# taz.de -- Russische Brennelemente in Deutschland: Mit Rosatom droht Spionage
       
       > Ein Gutachten warnt vor der Produktion russischer Brennelemente in der
       > Lingener Fabrik. Behörden müssen Genehmigungen verweigern, fordern
       > Kritiker.
       
 (IMG) Bild: Keine Geschäfte mit Rosatom: Atomkraftgegner im Januar 2022
       
       Göttingen taz | Der russische Atomkonzern Rosatom wird wohl nicht in Lingen
       einsteigen: Die zuständigen Behörden in Niedersachsen und im Bund müssen
       die Genehmigung zum Ausbau der atomaren Brennelemente-Fabrik in der
       emsländischen Stadt nach [1][Ansicht der Hamburger Rechtsanwältin Michéle
       John] versagen. Bei einem Einstieg Russlands und der beantragten
       Lizenzproduktion russischer Brennelemente drohten „Spionage, Sabotage und
       Desinformation“, sagte die auf Verwaltungs- und Atomrecht spezialisierte
       Juristin am Montag. Die innere und äußere Sicherheit Deutschlands würden
       dadurch bedroht.
       
       Die Lingener Fabrik gehört Advanced Nuclear Fuels (ANF), einer Tochter des
       französischen Atomkonzerns Framatome. Sie ist, ebenso wie die
       Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, vom deutschen Atomausstieg
       ausgeklammert. [2][Framatome will dort in Lizenz und unter Mitwirkung des
       russischen Staatsunternehmens Rosatom] künftig auch Brennelemente für
       Reaktoren russischer Bauart produzieren.
       
       Framatome hat dazu mit der Rosatom-Tochter TVEL ein Joint Venture in
       Frankreich gegründet. Die seit [3][Anfang Januar vom niedersächsischen
       Umweltministerium ausgelegten Antragsunterlagen] für den Ausbau
       verschweigen nach Angaben von Kritikern allerdings die brisante Rolle des
       russischen Unternehmens bei dem Vorhaben. Deswegen, so Anwältin John, könne
       die Genehmigung schon aus formalen Gründen untersagt werden.
       
       ## Manipulation von Brennelementen nicht auszuschließen
       
       Rosatom werde in den Unterlagen „explizit nicht erwähnt“. Die vage Rede sei
       da nur vom „russischen Lizenzinhaber“ oder „russischem Lizenzgeber“. John
       zeigte anhand verschiedener Szenarien auf, wie Rosatom durch den Einstieg
       in Lingen Gelegenheiten zu Spionage und Sabotage bekommen kann. Das dem
       Kreml unterstellte und durch die Besetzung des AKW Saporischschja am Krieg
       gegen die Ukraine beteiligte Staatsunternehmen würde eigenes Personal nach
       Lingen schicken. Nicht auszuschließen seien dann etwa Manipulationen an
       Brennelementen.
       
       Gefährdet sei so nicht nur die Anlage in Lingen selbst, sondern alle AKWs,
       die mit Brennstoff aus der Fabrik beliefert werden. „Die geplante
       Lizenzproduktion wird zu einer unmittelbaren sicherheitsrelevanten
       Einflussnahme des russischen Staatskonzerns auf eine deutsche Atomanlage
       führen – mit potenziellen Folgen für ganz Europa“, betonte John.
       
       Der geplante Einstieg von Rosatom in die Brennelementefertigung in Lingen
       verschaffe dem Kreml die Gelegenheit, das Wissen und die Werkzeuge,
       Atomanlagen in ganz Europa anzugreifen, ergänzte [4][Julian Bothe von der
       Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“]: Der russische Präsident Wladimir
       Putin betone immer wieder, dass er sich im Krieg mit dem gesamten Westen
       sehe, man müsse daher „damit rechnen, dass Putin die Möglichkeiten, die ihm
       der Einstieg von Rosatom in Lingen verschafft, irgendwann auch nutzt“.
       
       26 Feb 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.ausgestrahlt.de/media/filer_public/1b/2a/1b2a5b5e-3bc5-4bb7-9d0f-1375cac829b8/john_20240226_bewertung_ausbau_lingen.pdf
 (DIR) [2] /Beteiligung-an-Brennelementefabrik/!5983156
 (DIR) [3] /Brennelementefabrik-ohne-Russen/!5983201
 (DIR) [4] https://www.ausgestrahlt.de/presse/uebersicht/sicherheit-deutschlands-bei-einstieg-russlands-in/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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