# taz.de -- Kolumne Anderes Temperament: Wäre Olympia so schlecht gewesen?
       
       > Überlässt man Berlin sich selbst, kommen eine Führerachse und eine
       > Stalinallee, ein Bierpinsel und ein Alexa raus.
       
 (IMG) Bild: Er wäre eine schöne Zielscheibe für die Gentrifizierungskritiker geworden: Sportsenator Henkel
       
       Friedrichshain kriegt eine „Lifestyle-Bowlingbahn“. Außerdem ein
       „Fontänenfeld“, ein „Premierenkino“ mit 2.500 Stühlen, „Büroräume“ mit
       20.000 Stühlen, 10 bis 15 „Cafés, Restaurants und Bars“ und: „ein
       Einkaufszentrum“.
       
       So sehen also die attraktiven Wohn- und Lebensformen aus, mit denen die
       Stadt ihr Spreeufer bewirbt. Das Gelände rund um die ab Juli
       Mercedes-Benz-Arena heißende O2-World wird zum „Entertainment District“.
       Man kalkuliert offenbar mit Busladungen von Castrop-Rauxelern,
       Wernigerodern oder Deggendorfern, die sich danach sehnen, in einem
       Fontänenfeld rumlaufen und dann herrlich bowlen zu können. Oder kennen Sie
       Friedrichshainer, die wissen, was Lifestyle-Bowling ist?
       
       Jahrelangen Streit um die Umbenennung der Straße von „O2-Platz“ in
       „Mercedes-Platz“ – wie beispielsweise bei der nach dem antisemitischen
       Historiker benannten Treitschkestraße – wird es wohl nicht geben. Aber
       vielleicht Proteste und Farbbeutel wie beim Bau der O2-World? Jetzt, wo die
       Olympia-Proteste wegfallen, gäbe es Kapazitäten.
       
       Sieht aber derzeit eher so aus, als sei bei den „Mediaspree
       versenken!“-Aktivisten die Puste raus. Kein Wunder, ist ja auch ermüdend,
       immer wieder gegen Arenen und Bowlingbahnen demonstrieren zu müssen und
       gegen O2ler oder Benzler, die die Stadt nach ihrem eigenen
       Fontänenfeldgusto zurichten.
       
       Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht gewesen, dieses Olympia.
       Gentrifizierungskritiker wären in der Pflicht gewesen, hätten weltweit
       Schlagzeilen machen können, und die Stadt hätte allein aus Imagegründen mit
       sich reden lassen müssen.
       
       ## Zufriedene Kritiker
       
       So aber ist der letzte Gentrifizierungskritiker zufrieden, weil Olympia
       nicht kommt, und guckt weiter jede Woche dem Abstiegskampf von St. Pauli in
       der Neuköllner Astra-Stube zu, während dort die Aufkleber gegen Olympia,
       Rassismus, Sexismus und Snobismus verstauben.
       
       Hätte es dieses Olympia gegeben, wäre außerdem vielleicht mal eine Fassade
       entstanden, die nicht mit Ladenhüterfarbe aus Rudis Resterampe angestrichen
       worden wäre. Vielleicht wäre auch ein Bahnhof und ein Flughafen zu Ende
       gebaut worden, in dem man keine Angst davor hätte haben müssen, dass der
       Beton von der Decke kommt. Vielleicht wären am Mercedes-Platz als
       Kompromiss sogar ein paar Wohnhäuser gebaut worden. So aber ist die Stadt
       wie der Gentrifizierungsgegner weiter sich selbst überlassen. Und überlässt
       man diese Stadt sich selbst, kommen eben eine Führerachse und eine
       Stalinallee, ein Bierpinsel und ein Alexa raus.
       
       Einen Tag bevor die Pläne fürs Spreeufer vorgestellt wurden, hatte die CDU
       beschlossen, dass die Landesbibliothek bleibt, wo sie ist: in der Amerika
       Gedenkbibliothek am Halleschen Tor. Man hätte denken können, diese Stadt
       kommt zur Vernunft.
       
       Stattdessen Fontänenfelder und die Zwangsräumung von Allmende, einem
       kleinen Kreuzberger Kulturzentrum. Als Symbol für die Berliner
       Provinzialität und Ideenlosigkeit eignet sich eine Lifestyle-Bowlingbahn
       eigentlich ganz hervorragend.
       
       30 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Doris Akrap
       
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