# taz.de -- Tod eines Zeugen in der NSU-Affäre: Unkonkrete Hinweise, ominöser Anruf
       
       > Baden-Württembergs Untersuchungsausschuss befasst sich mit den Tod von
       > Florian H. Die Ermittler prüften seine Kontakte in die rechte Szene
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Das Auto, in dem Florian H. verbrannte. Die Ermittler hielten seinen Tod für einen Suizid.
       
       STUTTGART taz | Der Ermittlungsleiter im Fall Florian H. führt dem
       NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart Fotos vor: das Autowrack,
       ausgebrannt, von den Vordersitzen nicht viel mehr übrig als ein
       Drahtgestell. Einer seiner Kommissare hat damals gleich einen Zusammenhang
       zur Verbrennung der Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in
       ihrem Wohnmobil knapp zwei Jahre zuvor gezogen. Dann erfahren die Ermittler
       von Florian H.s Verbindungen in die rechte Szene. „Wir waren uns der
       Brisanz des Falls bewusst.“
       
       Der NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg ist der erste, der die
       Ermittlungen im Fall Florian H. untersucht. Gestern befragte das Gremium
       die Beamten vom Polizeipräsidium Stuttgart, die die Ermittlungen führten.
       Möglicherweise scheiterten tiefere Nachforschungen an der ablehnenden
       Haltung des Staatsanwalts, dafür Beschlüsse auszustellen. Die Polizei kam
       bereits am Tag der Tat zu dem Schluss, Florian H. habe sich selbst getötet.
       Die Familie geht davon aus, dass Florian H. ermordet wurde – womöglich von
       Tätern aus der rechten Szene.
       
       Der damals 21-jährige Florian H. verbrannte am Morgen des 16. September
       2013 in Bad-Cannstatt in seinem Auto. Am selben Tag sollte er von
       Mitarbeitern des Landeskriminalamts (LKA) befragt werden. Schon vor
       Auffliegen des NSU hatte er signalisiert, er wisse, wer die Polizistin
       Michèle Kiesewetter in Heilbronn umgebracht habe.
       
       Florian H. bewegte sich in der rechten Szene, wollte ab Ende 2011 nach
       Angaben seiner Eltern aber aussteigen und hatte Kontakt zum
       Aussteigerprogramm BigRex des Landeskriminalamts.
       
       ## „Sollen sie doch selber machen“
       
       Vor dem Untersuchungsausschuss erklären die Ermittler die Selbstmordthese:
       Es habe keine Hinweise auf Fremdverschulden gegeben. Der Ermittlungsleiter
       sagt, er wisse aus Erfahrung, dass man ein Benzingemisch nicht aus der Nähe
       anzünden könne, ohne dabei selbst zu verletzen oder getötet zu werden. Ein
       Fernzünder wurde nach Angaben der Polizei nicht gefunden.
       
       Die Ermittlungen waren nach Angaben des Ermittlungsleiters vom
       Polizeipräsidium Stuttgart aufgeteilt: Die thematischen Stränge des Falls,
       die in die rechte Szene und das NSU-Umfeld führten, hätte das LKA verfolgen
       müssen. Das LKA habe Interesse an einer Zimmerdurchsuchung bei Florian H.
       gehabt, „um zu schauen, ob man irgendwas Rechtes findet“, sagt der
       Sachbearbeiter der Stuttgarter Polizei.
       
       Er fühlte sich nicht zuständig: „Wenn die das interessiert, sollen sie es
       doch selber machen“, sagte er vor dem Ausschuss. Der grüne Obmann Jürgen
       Filius meint: „Das Problem ist, dass zu viel in Schubladen gedacht wird.“
       
       Auf Nachfragen des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Drexler (SPD) schieben
       die Polizisten die Verantwortung für fehlende Ermittlungen der
       Staatsanwaltschaft zu: Diese habe keine Rechtsgrundlage etwa für eine
       Durchsuchung des Zimmers von Florian H. gesehen – schließlich hätten
       Ermittlungsergebnisse der Polizei schon auf einen Selbstmord hingedeutet,
       so die Begründung.
       
       ## Vermutungen, keine Anhaltspunkte
       
       Der Staatsanwalt, der am späten Nachmittag befragt wurde, berief sich
       wiederrum darauf, dass ihm konkrete Hinweise auf andere Straftaten, wie
       etwa Nötigung oder Bedrohung von Florian H., gefehlt hätten. Und ohne diese
       Hinweise habe er kein weiteres Ermittlungsverfahren eröffnen können, das
       Untersuchungen im Umfeld von Florian H. ermöglicht hätte. Ulrich Goll (FDP)
       hielt dem Staatsanwalt vor, dass Florian H. gesagt haben soll, dass er
       seines Lebens nicht mehr froh würde, wenn er bei der Polizei auspacken
       würde. Außerdem habe es den ominösen Anruf am Vorabend des Todes gegeben,
       der Floian H. verstört habe.
       
       „Das sind Vermutungen, aber keine tatsächlichen Anhaltspunkte für
       Straftaten, denen ich nachgehen konnte“, sagt der Staatsanwalt. Die
       Parlamentarier reagierten mit Unverständnis: „Wie konkret muss ein Hinweis
       sein?“, fragt Drexler. „Wann drängen sich Ermittlungen dann eigentlich
       auf?“, fragt Goll und sagt: „Wenn damals nicht alle auf den Ohren gestanden
       hätten, wüssten wir heute, wer Florian H. an diesem Abend angerufen hat.“
       
       9 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Müssigmann
       
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