# taz.de -- Vermögen der Bistümer: Billige Schätze
       
       > Das Erzbistum Köln hat einen Finanzbericht vorgelegt. Das ist lobenswert,
       > aber die Kirche müsste für echte Transparenz ehrlicher sein.
       
 (IMG) Bild: Der Dom ist die Kathedrale des Erzbistums Köln.
       
       Die Vermögen der Kirchen in Deutschland galten lange als gut gehütete
       Geheimnisse. Seit im Sommer 2014 das Geschehen im Bistum Limburg mit
       medialer Aufmerksamkeit bedacht wurde, sind einige katholische Bistümer in
       eine Art Transparenzoffensive gegangen. Sie legen, wie sie sagen, ihre
       Vermögen offen.
       
       Das Bistum Limburg veröffentlichte im Juli 2014 eine Bilanz. In der
       vergangenen Woche folgte das Erzbistum Köln mit dem „Finanzbericht 2013“.
       War man in Limburg noch bestrebt, verschiedene Vermögensbestände getrennt
       zu halten, die sich zusammen auf eine Milliarde Euro summiert hätten, hat
       das Erzbistum Köln nun eine Gesamtsumme für das eigene Vermögen genannt:
       3,4 Milliarden Euro. Aber ist das tatsächlich das Vermögen des Erzbistums
       Köln?
       
       Diese Zahl ist für den Rechtsträger, der sich „Erzbistum Köln“ nennt,
       korrekt. Allerdings ist die Körperschaft „Erzbistum Köln“ nur einer von
       mehreren Hundert kirchlichen Rechtsträgern im Erzbistum Köln. Zwar benennt
       der eigene Finanzbericht unter der Rubrik „Das Erzbistum in Zahlen“ 54
       Krankenhäuser, 148 Alten- und Pflegeheime, 671 Kindergärten, doch diese
       Rechtsträger sind nicht in das Zahlenwerk des Finanzberichts selbst
       eingeflossen.
       
       Ebenso wenig sind die Kirchengemeinden – 181 Seelsorgebereiche mit 530
       Pfarreien – mit ihrem Vermögen erfasst und dargestellt. Auch die
       katholischen Laienorganisationen Katholischer Frauenbund, Katholischer
       Männerbund, Bund Deutscher Katholischer Jugend, um nur einige zu nennen,
       die ebenfalls Vermögen, Tagungshäuser und weitere Immobilien besitzen,
       werden im Finanzbericht 2013 nicht genannt. Von der Caritas und
       Ordensgenossenschaften ganz zu schweigen.
       
       ## Nur teilweise Transparenz
       
       Der Finanzbericht 2013 erfasst neben dem Erzbistum Köln im engeren Sinn den
       Bischöflichen Stuhl, das Domkapitel, einige kleinere Stiftungen und das
       Priesterseminar. Die Veröffentlichung des Finanzberichts ist also ein
       erster, ungewöhnlicher Schritt des Rechtsträgers Erzbistum Köln, den es zu
       würdigen gilt. Allerdings gilt diese Transparenz eben nur einem Teil des
       Vermögens des Gesamterzbistums Köln. Wie groß dieser Teil ist, ließe sich
       nur schätzen.
       
       Was ist an dieser Veröffentlichung im Positiven wie im Fragwürdigen
       bemerkenswert? Das Erzbistum hat gut gewirtschaftet, erzielt es doch eine
       „Umsatzrendite“ – also einen Überschuss im Verhältnis zum Haushaltsvolumen
       – von über 7 Prozent. Das ist mehr, als die meisten mittelständischen
       Unternehmen in Deutschland verbuchen.
       
       ## „Vorsichtsprinzip“
       
       Allerdings beinhaltet der Überschuss nur die ausgeschütteten Erträge, nicht
       die einbehaltenen Gewinne von Beteiligungen. So hat beispielsweise die
       Aachener gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (ASW), an der
       der Bischöfliche Stuhl zu Köln mit 41,5 Prozent beteiligt ist, im Jahr 2010
       von 25 Millionen Euro Erträgen nur 3 Millionen Euro an die Gesellschafter
       ausgeschüttet. Das heißt: Von den 10,5 Millionen, die dem Bistum vom
       Jahresergebnis der ASW zustehen, verblieb der größte Teil als Rücklage bei
       der ASW, weswegen im Haushalt des Erzbistums nur 1,2 Millionen erscheinen.
       
       Solche Details lassen grundsätzliche Kritik am Finanzbericht 2013
       aufkommen: Das Erzbistum ist sichtlich stolz darauf, dass es laut
       Finanzdirektor Hermann Schon „ausnahmslos allen Anforderungen“ folge, die
       das „Handelsgesetzbuch an die Finanzberichterstattung von großen
       Kapitalgesellschaften stellt“.
       
       Das deutsche Handelsgesetzbuch orientiert sich mit seinen
       Bewertungsrichtlinien aber am „Vorsichtsprinzip“: Vermögen soll möglichst
       konservativ, Verpflichtungen sollen möglichst hoch geschätzt werden. Die
       Werte in den Bilanzen fallen deshalb erheblich geringer aus als die
       Marktwerte, die tatsächlich erzielt werden könnten.
       
       ## Spottet jeder Realität
       
       Zwei Beispiele mögen das verdeutlichen. Zum einen werden Immobilien
       jährlich mit demselben Prozentsatz „abgeschrieben“, also geringer bewertet.
       So kann eine Geschäftsimmobilie, die einen Marktwert von Millionen Euro
       hat, nach dreißig Jahren mit einem „Erinnerungswert“ von nur einem Euro in
       der Bilanz stehen.
       
       Zum anderen müssen Kapitalbeteiligungen nur mit dem Gesellschaftsanteil
       bilanziert werden. Für das Erzbistum heißt dies, dass für die bereits
       erwähnte Aachener gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft der
       Gesellschafteranteil von 15,4 Millionen Euro bilanziert wird. Die ASW hat
       jedoch einen Wohnungsbestand, der nach konservativen Berechnungen einen
       Marktwert von rund 2,6 Milliarden Euro hat.
       
       Gemäß seines Gesellschaftsanteils von 41,5 Prozent besitzt der
       Erzbischöfliche Stuhl also Wohnungen im Wert von 1,1 Milliarden Euro. Das
       ist rund das 70fache dessen, was in der Bilanz als Vermögen angegeben wird.
       Es handelt sich nicht um Peanuts, die bereits bei diesem Rechtsträger in
       der Bilanz „fehlen“. Sie ist zwar handelsrechtlich korrekt, spottet aber
       jeder Realität.
       
       Die Kunstgegenstände der Domschatzkammer wiederum sind nicht bewertet, da
       man sie „nicht verkaufen wolle“. Das ist ein sehr eigenwilliges
       Bewertungskriterium: So gesehen hätten die echten Perlenketten und
       Brillanten meiner Großmutter, die sie nicht zu verkaufen gedachte, auch
       keinen Wert gehabt.
       
       ## Weitere Ungereimtheiten
       
       Ebenso eigenwillig ist es, wenn das Erzbistum seine Pressemitteilung zum
       Finanzbericht mit „Vermögen ermöglicht Caritas“ überschreibt. Tatsächlich
       werden laut Finanzplan 2014 des Erzbistums Köln nur 4,8 Prozent der Erträge
       für die Caritas, also karitative Maßnahmen, aufgewendet.
       
       Von weiteren Ungereimtheiten einmal abgesehen, wie etwa dem Fehlen des
       Originaltestats der Wirtschaftsprüfer, hat das Erzbistum immerhin einen
       ersten Schritt zu mehr Transparenz getan. Allerdings ist es noch ein weiter
       Weg bis zur sachgerechten Vorlage einer Vermögensübersicht.
       
       1 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Carsten Frerk
       
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