# taz.de -- Ermordete Fotografin Anja Niedringhaus: Täter entgeht der Todesstrafe
       
       > Fotografin Anja Niedringhaus wurde in Afghanistan erschossen, als sie
       > über die Wahl berichtete. Nun hat das Oberste Gericht den Täter zu 20
       > Jahren Haft verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Starb am 4. April 2014 in Afghanistan: Anja Niedringhaus
       
       KABUL ap | Fast ein Jahr nach dem Mord an der AP-Journalistin Anja
       Niedringhaus hat der Oberste Gerichtshof Afghanistans den Täter zu einer
       20-jährigen Haftstrafe verurteilt. Damit reduzierte das Gericht die
       endgültige Strafe für den ehemaligen Polizisten. Er war im Juli letzten
       Jahres von einem vorgeordnetem Gericht zum Tode verurteilt worden und
       nutzte die Möglichkeit, bis vor den Obersten Gerichtshof des Landes zu
       ziehen.
       
       Der ehemalige Polizist hatte die 48 Jahre alte, preisgekrönte
       Fotojournalistin am 4. April 2014 auf einem Polizeigelände in der Stadt
       Chost im Südwesten des Landes erschossen. Zudem verletzte er die
       AP-Reporterin Kathy Gannon schwer, die mit Niedringhaus über die Wahlen in
       Afghanistan berichtet hatte. Die Korrespondentin wurde von sechs Kugeln
       getroffen, die ihren linken Arm, die rechte Hand und ihr linkes
       Schulterblatt durchlöcherten. Sie erholt sich in ihrer Heimat Kanada von
       ihren Verletzungen.
       
       Die Hintergründe der tödlichen Schüsse sind bis heute unklar. Auch im
       Prozess äußerte sich der angeklagte Polizist nicht zu seinem Motiv, sagte
       jedoch einmal aus, dass er „keine normale Person“ sei. Vorwürfe der
       Richter, wonach er zu einem Extremisten-Ausbildungslager nach Pakistan
       gereist sei, stritt er ab. Er sei in dem Nachbarland nur einmal medizinisch
       behandelt worden, erklärte er.
       
       Zeugen und Ermittler gehen nicht davon aus, dass die Bluttat geplant war.
       Der Täter hatte ohne Vorwarnung mit einem Gewehr in das Auto der beiden
       Journalistinnen gefeuert und dabei „Allahu Akbar“ („Allah ist groß“)
       gerufen. Er ergab sich sofort.
       
       ## Maximale Freiheitsstrafe 20 Jahre
       
       Im ersten Prozess wurde der Angeklagte zudem zu vier Jahren Haft für die
       Verletzungen verurteilt, die er Gannon bei der Attacke zufügte. Ob diese
       Strafe in der bereits verhängten Haftzeit aufgehen soll, war zunächst
       unklar. Laut dem Anwalt Sahid Safi beträgt die maximale Freiheitsstrafe in
       Afghanistan 20 Jahre.
       
       Niedringhaus und Gannon arbeiteten seit langem für die internationale
       Nachrichtenagentur Associated Press, beide als erfahrene
       Kriegsberichterstatterinnen und auch oft im Team.
       
       Niedringhaus berichtete im Lauf von 20 Jahren unter anderem über die
       Konflikte auf dem Balkan, in Kuwait, Irak, Libyen, im Gaza-Streifen und dem
       Westjordanland. Seit dem US-geführten Einmarsch 2001 war sie viele Male in
       Afghanistan. Daneben war sie auch immer wieder als Sportfotografin im
       Einsatz. Zuletzt lebte die aus Höxter stammende Niedringhaus in Genf. Sie
       hat zwei Bücher publiziert. Mehrfach wurde Niedringhaus von Institutionen
       und Organisationen ausgezeichnet, ebenso ihre Kollegin Gannon.
       
       Nach dem Urteil gegen den afghanischen Polizisten meldete sich Gannon zu
       Wort. „Weder Anja noch ich halten etwas von der Todesstrafe“, sagte sie.
       „Ich weiß, dass ich für Anja spreche, wenn ich sage, dass ein verrückter
       Bewaffneter weder eine Nation noch ein Volk definiert. Über Afghanistan und
       Afghanen zu berichten, war für uns beide eine Freude und ich werde
       zurückkehren, sobald die Operationen und der Heilungsprozess vollendet
       sind“, erklärte Gannon. „Ich werde für uns beide zurückkehren.“
       
       29 Mar 2015
       
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