# taz.de -- Repression in Russland: Korruptionsbekämpfung ist illegal
       
       > In Russland wird die Organisation FBK verboten. Auch der Oppositionelle
       > Nawalny gehört ihr an. Doch die Mitglieder wollen ihre Arbeit fortsetzen.
       
 (IMG) Bild: Protestaktion für Nawalny im russischen Ulan Ude: Unterstützer werden zunehmend kriminalisiert
       
       MOSKAU taz | Der Kreml lässt nicht locker. Am Sonntag verfügte die
       russische Staatsanwaltschaft, alle Aktivitäten der regionalen Büros des
       Oppositionellen Alexei Nawalny und des „Fonds zur Korruptionsbekämpfung“
       (FBK) einzustellen.
       
       Der Leiter des FBK, Iwan Schdanow, wertete den Schritt als Zeichen von
       „Angst vor euren Aktivitäten und Demonstrationen“. Nicht zuletzt versuche
       der Kreml, auch die Taktik zu untergraben, durch „kluges Abstimmen“ bei den
       Duma-Wahlen im September den Erfolg der Kremlpartei deutlich zu schmälern.
       
       Parallel dazu läuft das Verfahren, die Organisationen als „extremistisch“
       einzustufen. Sie seien damit befasst, „die soziale und sozialpolitische
       Situation unter dem Deckmantel liberaler Slogans zu destabilisieren,“ heißt
       es in der Anklage. Auch werden den Organisationen Versuche unterstellt,
       „Minderjährige in gesetzeswidrige Handlungen zu verwickeln“.
       
       Angeblich handelten sie „im Auftrag verschiedener ausländischer Zentren,
       die destruktive Handlungen gegen Russland ausführen“. Ziel sei ein Sturz
       des Kremlchefs Wladimir Putin.
       
       ## Das Video über Putins Palast
       
       Es besteht kein Zweifel, dass die Justiz dem Wunsch der Auftraggeber
       nachkommen und Organisationen das Label „extremistisch“ aufdrücken wird.
       Mitarbeiter müssten sich auf Haftzeiten zwischen sechs und zehn Jahren
       gefasst machen.
       
       Leonid Wolkow, ein Vertrauter Nawalnys, vermutet überdies, dass die Büros
       versiegelt und Konten eingefroren werden. Die Offline-Arbeit würde damit
       unmöglich gemacht. Dennoch arbeite man „fieberhaft“ an der Reorganisation
       der Strukturen. Im Fonds arbeiten Juristen, Videoproduzenten und
       Journalisten.
       
       Wolkow, Schdanow und Maria Pewtschich sind die Köpfe der Bewegung. Sie
       halten sich bereits im Ausland auf, sind aber fest überzeugt, Enthüllungen
       über Korruption im Umfeld der Macht fortsetzen und weiterhin im Internet
       veröffentlichen zu können.
       
       Das letzte spektakuläre Video über einen Palast am Schwarzen Meer, der
       Wladimir Putin zugeschrieben wurde, erreichte binnen Kurzem mehr als
       hundert Millionen Zuschauer. Das Video brachte den Kreml in Bedrängnis. Es
       zeigt, dass die Regierung einen vertrauten Oligarchen finden musste, der
       sich zur Entlastung des Kremlchefs als Eigentümer der Immobilie ausgab. Das
       sind Filetstücke und Kleinode der Recherche.
       
       ## Unterstützern drohen bis zu 6 Jahre Haft
       
       Mit steigenden Zuschauerzahlen wächst indes nicht unbedingt die Zustimmung
       für Alexei Nawalny. Viele Bürger Russlands sind mit ihrem materiellen Los
       unzufrieden. Dennoch nehmen sie den Luxus der Eilte als naturgegeben hin.
       Sie sind zwar neidisch, verdammen die Raffgier jedoch nicht durchweg. Auch
       sie könnten mal in den Vorzug gelangen, ergaben Untersuchungen eines
       russischen Umfrageinstituts.
       
       Die Extremismus-Einstufung hätte für den Fonds auch finanzielle Folgen.
       Jede Überweisung hätte strafrechtliche Konsequenzen, unabhängig von der
       Summe. Wer den Fonds FBK unterstützt, dem drohen inzwischen bis zu sechs
       Jahre Haft.
       
       Wer es wagt, aus politischen Motiven auf die Straße zu gehen, muss damit
       rechnen, als Krimineller gebrandmarkt zu werden. Sergej Gurijew, Emigrant
       und Professor an der Science Po in Paris, hält die Situation bereits für
       einen „bürgerkriegsähnlichen Zustand“. Er entwarf für Nawalny das
       Wirtschaftsprogramm. Er setzt auf den Erfindungsgeist der
       Antikorruptionskämpfer.
       
       26 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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