# taz.de -- Grünen-Politikerin über Bremen: „Böhrnsen hat große Verdienste“
       
       > Karoline Linnert macht sich trotz des Rücktritts von Jens Böhrnsen keine
       > Sorgen um die Fortsetzung der Koalition. Gespräch über Fehler und die
       > Wahlabstinenz.
       
 (IMG) Bild: „Wir haben ein klares Wahlversprechen gegeben, diese Koalition fortzusetzen.“ Karoline Linnert
       
       taz: Frau Linnert, kann’s nach dieser Klatsche ein Weiter-So geben? 
       
       Karoline Linnert: Ich bin der Meinung: Was man versprochen hat, muss man
       auch halten. Und wir haben ein ganz klares Wahlversprechen gegeben – das
       lautet: diese Koalition fortzusetzen. Daran fühle ich mich gebunden.
       
       Sie vielleicht – aber die SPD… ? 
       
       Ich denke nicht, dass sie sich auf etwas anderes einlässt.
       
       Auch nicht, nachdem sich mit Jens Böhrnsen die personifizierte
       Stabilitätsgarantie zurückgezogen hat? 
       
       Nein. Ich bedauere Jens Böhrnsens Entscheidung sehr. Mit ihm war jederzeit
       eine konstruktive, sachbezogene Zusammenarbeit möglich. Und er hat sich
       große Verdienste für Bremen, besonders in den Verhandlungen für den
       Länderfinanzausgleich erworben. Aber deswegen mache ich mir keine Sorgen um
       die Fortsetzung der Koalition: Wir haben, Stand heute, zusammen 44 Sitzen.
       Das ist eine Mehrheit – und es wäre unverantwortlich, wenn wir die nicht
       nutzen würden. Dafür sind wir gewählt worden. Und es wäre doch absurd, wenn
       wir jetzt die Politik derer betreiben, die uns nicht gewählt haben.
       
       … also lassen die herben Verluste und die schmerzhaft niedrige
       Wahlbeteiligung Sie am Kurs nicht zweifeln? 
       
       Es ist sicher kein Vergnügen, in einer Stadt Politik zu machen, deren
       Presse immer alles zu langweilig ist und die gerne bespaßt werden möchte –
       und vor der Wahl dann verkündet, alles sei schon gelaufen. Ich kann da nur
       sagen: Den Wettbewerb mit „Bauer sucht Frau“ kann seriöse Politik
       jedenfalls nicht gewinnen. Aber es ist von elementarer Bedeutung für den
       Fortbestand Bremens, den begonnenen Sanierungskurs weiterzuführen.
       
       Also muss man gar nicht lange nachdenken über diese Wahl? 
       
       Das habe ich nicht gesagt: Es wird eine schonungslose Analyse geben, das
       ist doch klar, hier bei uns Grünen – und ich bin mir sicher, das sieht bei
       der SPD genauso aus…
       
       … und am Ende liegt es an den Medien, die zu wenig über das Feintuning in
       der Verwaltung, die Neuordnung des Beschaffungswesens und andere Erfolge
       der Regierung berichten? 
       
       Nein, sicher nicht: Es ist allerdings – glaube ich – insgesamt ein Problem
       dieses Senats, dass wir, weil wir so viel gearbeitet haben, nicht
       ausreichend unsere Erfolge vermittelt haben. Klappern gehört aber auch zum
       Geschäft.
       
       Also das hätte zu zwölf Prozent Minus und dem Einbruch der Wahlbeteiligung
       geführt? 
       
       Es gibt eine Menge von Ursachen für dieses Ergebnis, wir haben auch eigene
       Fehler gemacht – und dieser gehört dazu. Ganz sicher aber nicht unser
       Bemühen, dem für Bremen überlebenswichtigen Sanierungskurs eine soziale
       Orientierung zu verleihen. Das scheint mit der CDU nicht möglich, dass sie
       es verspricht, kauft ihr keiner ab. Dafür, das zu machen, haben wir einen
       Wählerauftrag.
       
       Okay. Und welche Fehler meinen Sie? 
       
       Zum Beispiel den, Die Linke, aber vor allem auch die CDU mit ihren
       unerfüllbaren Forderungen so unbehelligt Raum einnehmen zu lassen.
       
       Welche Forderungen? 
       
       Na, das Wünsch-dir-was-Programm: 100 Lehrer, 100 Feuerwehrleute und 100
       PolizistInnen mehr – und nicht ein einziger dieser Vorschläge mit einer
       Finanzierungsidee.
       
       Dass Bremens personelle Decke dünn ist – und dadurch die soziale
       Ungleichheit wächst, ist aber keine falsche Beobachtung: Und das führt zu
       der gravierenden Wahlabstinenz. 
       
       Ja, das ist schrecklich, dass sich diese Spaltung auch darin ausdrückt. Sie
       ist aber eben auch nicht dadurch zu beheben, dass man sich aus der
       föderalen Gemeinschaft verabschiedet und sich isoliert, indem man Geld auf
       Kosten anderer verteilt.
       
       Hat denn Rot-Grün irgendwo die soziale Spaltung der Stadt überwunden? 
       
       Nein. Das ist nicht so schnell möglich: Ich glaube nicht, dass irgendjemand
       diese lang gewachsene Diskrepanz binnen acht Jahren so weit eindämmen kann,
       dass es deutlich merkbare Effekte hätte. Die Spaltung der Stadt in wenigen
       Jahren zu überwinden – das zu versprechen wäre vermessen. Was wir
       versprechen können, ist, dass wir uns gegen sie stemmen, mit allem, was wir
       haben und vermögen.
       
       11 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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