# taz.de -- „Charlie Hebdo“-Chefredakteur Charb: „Je suis kurde“
       
       > Zur Belagerung Kobanes erklärte Stéphane Charbonnier: „Ich bin Kurde“.
       > Noch ein Beleg, dass die Pegidas dieser Welt nicht Charlie sind.
       
 (IMG) Bild: Transparent auf dem Trauermarsch am Sonntag: „Die Barbarei, die in Paris gemordet hat, mordet auch in Kobane.“
       
       Es ist eine Frage, wer sich heute zu Charlie erklärt. Eine ganz andere
       lautet, wozu sich Charlie selber erklärt hat. Nun, im Oktober 2014 lautete
       die Antwort des ermordeten Chefredakteurs Stéphane Charbonnier (Charb):
       [1][„Aujourd’hui, je suis kurde“ – „Heute bin ich Kurde“.] Denn die Kurden
       würden, so schrieb er in der der Kommunistischen Partei Frankreichs nahe
       stehenden Tageszeitung L’Humanité, „uns alle verteidigen, nicht gegen einen
       phantasierten Islam, den die Terroristen der ISIS nicht vertreten, sondern
       gegen das barbarischste Gangstertum“.
       
       Ungefähr in derselben Zeit liegen dem eigenen Bekunden zufolge die Anfänge
       von Pegida: Kämpfer des Islamischen Staates kesseln Anfang Oktober die
       syrisch-kurdische Grenzstadt Kobane ein, Kämpfer der PYD und der PKK
       leisten erbitterten Widerstand, in der Türkei wie in ganz Europa
       [2][demonstrieren Kurden und Jesiden gegen die Dschihadisten], in Hamburg
       greifen [3][Salafisten einen kurdischen Verein an], dessen Mitglieder sich
       zur Wehr setzen. Und, so jedenfalls die Legende, in Dresden wird ein
       ehemaliger Einbrecher namens Lutz Bachmann auf das Thema aufmerksam.
       
       Diese Geschichte wurde schon öfter erzählt, aber nirgendwo [4][so schön wie
       auf stern.de]: „Als dann am 10. Oktober auf der Prager Straße in Dresden
       Kurden gemeinsam mit Antifaschisten gegen den Krieg in Syrien und für
       Waffenhilfe demonstrierten, versammelte Lutz Bachmann später seine Freunde
       beim Griechen und überlegte, was man tun könne, ‚Islamisten und zunehmender
       Ausländergewalt‘ gegenüberzutreten.“
       
       Was „der Grieche“ von dieser Versammlung hielt, ist nicht überliefert, aber
       die kurdische PKK schaffte es so auf das trashige, inzwischen aber berühmte
       Pegida-Logo, auf dem ein Hakenkreuz [5][(Nazi will man will ja nicht
       sein)], die Fahne des Islamischen Staates, das Emblem der Antifa und eben
       die Fahne der PKK symbolisch in einen Mülleimer geworfen werden.
       [6][//www.tagesschau.de/inland/pegida-213.html:„Vereint gegen
       Glaubenskriege auf deutschem Boden“,] steht daneben.
       
       Noch einmal: Stéphane Charbonnier war der Auffassung, die kurdischen
       Kämpfer seien „das einzige Bollwerk gegen den Vormarsch des ‚Islamischen
       Staates‘“ und würden nicht nur für sich kämpfen, sondern stellvertretend
       für die gesamte Menschheit; die Dresdener Hinterwälder wollen „keine
       Glaubenskriege auf deutschem Boden“.
       
       Damit sind zwei Fragen auf einmal beantwortet: Ob es Pegida wirklich um den
       Dschihadismus oder um ganz andere Dinge geht. Und ob Pegida eine
       politisch-moralische Berechtigung hat, #JeSuisCharlie für sich zu
       reklamieren.
       
       Am Freitag, zwei Tage nach dem Angriff auf Charlie Hebdo und zwei Tage vor
       dem großen Trauermarsch, demonstrierten einige tausend Kurden in Paris, um
       an einen anderes in Paris verübtes Verbrechen zu erinnern: die Ermordung
       der PKK-Mitgründerin Sakine Cansız sowie ihrer Gefärtinnen Fidan Doğan und
       Leyla Şaylemez. [7][Die drei waren am 9. Januar 2013 erschossen worden.] 
       
       Der dreifache Mord ist bislang nicht aufgeklärt. Während die türkische
       Regierung von einer internen Abrechnung innerhalb der PKK spricht,
       beschuldigt diese Kräfte innerhalb des türkischen Staates, diese Tat verübt
       zu haben, um die damals gerade begonnene und weiterhin sehr fragile
       Aussöhnung zwischen der PKK und der Türkei zu sabotieren.
       
       Auf der Demonstration am Sonntag trugen Teilnehmer ein großes Transparent
       mit der Aufschrift: „Die Barbarei, die in Paris gemordet hat, mordet auch
       in Kobane.“ Stéphane Charbonnier hätte nicht widersprochen.
       
       13 Jan 2015
       
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 (DIR) Deniz Yücel
       
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