# taz.de -- Homo-Magazin in Uganda: Die Regenbogenoffensive
       
       > Trotz Diskriminierung und Repression: Ugandas Aktivisten drucken
       > „Bombastic“ – das erste Schwulen- und Lesbenmagazin des Landes.
       
 (IMG) Bild: Uganda goes „Bombastic“
       
       Dieser Artikel ist zuerst am 25. Februar 2015 erschienen. Am Donnerstag, 1.
       Oktober 2015, hat Jacqueline Kasha Nabagesera [1][den Alternativen
       Nobelpreis gewonnen]. 
       
       KAMPALA taz | Es ist ein gewagtes Unterfangen, ausgerechnet in Uganda ein
       Schwulen- und Lesbenmagazin auf den Markt zu bringen. Das weiß die
       Herausgeberin Jacqueline Kasha Nabagesera. Dennoch tut sie es.
       
       „Wir wollen damit alle in der Gesellschaft ansprechen, die uns
       diskriminieren, uns verurteilen und uns beschimpfen“, sagt die 34-Jährige.
       Sie ist eine taffe Frau, eine Kämpferin.
       
       Kasha ist eine der letzten verbliebenen Aktivistinnen für sexuelle
       Minderheiten, die in Uganda noch um ihre Rechte kämpfen. Die meisten ihrer
       MitstreiterInnen haben sich in den vergangenen Jahren in die USA oder nach
       Europa abgesetzt, wo sie mehr Freiheit erfahren und akzeptiert werden.
       
       Das Magazin mit dem Titel Bombastic kommt in knallbunten Farben und Glitter
       daher. Auf 75 Seiten erzählen Kasha und ihre Mitstreiter ihre
       Lebensgeschichten. „Wir wollen Politiker, Glaubensvertreter und unsere
       Leute ansprechen, vor allem all diese Leute, die wir persönlich und direkt
       gar nicht erreichen können“, sagt Kasha. Damit will sie einen Gegenpol
       schaffen zu all den Vorurteilen, die über Lesben und Schwule in der
       Gesellschaft vorherrschen – auch in den Zeitungen.
       
       ## Zwangsouting
       
       Von den Medien Ugandas fühlt sie sich im Stich gelassen oder schikaniert.
       Einige Medien hetzen regelrecht gegen Homosexuelle. Die Klatschzeitung
       Rolling Stone veröffentlichte im Jahr 2010 eine Liste von 200
       Homosexuellen, mit Namen, freizügigen Fotos und Anschrift. Die Liste hat
       vielen Schwulen und Lesben das Leben zur Hölle gemacht.
       
       „Wir hoffen, unsere Geschichten mitteilen zu können, so dass sie uns besser
       verstehen, bevor sie mit Steinen nach uns schmeißen“, sagt die Aktivistin.
       Mit „sie“ meint sie auch Freunde, Eltern, Geschwister, Ärzte, Lehrer,
       Vorgesetzte, Vermieter und Nachbarn.
       
       Das kleine Land im Osten Afrikas ist bekannt für seine strikten Gesetze
       gegen Schwule und Lesben. Homosexualität ist in Ugandas Strafrecht seit der
       Kolonialzeit illegal. 2009 wurde darüber hinaus ein weltweit umstrittenes
       Gesetz im Parlament eingereicht, das die Strafen verschärft. Verfasst vom
       erzkonservativen Abgeordneten David Bahati, der den einflussreichen
       evangelikalen Kreisen nahesteht, sah es in der ersten Version sogar die
       Todesstrafe vor. Später wurde es abgeschwächt auf lebenslängliche
       Haftstrafen. Aber auch die „Werbung“ für Homosexualität soll laut diesem
       Gesetz unter Strafe stehen. Und genau hier wird es brenzlig.
       
       Denn selbst Sexualaufklärung für Jugendliche, die das Thema Homosexualität
       lediglich erklärt, kann hier als Werbung eingestuft werden. Und damit
       machen sich womöglich auch die Herausgeber von Bombastic strafbar, sollte
       ein solches Gesetz irgendwann in Kraft treten.
       
       ## Gegenkampagne
       
       Noch ist es nicht so weit: Im Dezember 2013 wurde das Gesetz zwar vom
       Parlament verabschiedet. Und mit Präsident Yoweri Musevenis Unterschrift
       trat es im Februar 2014 in Kraft. Doch nur für kurze Zeit. Im August wurde
       es von Ugandas Verfassungsgericht wieder gekippt. Der Grund: Im Parlament
       seien nicht genügend Abgeordnete anwesend gewesen, als darüber abgestimmt
       wurde, so die offizielle Begründung des Verfassungsrichters.
       
       Im Hintergrund hatte die US-Regierung unter Präsident Barack Obama Druck
       gemacht, das Gesetz zu stoppen. Die Evangelikalen und Konservativen in
       Uganda gingen auf die Barrikaden. Der Abgeordnete hat angekündigt, ein
       neues Gesetz zu schreiben. Doch bislang liegt es noch nicht im Parlament
       vor.
       
       Die Aktivisten nutzen die Gelegenheit für eine Gegenkampagne: 15.000
       Ausgaben haben sie von Bombastic gedruckt und kostenlos im ganzen Land
       verteilen – finanziert durch eine weltweite Crowdfunding-Kampagne. Jetzt
       sucht Kasha nach festen Geldgebern für die Zukunft, möglichst aus dem
       Ausland.
       
       Die Schwierigkeiten, mit denen die Macher zu kämpfen haben, sind trotzdem
       vielfältig. Kasha und ihre sieben Mitstreiter hatten zwar über Freunde eine
       Druckerei gefunden. Doch diese wollte mehr Geld haben als gewohnt, weil sie
       Angst hatte, dass sie mit dem Auftrag ihre Existenz riskiert. Nachbarn der
       Druckerei hätten die Aktivisten beleidigt, sobald sie dort auftauchten,
       berichtet Kasha.
       
       ## Medienrecht
       
       Auch der Vertrieb war nicht ohne. Über hundert Freiwillige sind durch das
       ganze Land getingelt, mit Bus und Motorrad oder gar mit dem Boot auf die
       Inseln im Victoriasee, um das Heft zu verteilen: „Die Leute sagen so viele
       gemeine Dinge, drohen uns, wollen uns schlagen“, klagt Kasha.
       
       Hat sie keine Furcht vor der Regierung? Sie winkt ab. „Wir erwarten nicht,
       dass die Regierung uns Probleme macht. Wir tun ja nichts Kriminelles,
       solange wir uns an die Gesetze und Regeln halten“, sagt sie. Doch tut sie
       das auch?
       
       Laut Ugandas Medienrecht benötigt jede journalistische Publikation eine
       Lizenz des Medienrats. Diese habe sie nicht beantragt, sagt sie. „Der
       Medienrat muss uns kein Okay geben“, winkt sie ab. „Wir sind Bürger unseres
       Landes, die wichtige Informationen der Gesellschaft mitteilen wollen, die
       von einigen sehr machthungrigen Individuen und Institutionen falsch
       informiert ist.“
       
       Eigenhändig hat sie Ausgaben von Bombastic im Parlament und in den
       Ministerien verteilt. Ethikminister Simon Lokodo fand das gar nicht lustig.
       Er warnt, Kasha könne verhaftet werden, weil das Magazin Homosexualität
       fördere – das sei verboten.
       
       26 Feb 2015
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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