# taz.de -- Innensenator unter Druck: Ausländerbehörde: Hin und weg
       
       > Die illegale Abschiebung einer in Berlin geborenen Türkin sorgt im
       > Innenausschuss des Berliner Parlaments für Temperamentsausbrüche. Nur
       > Innensenator Frank Henkel (CDU) bleibt wortkarg.
       
 (IMG) Bild: Hält er sich den Mund zu - oder fasst er sich an die eigene Nase? Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU).
       
       Da hatte der Montagmorgen erst so schön angefangen: Im Innenausschuss des
       Abgeordnetenhauses lobten sich Koalition und Opposition gegenseitig für den
       konstruktiven Diskurs – solange es um Software und Ermittlungsmethoden der
       Polizei ging. Beim nächsten Tagesordnungspunkt kippte die Harmonie
       allerdings.
       
       Als es um die Abschiebung der in Berlin geborenen Türkin Banu O. und den
       ihre Abschiebung ermöglichenden Mediziner Rainer L. ging, flogen die
       Fetzen. Vor allem Ex-Pirat und Noch-Fraktionsmitglied Christopher Lauer
       legte einen temperamentvollen Auftritt hin, bei dem er dem
       CDU-Innenpolitiker Robin Juhncke empfahl, montags doch besser „einer
       Erwerbstätigkeit nachzugehen, als im Innenausschuss zu sitzen“ – und einen
       Untersuchungsausschuss gegen Innensenator Frank Henkel (CDU) vorschlug.
       
       Bei alldem ging es um einen eigentlich klaren Fall: Bei der 31-jährigen O.
       haben Polizei und Ausländerbehörde gemeinsam eine Abschiebung durchgeführt,
       die illegal war. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht bereits im Februar
       festgestellt: illegal, nicht weil keine Gründe für die Abschiebung
       vorlagen, sondern wegen der Art und Weise von deren Durchführung.
       
       ## Viele Fragen bleiben offen
       
       Dass der für beide Behörden zuständige Innensenator das Urteil knapp vier
       Wochen später mit den Worten akzeptiert, es sei in diesem Fall „nicht
       angemessen gehandelt“ worden, ist also eine Selbstverständlichkeit. Weniger
       selbstverständlich scheint für Henkel allerdings, die vielen Fragen zu
       beantworten, die der Fall bei der Opposition im Ausschuss aufgeworfen hat.
       
       Denn ermöglicht hatte die zwangsweise durchgeführte „Direktabschiebung“ der
       Türkin während eines Termins bei der Ausländerbehörde die Einschätzung des
       Mediziners L. Er hatte O. die Reisefähigkeit attestiert, die ihr ein
       fachärztliches Gutachten einer Psychiaterin zuvor abgesprochen hatte.
       
       Grund für das Urteil des Verwaltungsgerichts war nicht L.s ärztliche
       Stellungnahme, sondern, dass O. und ihr Anwalt zum Termin in der
       Ausländerbehörde mit der Zusicherung bestellt waren, es sei keine
       Abschiebung geplant – obwohl der Flug bereits gebucht war. Doch in seiner
       Urteilsbegründung verweist es auf einen Umstand, der die Opposition
       alarmiert: L., der Banu O. auf dem Flug nach Istanbul begleitete und mit
       Medikamenten ruhig stellte, sei „zur Überzeugung der Kammer ungeeignet
       gewesen, die Flugfähigkeit der Klägerin festzustellen“, heißt es da. Denn
       da L. zunächst als Sachverständiger die Flugfähigkeit bescheinige und dann
       als medizinische Begleitung während der Abschiebung ein weiteres Honorar
       kassiere, habe er „ein nicht unerhebliches, eigenes finanzielles Interesse“
       daran, dass abgeschoben werde.
       
       Er habe in etwa 50.000 Fällen Bescheinigungen für Polizei und
       Ausländerbehörde ausgestellt, hatte L. Gerichtsprotokollen zufolge dem
       Verwaltungsgericht gesagt.
       
       In wie vielen Fällen ging es dabei um Abschiebungen, wie oft war L. auch
       Abschiebebegleiter? Und: Ist die gesetzeswidrige Zusammenarbeit von Polizei
       und Ausländerbehörde im Fall O. ein Einzelfall? Diese Fragen richteten
       Pirat Fabio Reinhardt, der Linke Hakan Tas und die Grüne Canan Bayram an
       Innensenator Henkel.
       
       Der blieb wortkarg: Nur in 30 Fällen zwischen 2009 und 2014 habe L.
       Abschiebungen begleitet. Andere Fälle von „Direktabschiebungen“ wie bei O.
       seien ihm jedenfalls „nicht bekannt“. Die Fraktionen der Regierungsparteien
       sprangen Henkel bei: Als Hinweise der CDU-Abgeordneten Juhncke und Kurt
       Wansner [1][auf die kriminelle Vergangenheit] von Banu O. zu nichts weiter
       führten als dem Hinweis der Opposition, auch Kriminelle hätten Anrecht auf
       legale Verfahren, beendete ein Antrag des SPD-Innenpolitikers Frank
       Zimmermann kurzerhand die Sitzung. Es seien ja „alle Argumente
       ausgetauscht“. Ende der Debatte.
       
       20 Apr 2015
       
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