# taz.de -- Vietnams keimende Zivilgesellschaft: Protest gegen städtischen Kahlschlag
       
       > In Hanoi erreicht eine Facebookgruppe, dass 6.700 Stadtbäumen nicht
       > gefällt werden. Knapp ein Viertel des Gesamtbestandes wird so gerettet.
       
 (IMG) Bild: Junge Demonstranten am Sonntag im Stadtzentrum von Hanoi.
       
       BERLIN taz | In Vietnams Hauptstadt Hanoi haben am Sonntag Dutzende
       Menschen gegen die geplante Abholzung von 6.700 der 29.600 Stadtbäume
       protestiert. Laut einem Augenzeugen zogen 150 bis 200 Demonstranten mit
       Schildern, auf denen sie zum Schutz der Bäume aufriefen, durch die Straßen.
       Die Polizei ließ sie gewähren.
       
       Proteste sind in dem autoritären Einparteienstaat selten und aus Angst vor
       Repression traditionell klein. Zuletzt richteten sich Demonstrationen meist
       gegen chinesische Gebietsansprüche im südchineischen Meer, das auf
       vietnamesisch Ostmeer heisst. Im Mai 2014 gab es dabei gewalttätige
       Ausschreitungen mit Toten, bevor die im Umgang mit China uneinige Regierung
       durchgriff und die Proteste beendete.
       
       Am Sonntag nutzten die Demonstranten die Anwesenheit von 600
       Parlamentariern aus 113 Staaten in der Stadt. Die Abgeordneten nehmen an
       einer Tagung der Interparlamentarischen Union (Motto „Für Demokratie. Für
       jeden“) teil.
       
       ## 
       
       Hanoi wollte die internationalen Abgeordneten wohl nicht mit der Festnahme
       friedlicher Umweltschützer verschrecken. „Die Demonstranten nutzten das
       sehr geschickt“, meinte der Augenzeuge.
       
       Die Proteste begannen, als vor eineinhalb Wochen die ersten 500 Bäume
       abgeholzt wurden und die Behörden Fakten schuen. Viele der Bäume stammen
       noch aus der französischen Kolonialzeit. Sie sind die Klimaanlagen der
       einfachen Leute und tragen zu Hanois einzigartigem Flair bei.
       
       ## Eigene Facebookgruppe
       
       Die Stadt argumentiert, die Bäume seien krank und würden aus
       Sicherheitsgründen beseitigt. Sie würden später auch neu gepflanzt. Doch
       viele trauen dem nicht. Niemand glaubt, dass so viele Bäume krank seien, so
       der Augenzeuge. Auch kann die Stadt nicht sagen, wer für das wertvolle Holz
       kassiert.
       
       Eine [1][eigens eingerichtete Facebookgruppe „6.700 Menschen für 6.700
       Bäume“] erhielt in wenigen Tagen 61.000 Likes und mobilisierte die keimende
       Zivilgesellschaft.
       
       Vor einer Woche protestierten erstmals mehrere hundert Menschen, obwohl
       zwei Tage vorher der Vorsitzende des Hanoier Volkskomitees das Abholzen
       schon ausgesetzt hatte.
       
       Vietnams Regierung hat früher mehrfach versucht, Facebook zu blockieren.
       Dann ließ sie es gewähren. Im Januar forderte Regierungschef Ngyuen Tan
       Dung sogar die Behörden auf, selbst mehr über soziale Medien mit den
       Bürgern zu kommunizieren. Dabei hätte jetzt sicher schon Transparenz
       geholfen. Denn einsame Regierungsentscheidungen, die dann auch noch Hals
       über Kopf durchgesetzt werden, fördern das Misstrauen.
       
       Und weil Baumschutz erstmal als unpolitisch gilt, wagten jetzt mehr Bürger
       als sonst den Protest.
       
       31 Mar 2015
       
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