# taz.de -- Nach Stichwahl in Polen: Alle für den Verlierer
       
       > Die EU reagiert verhalten auf den Sieg des nationalkonservativen Andrzej
       > Duda bei der Stichwahl in Polen. Manche gratulieren dem Konkurrenten.
       
 (IMG) Bild: Er hat's nicht geschafft und findet trotzdem bei der EU Gehör: Rafal Trzaskowski am Wahltag
       
       Brüssel taz | Wendet sich Polen weiter von der EU ab – oder zeichnet sich
       ein europapolitischer Kurswechsel ab? Dies war die bange Frage, die viele
       Europapolitiker an die polnische Präsidentschaftswahl gestellt haben. Eine
       klare Antwort wollte oder konnte am Montag in Brüssel noch niemand geben –
       dafür war das Wahlergebnis zu knapp.
       
       Die EU-Kommission, die sonst jede Wahl kommentiert und dem Sieger
       gratuliert, wollte sich zunächst gar nicht äußern. Auch das Europaparlament
       zögerte lange, ehe sich die ersten Abgeordneten aus der Deckung wagten –
       und dem Verlierer Rafał Trzaskowski gratulierten.
       
       „Wir sind sehr stolz auf Deine Wahlkampagne“, twitterte der CSU-Politiker
       und Chef der größten EU-Parlamentsfraktion, Manfred Weber. „Wo Deine Gegner
       mit Haß spalten, machst Du Hoffnung“, schrieb er in Anspielung auf die
       aggressive Kampagne des Wahlgewinners Andrzej Duda. „Du hast Polen und
       Europa gezeigt, dass eine andere Zukunft möglich ist.“
       
       Einen Blick nach vor wagt auch die grüne Europaabgeordnete Terry Reintke.
       Das Wahlergebnis sei zwar eine Enttäuschung, sagte sie. „Ein Grund zur
       Hoffnung“ sei aber das Verhalten der jungen Wählerinnen und Wähler, die mit
       großer Mehrheit für ein europäisches Polen abgestimmt hätten. Für die
       regierende PiS-Partei sei das ein klarer Auftrag: „Sie muss umsteuern, denn
       ihren bisherigen Kurs trägt mindestens die Hälfte der Bevölkerung nicht
       weiter mit.“
       
       ## Hoffnung auf „fantasievollen Widerstand“
       
       Ähnlich kommentierte die SPD-Abgeordnete Katarina Barley. „Die unter
       50-Jährigen stimmen für den Wechsel, ebenso der komplette Westen des
       Landes“, so die Vizepräsidentin des Europaparlaments auf Twitter. „Keine
       Propaganda, keine Tricksereien haben sie davon abhalten können.“
       
       In Brüssel hofft man nun, dass der Wahlsieger Duda auf die EU zugeht. Für
       Ärger hat zuletzt vor allem die umstrittene Justizreform gesorgt. Zudem
       wird Polen für das geplante neue EU-Budget und den Wiederaufbaufonds
       gebraucht. Das Budget soll eine Rechtsstaatsklausel enthalten – unklar ist,
       ob die PiS-Regierung ihre Zustimmung gibt.
       
       „Die Präsidentenwahl hat gezeigt, wie gespalten die polnische Gesellschaft
       ist“, kommentierte die SPDlerin und Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan
       gegenüber der taz. Sie kritisierte den „Abbau der Gewaltenteilung und die
       Gleichschaltung der öffentlichen Medien“ durch die Regierungspartei, hoffe
       aber auf „fantasievollen Widerstand“.
       
       Das glaubt auch der Bürgerrechtler und Publizist Wolfgang Templin. Dudas
       Wahlerfolg gebe der „Opposition die Chance, sich zu konsolidieren, den
       weiteren Durchmarsch der PIS und noch weiter rechtsstehender Kräfte
       aufzuhalten“, sagte er der taz.
       
       13 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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