# taz.de -- Schweiz vor Abkommen mit den USA: Pole Position im Zollpoker
       
       > Mit Megainvestitionen buhlt die Schweiz um die Gunst von Donald Trump.
       > Ein US-Deal mit der Eidgenossenschaft könnte die Beziehungen zur EU
       > gefährden.
       
 (IMG) Bild: Völlig losgelöst: Während die EU mit den USA streitet, sieht die Schweiz wirtschaftliche Chancen
       
       Berlin taz | Wenn sich zwei streiten, freut sich die Dritte – in diesem
       Fall die Schweiz: Am vergangenen Wochenende vermittelte sie in Genf im
       Handelsstreit [1][zwischen den USA und China] und nutzte dabei die
       Gelegenheit, eigene Gespräche mit den Amerikanern in der Zollfrage
       voranzutreiben. Nun möchten beide Seiten, dass es schnell geht.
       
       „Großbritannien und die Schweiz haben sich am Anfang der Schlange für ein
       Handelsabkommen eingereiht, während die EU viel langsamer war“, sagte
       US-Finanzminister Scott Bessent in Genf. Großbritannien war das erste Land
       aus einer Gruppe von rund 15 Staaten, das sich bereits mit der US-Regierung
       auf ein [2][Abkommen einigen konnte]. Bis spätestens Sonntag, so Bessent,
       soll nun auch die Schweiz eine Absichtserklärung unterzeichnen. Sie würde
       die Grundlage für abschließende Verhandlungen bilden.
       
       Am Mittwoch reagierte entsprechend die Schweizer Regierung, der Bundesrat.
       Er beauftragte das Finanz- sowie das Wirtschaftsdepartement damit, die
       Gespräche mit den USA weiterzuführen. Die Verhandler:innen sollen einen
       „baldigen Abschluss einer unverbindlichen Absichtserklärung anstreben“,
       sagte ein Sprecher des Wirtschaftsdepartements der taz.
       
       Beide Parteien wollten eine Beschleunigung der Gespräche, sagte
       Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter am Freitag in Tirana sagte. Die von
       den USA erlassenen 31 Prozent Importzölle auf Güter aus der
       Eidgenossenschaft seien derart hoch, dass sie Arbeitsplätze in der Schweiz
       gefährden. „Deshalb müssen wir schnell eine Lösung finden“, so
       Keller-Sutter. Möglicherweise soll es am Sonntag in Rom am Rande der
       offiziellen Amtseinsetzung von Papst Leo XIV Gespräche mit Vertretern der
       USA geben.
       
       ## Schmeichel-Strategie birgt auch Risiken
       
       Anders als die EU, die auf Trumps Entscheid [3][unter anderem mit
       Gegenzöllen] drohte, hatte die Schweizer Regierung zurückhaltend auf den
       Zollhammer des „Liberation Day“ von US-Präsident Donald Trump reagiert. Und
       sogar mit Schmeicheleien. Die [4][Skandal-Rede des US-Vizepräsidents JD
       Vance] beim Münchner Sicherheitsforum lobte Keller-Sutter als
       „schweizerisch“.
       
       Doch nicht nur freundliche Worte verschafften der Schweiz eine Pole
       Position im Zollpoker. Sie ist der sechstgrößte Investor in den USA. „Das
       ist bemerkenswert für eine Volkswirtschaft mit nur neun Millionen
       Menschen“, sagte dazu US-Finanzminister Bessent. Laut Medienberichten
       arbeitet das Departement Wirtschaft, Bildung und Forschung derzeit an einem
       Paket in Höhe von [5][150 Milliarden] Franken, die Schweizer Firmen in den
       USA investieren sollen.
       
       Für Politökonomin Stefanie Walter von der Universität Zürich ist das
       strategisch klug – auch, weil Teile dieser Investitionen ohnehin geplant
       waren: „Nun werden sie bewusst ins Schaufenster gestellt“, so Walter. Der
       Pharmakonzern Novartis kündigte beispielsweise Anfang April an, in den
       kommenden fünf Jahren 23 Milliarden Franken in den USA zu investieren.
       
       Doch die Strategie birgt auch Risiken. So wäre bei einem Deal nach dem
       Vorbild Großbritanniens möglich, dass die USA von der Schweiz eine Senkung
       der Landwirtschaftszölle fordert. Dann wäre jedoch Widerstand des mächtigen
       Bauernverbands sicher. Zudem könnte eine Einigung mit den USA das
       Verhältnis mit der EU, der wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz,
       strapazieren. Denn Brüssel zeigt sich deutlich konfrontativer gegenüber
       Washington: Die EU droht mit Strafzöllen auf US-Waren. Der Schweizer Weg
       sei ein „Drahtseilakt“, so Walter.
       
       Fabian Molina, Nationalrat der Sozialdemokratischen Partei und Experte für
       Europapolitik, sieht diese Strategie kritischer: „Wenn die Schweiz so
       weitermacht, ist nicht ausgeschlossen, dass sie von allfälligen
       EU-Gegenmaßnahmen auch betroffen sein wird.“ Für ihn ist der aktuelle Kurs
       nicht nur falsch, sondern naiv: Die Schweiz falle auf Trumps Strategie
       herein, so Molina – und erinnert an Trumps Aussage: „They’re kissing my
       ass.“
       
       16 May 2025
       
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