# taz.de -- Trauerfeier für Charlie Kirk: „Ich hasse meine Gegner“
       
       > Der US-Präsident bezeichnet den ultrarechten Aktivisten Kirk bei dessen
       > Beerdigung als Helden und predigt seinen Hass. Kirks Witwe beeindruckt
       > mit versöhnlichen Worten.
       
 (IMG) Bild: Der US-Präsident und Erika Kirk, die Witwe des ermordeten ultrarechten Aktivisten und Trump-Freundes, im Stadion von Glendale
       
       Washington DC taz | Ein Mix aus Gottesdienst und Wahlkampfevent lockte am
       Sonntag Zehntausende Menschen in ein Footballstadion in Glendale, Arizona.
       Zur Trauerfeier um den ermordeten [1][ultrarechten Aktivisten Charlie Kirk]
       wurde gesungen und gebetet, geflucht und geweint. US-Präsident Donald
       Trump, der Kirk zu einem seiner engen Vertrauten und Freunde zählte,
       erklärte Kirk zum „Märtyrer für die amerikanische Freiheit“ und zum „Held“.
       „Ich weiß, dass ich heute für alle hier spreche, wenn ich sage, dass keiner
       von uns Charlie jemals vergessen wird. Und die Geschichte wird es auch
       nicht“, sagte der 79-jährige Republikaner während seiner Ansprache.
       
       In typischer Trump-Manier drehte sich seine Rede jedoch nicht nur um Kirk
       und dessen Leben, sondern in erster Linie um ihn selbst. Trump nutzte die
       große Bühne, um gegen seine Rivalen auszuteilen. Unter anderem behauptete
       er mal wieder fälschlicherweise, dass die Präsidentschaftswahl im Jahr
       2020, in der er sich Joe Biden geschlagen geben musste, manipuliert worden
       sei. Er machte sich über den krebskranken Ex-Präsidenten lustig und warb
       für seine eigene auf Zöllen basierende Wirtschaftspolitik.
       
       Trump scheute auch nicht davor zurück, die politische Polarisierung im Land
       weiter voranzutreiben: „Er (Charlie) hasste seine Gegner nicht, er wollte
       das Beste für sie. […] Da bin ich anderer Meinung als Charlie. Ich hasse
       meine Gegner und will nicht das Beste für sie.“ Nur wenige Stunden zuvor
       hatte er Justizministerin Pam Bondi dazu aufgefordert, gegen seine
       politischen Gegner zu ermitteln.
       
       Für den emotionalsten Moment des Abends sorgte Kirks Witwe Erika. Die
       Mutter von zwei Kindern sprach unter Tränen über die Ereignisse des 10.
       September, den Tag des Attentates. Sie sprach über ihre Gefühle, als sie
       nach dem Attentat den Körper ihres getöteten Mannes im Krankenhaus
       aufsuchte, und über ihren starken Glauben und die überwältigende
       Unterstützung, die ihr geholfen hätten, mit dem Geschehenen umzugehen.
       Anders als Trump gab sie sich dem Mörder ihres Mannes gegenüber
       versöhnlich: „Mein Mann Charlie wollte junge Männer retten, genau wie den,
       der ihm das Leben nahm. […] Ich vergebe ihm“, sagte sie. [2][Erika] ist es
       auch, die die Leitung der ultrakonservativen Jugendorganisation Turning
       Point USA übernehmen soll, die Kirk im Alter von 18 Jahren ins Leben
       gerufen hatte.
       
       ## Die barmherzige Witwe
       
       Die Organisation verzeichnet nach dem Tod ihres Gründers einen starken
       Zulauf. Kein Wunder, denn die gesamte rechte Szene inklusive Trumps
       MAGA-Bewegung hat den Tod des rechten Aktivisten für die eigene Propaganda
       ausgeschlachtet. Sei es die Absetzung der Talkshow von Jimmy Kimmel wegen
       dessen Kommentar zum Attentat oder Trumps Ankündigung, alle
       linksgerichteten Antifa-Gruppen als terroristische Organisationen
       einzustufen.
       
       Die Trauerfeier am Sonntag folgte ebenfalls diesem Schema. Es war eine
       Inszenierung, die Kirk als einen religiösen Märtyrer feierte, der sein
       Leben im Namen Gottes ließ, um Amerika vor dem Bösen zu retten. Die
       Ansprachen der Regierungsmitglieder deuteten an, dass sie die aktuelle
       Welle der Bestürzung ausnützen wollen, um gegen ihre mutmaßlichen
       politischen Gegner vorzugehen.
       
       Wie groß die Rolle von Erika Kirk dabei sein wird, bleibt abzuwarten. Mit
       ihrer Rede machte sie jedoch deutlich, dass sie gewillt ist, die Ideen
       ihres Mannes nach dessen Vorbild weiter zu propagieren. Ein Ziel von
       Turning Point ist es, die nächste Generation von Männern in den USA so zu
       beeinflussen, dass diese christliche Werte und Familie über alles stellen.
       Und zumindest aktuell ist Trump derjenige, der genau diese jungen Männer
       anspricht.
       
       Die Trauerfeier dauerte insgesamt mehr als fünf Stunden. Bereits am frühen
       Morgen, noch vor der Eröffnung der Veranstaltung, mussten Menschen wieder
       nach Hause geschickt werden, da die maximale Kapazität des Stadions
       erreicht worden war, erklärte die lokale Polizeibehörde. Eine fast zwei
       Kilometer lange Schlange bildete sich um das Stadion. Die Organisatoren
       hatten sich gewünscht, dass die Menschen ihren Patriotismus zeigen und sich
       in den Farben der US-Flagge – rot, weiß und blau – kleiden, um Kirk zu
       ehren. Die meisten sind dieser Aufforderung nachgekommen. Auch die
       obligatorischen MAGA-Kappen durften natürlich nicht fehlen.
       
       ## Auch Reiche im Himmelreich
       
       Unter den Trauergästen befanden sich auch viele republikanische
       Politiker:innen und [3][Influencer:innen aus dem rechten Lager]
       in der Menge. Viele Redner erklärten, die Ermordung Kirks vor weniger als
       zwei Wochen hätte zu einem Erwachen innerhalb der rechten Szene geführt. Es
       gehe nun darum, Kirks Kampf gegen das Böse fortzuführen. „Sie wissen nicht,
       welchen Drachen sie geweckt haben. Sie wissen nicht, wie entschlossen wir
       sein werden, diese Zivilisation zu retten, den Westen zu retten, diese
       Republik zu retten“, sagte der Vize-Stabschef des Weißen Hauses, Stephen
       Miller, ohne zu identifizieren, wer mit „sie“ gemeint ist.
       
       Trump und seine Anhänger machen die „radikale Linke“ für Kirks Tod und die
       zunehmende politische Gewalt im Land verantwortlich. Untersuchungen zum
       Motiv des 22-jährigen Tatverdächtigen Tyler Robinson dauern an. Ihm droht
       die Todesstrafe.
       
       Zugegen waren auch die Techmilliardäre Marc Zuckerberg, Jeff Bezos und
       Elon Musk. Dieser wurde von Videokameras im Gespräch mit dem eigentlich
       verfeindeten Trump eingefangen. Ob es der Beginn einer wiederauflebenden
       Freundschaft ist, blieb offen.
       
       22 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rolle-der-Computerspiele-im-Fall-Kirk/!6114235
 (DIR) [2] /Nach-dem-Attentat-auf-Charlie-Kirk/!6114519
 (DIR) [3] /Politik-auf-Social-Media/!6111258
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hansjürgen Mai
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
 (DIR) USA
 (DIR) Charlie Kirk
 (DIR) Influencer
 (DIR) Joe Biden
 (DIR) GNS
 (DIR) Reden wir darüber
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
 (DIR) Charlie Kirk
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Schwerpunkt USA unter Trump
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ehemaliger FBI-Chef Comey angeklagt: Trump befiehlt, die Justiz folgt
       
       Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den ehemaligen Chef des
       US-Geheimdienstes. Der US-Präsident hatte erst vor wenigen Tagen die
       Verfolgung seiner Gegner gefordert.
       
 (DIR) Trauerfeier für Charlie Kirk: Propaganda und Kitschpomp
       
       Die MAGA-Szene inszeniert die Trauerfeier für Charlie Kirk wie ein Event
       eines evangelikalen Gottesstaates. Der Umbau der US-Demokratie geht weiter.
       
 (DIR) Politische Entgleisung der USA: Eine Zerstörungsattacke auf das demokratische System
       
       Die Meinungsfreiheit wird von der Trump-Regierung dezimiert, immer mehr
       linke, kritische Stimmen zensiert. Auch in Deutschland müssen wir die
       Warnsignale erkennen.
       
 (DIR) Politik auf Social Media: Die Supermacht der Influencer
       
       Der erschossene Podcaster Charlie Kirk war einer der engsten
       Trump-Vertrauten. Doch nicht nur in den USA gewinnen Social-Media-Stars an
       politischem Einfluss.
       
 (DIR) Nach dem Attentat auf Charlie Kirk: Erika Kirk übernimmt Führung von „Turning Point“
       
       Künftig wird Kirks Witwe der ultrarechten studentischen Organisation
       vorstehen. Zu Kirks Beerdigung am Sonntag werden Trump und Vance erwartet.