioniert“, sagte sie bei ihrem
       Besuch bei Barack Obama am Montag in Washington. Aber wenn es nicht klappt,
       „versuchen wir es weiter“. Das sei „unsere Pflicht, dafür sind wir
       Politiker“, plädiert sie stoisch für die Diplomatie.
       
       Das ist eine Botschaft, die sich vor allem an die Falken im
       US-Polit-Establishment richtet. Sie halten Waffenlieferungen an die Ukraine
       für längst überfällig, wollen Russland damit in die Knie zwingen. Bislang
       hat Obama dem Drängen der Republikaner, die im Kongress die Mehrheit haben,
       und immer mehr prominenter Demokraten nicht nachgegeben. Er habe über
       mögliche Waffenlieferungen noch nicht entschieden, es lägen jedoch „alle
       Optionen auf dem Tisch“, sagte der US-Präsident bei seinem Treffen mit
       Merkel. Es war das erste Mal, dass auch er öffentlich über
       Waffenlieferungen an die Ukraine nachgedacht hat.
       
       Obama versicherte, den deutsch-französischen diplomatischen Versuch zu
       respektieren. Umgekehrt erklärte die Kanzlerin, dass sie – falls ihr
       Versuch scheitern sollte – bereit sei, über eine Erhöhung des Drucks auf
       Russland nachzudenken. Die gemeinsame Botschaft: Die transatlantische
       Allianz hält. So überhäufte Obama „Angela“ demonstrativ mit Glückwünschen
       und Komplimenten, nannte sie „enge Freundin und Partnerin“.
       
       Die Rufe in den USA nach Waffenlieferungen machen Merkels und Hollandes
       Mission jedoch noch schwieriger. Denn sie mindern die
       Kompromissbereitschaft des innenpolitisch stark unter Druck stehenden
       ukrainischen Präsidenten Poroschenko, der im Falle des Scheiterns der
       deutsch-französischen Initiative darauf hoffen kann, endlich jene
       militärische Ausrüstung für seine Truppen zu bekommen, die er schon lange
       fordert.
       
       ## Modifizierung eines Abkommens möglich?
       
       Noch ist nicht einmal sicher, ob das Treffen in Minsk wirklich zustande
       kommt. Hinter den Kulissen arbeiten Emissäre unter Hochdruck daran,
       überhaupt eine Verhandlungsgrundlage zu schaffen. Gleichzeitig berät seit
       Dienstag die trilaterale Kontaktgruppe aus Vertretern der OSZE, Russlands
       und der Ukraine sowie Vertreter der Separatisten über die Möglichkeiten
       einer Waffenruhe im Donbass.
       
       Merkels und Hollandes Ziel, so ist zu hören, sei letztlich eine „leichte“
       Modifizierung des Minsker Abkommens vom September 2014, die alle Seiten das
       Gesicht wahren lässt. Ob das möglich ist?
       
       Es geht um drei zentrale Punkte: Erstens wurde im Protokoll von Minsk eine
       Demarkationslinie festgelegt, die nach dem Vormarsch der Separatisten nicht
       mehr mit dem aktuellen Frontverlauf identisch ist. Während die Rebellen
       nicht zurückweichen wollen, lehnt Poroschenko Gebietszugeständnisse ab.
       Zweitens ist ungeklärt, wie die ausgehandelte Sicherheitszone im
       Grenzgebiet zwischen der Ukraine und Russland realisiert werden kann.
       Russland zeigt daran bislang kein Interesse, könnte es doch dann die
       Separatisten nicht mehr mit Waffen versorgen. Ohne eine effektive
       Grenzkontrolle ist ein Friedensabkommen aber aus ukrainischer Sicht
       sinnlos. Drittens ist die Frage umstritten, wie die vereinbarte weitgehende
       Autonomie für die Ostukraine genau aussehen soll und welches Territorium
       sie genau umfassen soll.
       
       Diese Streitfragen, der erwünschte Abzug schwerer Waffen und die Abhaltung
       freier Wahlen in der Ostukraine müssten so miteinander verknüpft werden,
       „dass es für alle Beteiligten – insbesondere für Kiew, für die Separatisten
       und für Moskau – politisch machbar ist“, sagte Merkels
       Vizeregierungssprecher Georg Streiter. „Aber wir wissen nicht, ob das gut
       gehen wird.“
       
       10 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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