# taz.de -- Staatssekretär über Tschernobyl: „Innerhalb der nächsten 100 Jahre“
       
       > Der zerstörte Atomreaktor bleibt eine Gefahr. Aber die neue Schutzhülle
       > schafft Zeit für den Rückbau, sagt Umwelt-Staatssekretär Jochen
       > Flasbarth.
       
 (IMG) Bild: Arbeiten an der neuen Schutzhülle: 2014 drohte dem Projekt der Baustopp wegen Finanzierungsproblemen.
       
       Die Finanzierung des [1][Baus der neuen Schutzhülle um die Atomruine in
       Tschernobyl] scheint vorerst geklärt. Auf einer Geberkonferenz in London
       unter deutscher Leitung kamen am Mittwoch insgesamt 530 Millionen Euro
       zusammen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)
       übernimmt mit 350 Millionen Euro den größten Teil.
       
       Insgesamt 165 Millionen Euro steuern die EU-Kommission und die G7-Staaten
       bei. Zwar sei die Finanzierung dafür noch nicht abschließend gesichert,
       sagte Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth im Namen der G7. Er sei aber
       zuversichtlich, dass Länder wie China und Russland den [2][Rest der nötigen
       615 Millionen Euro] beisteuern würden.
       
       1986 führte eine Explosion im Reaktor von Tschernobyl zu einem verheerenden
       Atomunfall. Die Strahlung der Ruine bedroht trotz einer Betonhülle noch
       heute die Menschen in der Region. In den vergangenen Tagen drohte ein
       Waldbrand auf die nähere Umgebung des Reaktors überzugreifen. Er konnte
       aber unter Kontrolle gebracht werden.
       
       taz: Herr Flasbarth, die Ukraine ist mit den Spätfolgen des
       Tschernobyl-Unglücks überfordert. Ist das Problem erledigt, wenn das nun
       zugesagte Geld fließt? 
       
       Jochen Flasbarth: Fast jedes Land auf der Welt wäre allein mit den Folgen
       eines solchen schwerwiegenden nuklearen Unfalls überfordert. Deshalb haben
       ja auch 1997 die G7-Staaten der Ukraine ihre Unterstützung zugesagt, um den
       havarierten Kraftwerksblock in einen ökologisch sicheren Zustand zu
       überführen. Zu diesem Zweck ist ein sogenannter Tschernobyl-Shelter-Fonds
       eingerichtet worden, über den die G7-Staaten, aber auch die Europäische
       Kommission, die Ukraine selbst, Russland, die Schweiz, Kuwait und
       zahlreiche andere Staaten finanzielle Mittel bereitgestellt haben. Mit der
       Errichtung der neuen Schutzhülle schaffen wir nicht das Problem aus der
       Welt, aber wir bekommen damit Zeit, um innerhalb der nächsten hundert Jahre
       den Rückbau der Atomruine zu organisieren.
       
       Wie gut wird der Schutz der Ruine sein? 
       
       Die neue Hülle wird es erlauben, zunächst die Stabilisierungsarbeiten an
       der Ruine in einer geschützten Umgebung vorzunehmen. Das ist die
       Voraussetzung dafür, um ein Zerbrechen des alten Sarkophags zu verhindern.
       Letztendliche Sicherheit gibt es erst, wenn nach der Stabilisierung auch
       die technologischen Möglichkeiten entwickelt werden, den Rückbau zu
       realisieren.
       
       Wie schwer war es Russland trotz Krise mit der Ukraine ins Boot zu holen? 
       
       Russland gehört ja bereits zu den Geberländern für die Finanzierung des
       Tschernobyl-Shelters. Ich habe im März Gespräche mit dem stellvertretenden
       russischen Finanzminister geführt. Dabei ist mir signalisiert worden, dass
       man unabhängig von der derzeitigen Krise weiterhin bereit ist, einen
       Beitrag zur Fertigstellung der neuen Hülle zu leisten. Dies ist jetzt auch
       bei der Geber-Konferenz in London wiederholt worden. Ich rechne fest damit,
       dass wir von Russland bald auch eine konkrete Summe genannt bekommen, die
       die russische Regierung einbringen wird.
       
       30 Apr 2015
       
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