# taz.de -- Public Private Partnership und Medien: Gemeinsame Recherchen
       
       > Die Öffentlich-Rechtlichen kooperieren vermehrt mit privaten Verlagen.
       > Wer indirekt von Rundfunkgebühren profitieren darf, ist undurchsichtig.
       
 (IMG) Bild: Wer steckt hier mit wem unter der Decke?
       
       Zwölf Autoren für eine Geschichte? Solchen Luxus gibt es normalerweise nur
       beim Spiegel, wenn mal eine aufwändige Titelstory ansteht. Im Dezember
       hatte allerdings auch die Zeit für einen Artikel, der überschrieben war mit
       „Die Geschäfte des Kalifen“, ein Dutzend Schreiber im Einsatz. Das Thema
       des Textes: die Finanzierung des Islamischen Staats (IS).
       
       Dass an dieser „Spurensuche in sieben Ländern“ ein Großaufgebot mitwirken
       konnte, war möglich, weil man auf Mitarbeiter aus zwei verschiedenen Welten
       zurückgreifen konnte: Die Zeit kooperierte mit dem „Report“ des Bayerischen
       Rundfunks, der in seiner Sendung in der ARD ebenfalls über das Thema
       berichtete.
       
       Dass öffentlich-rechtliche Sender von den privatwirtschaftlich finanzierten
       Kompetenzen einer Zeitungsredaktion profitieren und umgekehrt Verlage auch
       indirekt von Leistungen, die die Allgemeinheit mit Rundfunkbeitragsgeldern
       finanziert – diese Konstellation ist mittlerweile gängig.
       
       Am bekanntesten ist die ständige Zusammenarbeit zwischen NDR, WDR und
       Süddeutscher Zeitung (SZ), deren Rechercheergebnisse sehr oft unter Nennung
       aller Beteiligten in der „Tagesschau“ Erwähnung finden. Gegen diese
       Kooperation hat kürzlich der Verband Privater Rundfunk und Telemedien
       (VPRT) eine Rechtsaufsichtsbeschwerde bei der Staatskanzlei
       Nordrhein-Westfalen eingelegt.
       
       ## Intransparente Subventionen
       
       Die Interessenvertreter der Privatsender prangern „intransparente,
       unzulässige Quersubventionierungen“ an, die gegen das Rundfunkrecht
       verstießen. Die Staatskanzlei hat eine Stellungnahme des WDR dazu
       vorliegen, aber wann die „Prüfung abgeschlossen sein wird, steht noch nicht
       fest“, sagte eine Sprecherin.
       
       Den VPRT ärgert natürlich, dass mit den Schmuddelkindern, die er vertritt,
       kein Verlag bei Rechercheprojekten kooperieren möchte. Die Zusammenarbeit
       verdient dennoch eine rechtliche Prüfung, weil sie unter recht unorthodoxen
       Rahmenbedingungen abläuft: Ex-Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo, Dirigent
       und Gesicht des NDR/WDR/SZ-Verbunds, etwa hat seinen Arbeitsplatz beim NDR,
       wird aber als freier Mitarbeiter separat von der SZ und den beiden Sendern
       bezahlt.
       
       Der NDR sagt, es gebe keine förmlichen Vereinbarungen zwischen den drei
       Beteiligten. Wenn man zusammenarbeite, handle es es sich um projektbezogene
       Kooperationen.
       
       ## Keine verbindlichen Regelungen
       
       Dass es für Kooperationen mit den Kollegen aus der Verlagswelt „keine
       Vereinbarungen oder festen Regelungen“ gebe, betont auch Stefan Meining,
       Redakteur von „Report München“. Er war für die große Story der Zeit mit
       deren Korrespondentin Andrea Böhm in Syrien unterwegs. Seine Redaktion sei
       nicht an einen Partner gebunden. Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit
       Kollegen anderer Häuser sei, dass es „kollegial und menschlich passt“.
       
       Beim Thema IS arbeitete das Politmagazin aus München bisher nicht nur mit
       der Zeit zusammen, sondern mehrmals mit der FAZ, die gern gegen den
       NDR/WDR/SZ-Verbund wettert.
       
       FAZ und „Report“ waren Anfang 2014 die Ersten, die über Islamisten
       berichteten, die aus Deutschland in den Krieg nach Syrien zogen. Der
       IS-Terror scheint zu Kooperationen zu motivieren. An einem Film für die
       Reihe „RBB Reporter („Dschihad in den Köpfen – Berlin und die
       Gotteskrieger“) zum Beispiel wirkte ein Redakteur der Berliner Morgenpost
       mit, der früher beim RBB war.
       
       ## Die Grenzen verschwimmen
       
       Und wie verhalten sich angesichts verschwimmender Grenzen die
       Recherchestars vom Spiegel? Sie machen hin und wieder gemeinsame Sache mit
       dem „Report“ des SWR. Im Februar recherchierte man zu von der EU
       finanzierten Flüchtlingsgefängnissen in der Ukraine, in der vergangenen
       Woche über „gequälte Kreaturen in Zoogeschäften“.
       
       Und auch das ZDF pflegt Partnerschaften. Seit einiger Zeit kooperiert
       „Frontal 21“ mit dem Handelsblatt bei Recherchen über betrügerische Ärzte
       in Bayern. Wenn nun jeder mit jedem kann, stellt sich aber die Frage, ob
       Verlage und Sender künftig in der Lage sein werden, einander kritisch zu
       beobachten.
       
       Und noch etwas ist wichtig. Man muss bei diesen Public Private Partnerships
       unterscheiden: zwischen gemeinsam produzierten Beiträgen und
       Konstellationen, in denen ein Partner dem anderen etwas zur Verfügung
       stellt, was er sowieso produziert.
       
       ## Ein kleiner Kreis entscheidet
       
       Letzteres ist der Fall bei einer neuen Vereinbarung zwischen dem RBB und
       der Berliner Morgenpost, die ihre Nutzer online mit Beiträgen der
       „Abendschau“ versorgt. 2010 gab es einen ähnlichen Deal zwischen RBB und
       Tagesspiegel. „Damals hatte noch niemand Erfahrungen mit einer solchen
       Kooperation – und auch kein Problembewusstsein“, sagt dessen Chefredakteur
       Lorenz Maroldt.
       
       Auch in solchen Fällen entscheidet letztlich ein kleiner Kreis von Leuten
       nach nicht immer nachvollziehbaren, oft persönlich motivierten Kriterien,
       welcher Verlag indirekt von Rundfunkgebühren profitieren darf. RBB-Sprecher
       Volker Schreck indes betont, man sei „für Kooperationen mit allen seriösen
       Verlagen“ offen. „Wir würden es auch mit der taz machen.“
       
       24 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Recherche
 (DIR) Public Private Partnership
 (DIR) Rundfunkbeitrag
 (DIR) Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
 (DIR) Haftbefehl
 (DIR) de-cix
 (DIR) Correctiv
 (DIR) Jörg Kachelmann
 (DIR) Finanzamt
 (DIR) Magazin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Öffentlich-rechtliche Rundfunkgebühren: Nicht gezahlt – Haftbefehl
       
       Eine Frau aus Brandenburg weigert sich, ihre Rundfunkbeiträge zu leisten.
       Deshalb droht ihr nun Gefängnis.
       
 (DIR) Netz-Knotenpunkt DE-CIX überwacht: Betreiber will BND verklagen
       
       Das Unternehmen DE-CIX wehrt sich gegen Überwachungspraktiken des
       Nachrichtendienstes. Seit Jahren fängt der BND Telefonate, Chats und
       E-Mails ab.
       
 (DIR) Klage gegen Auswärtiges Amt: Bei Schweigen Projektor
       
       Das Recherchebüro „Correctiv“ wirft dem Auswärtigen Amt vor, sein Wissen
       zum Abschuss der MH17 über der Ukraine zu verschweigen.
       
 (DIR) Tagung zur Verdachtsberichterstattung: Was tun mit den Betroffenen?
       
       Auf Einladung von „Netzwerk Recherche" wurde über die Tücken der
       Verdachtsberichterstattung diskutiert. Diese ist zunehmend Gegenstand von
       Prozessen.
       
 (DIR) Steuerfahndung nach HSBC-Leak: Ermittler treiben eine Milliarde ein
       
       Viele Kunden, die ihr Geld bei der Schweizer Bank versteckten, müssen
       nachzahlen. Behörden in 12 Ländern haben bereits über eine Milliarde Euro
       eingetrieben.
       
 (DIR) Führungswechsel beim „Spiegel“: Jetzt wieder ein Duo
       
       Nach dem Abgang von Wolfgang Büchner sollen es Klaus Brinkbäumer und
       Florian Harms besser machen. Ersterer für das Heft, Harms für „Spiegel
       Online“.