# taz.de -- Mord an Boris Nemzow in Russland: Verdächtiger gesteht Tatbeteiligung
       
       > Fünf Personen sind im Mordfall Nemzow festgenommen worden. Einer von
       > ihnen hat die Beteiligung an der Tat eingeräumt.
       
 (IMG) Bild: Kerzen und Bilder erinnern an den getöteten Oppositionellen in Moskau.
       
       MOSKAU taz | Die russischen Ermittler sind bei der Aufklärung des Mordes an
       dem russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow offensichtlich ein Stück
       weiter gekommen. Bereits am Samstag teilte der Chef des russischen
       Inlandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow, mit, dass zwei Männer
       festgenommen worden seien, die im Verdacht stünden, „dieses Verbrechen
       verübt zu haben“.
       
       Boris Nemzow war vor neun Tagen auf offener Straße unmittelbar unter der
       Kremlmauer hinterrücks durch vier Schüsse niedergestreckt worden. Die
       Verdächtigen stammen aus Tschetschenien. Saur Dadajew gilt als Haupttäter.
       Russsischen Medien zufolge hat er die Tat beim Hafttermin am Sonntag
       bereits gestanden. Ansor Gubaschew wird als möglicher Komplize genannt.
       
       Am Sonntag wurden in Inguschetien, der Nachbarrepublik Tschetscheniens,
       zwei weitere Tatverdächtige in Gewahrsam genommen. Auch sie stammen
       angeblich aus Tschetschenien. Ein fünfter Tatverdächtiger soll sich bei der
       Festnahme in Grosny mit einer Granate in die Luft gesprengt haben. Eine
       offizielle Bestätigung liegt bislang nicht vor.
       
       Aufhorchen lässt, dass Saur Dadajew den Posten eines stellvertretenden
       Kommandeurs im Bataillon „Sever“ (Norden) in Tschetschenien bekleidet.
       „Sever“ zählt zu den Eliteeinheiten des russischen Innenministeriums und
       nimmt die Funktion einer schnellen Eingreiftruppe wahr.
       
       Die Gründung dieser Einheit und deren Integration in eine russische Brigade
       war 2006 dem tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow ein besonderes
       Anliegen. Seit Kremlchef Wladimir Putin ihn zum Statthalter in Grosny
       erhob, ist der tschetschenische Präsident darum bemüht, sich als
       ergebenster Diener des Kreml zu empfehlen. Das Bataillon ist in Grosny
       stationiert.
       
       ## Auf der falschen Spur?
       
       Ansor Gubaschew soll als Wachmann in einer Sicherheitsfirma beschäftigt und
       in einem Supermarkt im Moskauer Umland im Einsatz gewesen sein. Saur
       Dadajews Mutter, Aimani Dadajew, appellierte im russischen TV-Sender NTW an
       Zuschauer und Sicherheitsorgane, ihren Sohn nicht vorzuverurteilen. Er sei
       unschuldig. In den zurückliegenden zehn Jahren habe ihr Sohn in den
       Sicherheitsorganen gegen militante Wahhabiten und den Untergrund gekämpft.
       Die anderen Verdächtigen seien auch alle ihre Neffen.
       
       Der Kommersant berichtete überdies, dass Polizisten in Bereitschaft den
       Mord an jenem Freitagabend auf der Brücke gegenüber vom Kreml beobachtet
       haben sollen. Warum sie nicht eingriffen und nicht an den Tatort eilten,
       blieb unterdessen offen.
       
       Eine Version der Fahnder geht davon aus, dass es sich um eine kriminelle
       Gruppe auf „ethnischer“ Grundlage handelt, die auf Raubüberfälle
       spezialisiert sei und auf eigene Rechnung arbeite. Das Innenministerium
       möchte einen politischen Hintergrund möglichst ausschließen. Bei früheren
       Attentaten auf Politiker, Menschenrechtler oder Journalisten sind die
       Hintermänner nie ermittelt worden. Die Opposition zweifelt daher, ob es
       sich bei dieser Fährte um die richtige handelt: „Es ist schwer zu sagen, ob
       das die wirklichen Akteure sind oder ob die Fahndung einer falschen Spur
       folgt“, meinte Ilja Jaschin, ein politischer Wegbegleiter Nemzows.
       
       Nachdenklich stimmt auch, dass die Tschetschenen ausgerechnet Boris Nemzow
       als Opfer gewählt haben sollen. Als Gouverneur sammelte Nemzow mehr als
       eine Million Unterschriften gegen den Krieg in Tschetschenien in den 90er
       Jahren. Der damalige Präsident Boris Jelzin stoppte daraufhin das Gemetzel
       und gestand seinen Fehler ein.
       
       8 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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