# taz.de -- Proteste in Belarus: Hupkonzerte und Drohgebärden
       
       > In Belarus gehen die Proteste nach den Wahlfälschungen weiter. Es gibt
       > Menschenketten, Lukaschenko warnt vor russischer Einmischung.
       
 (IMG) Bild: Musik während der Menschenkette: In Minsk gehen die Proteste gegen Lukaschenko weiter
       
       Kiew taz | Auch am Wochenende wurden [1][die Aktionen in Belarus] gegen
       Wahlfälschungen, Polizeigewalt und für Neuwahlen fortgesetzt. Mehrere
       tausend Menschen bildeten am Freitagabend in der Hauptstadt eine 13
       Kilometer lange Menschenkette. Diese zog sich fast durch ganz Minsk und
       nahm ihren Ausgang symbolträchtig am Kurapaty-Wald [2][am Stadtrand].
       
       In diesem Wald waren zwischen 1937 und 1941 mehrere zehntausend Menschen
       vom sowjetischen Geheimdienst NKWD hingerichtet worden. Die Kette endete
       vor der Haftanstalt Okrestina. Hier waren in den vergangenen Tagen hunderte
       von Demonstranten unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten und
       vielfach auch misshandelt worden.
       
       ## Anhänger von Lukaschenko ebenfalls auf den Straßen
       
       Am späten Abend hielten Massen von Autos in mehreren Quartieren der
       Hauptstadt auf belebten Straßen an, die Menschen hinterm Steuer schalteten
       die Warnblinklichter an und hupten.
       
       Nach Berichten des belarussischen Internetportal telegraf.by ist dem
       festgenommenen Gewerkschafter bei Belaruskali, einem der größten
       Kaliproduzenten der Welt, Dmitrij Kudelewitsch die Flucht aus dem Minsker
       KGB-Gebäude gelungen.
       
       Doch nicht nur die Gegner von [3][Alexander Lukaschenko] waren am
       Wochenende auf der Straße. In der Stadt Grodno, unweit der Grenze zu Polen
       und Litauen, demonstrierten einige hundert Anhänger von Lukaschenko mit
       Transparenten wie: „Stoppt die ausländische Intervention“, „Arbeitet
       Brüder“. Präsident Lukaschenko war eigens nach Grodno gereist, um zu den
       Demonstranten zu sprechen. 60 Prozent der Fotos, auf denen Oppositionelle
       mit blauen Flecken abgebildet seien, seien Fakes, erklärte der Staatschef
       ihnen gegenüber. Gleichzeitig rief er die Bürger von Belarus dazu auf, den
       Polizisten auch dann zu verzeihen, wenn diese Fehler gemacht hätten.
       
       Desweiteren behauptete Lukaschenko, so die russische Tageszeitung
       Kommersant, dass Kräfte in Vilnius und Warschau hinter den jüngsten
       „Unruhen“ stehen. An diese vermeintlichen Drahtzieher gewandt, appellierte
       Lukaschenko: „Ich warne euch. Das ist nicht nur unsere Grenze. Das ist die
       Grenze des Unionsstaates und der Organisation des Vertrages über kollektive
       Sicherheit (ODKB)“.
       
       ## Platzsperrungen um Proteste zu verhindern
       
       Noch deutlicher hätte der Staatschef nicht sagen können, dass [4][er die
       Militärmacht Russlands] und der Staaten des ODKB hinter sich hat. Ohne
       konkret zu werden hatte Lukaschenko wenige Stunden zuvor angekündigt, er
       müsse die „schwerwiegendste Entscheidung eines Vierteljahrhunderts
       treffen“. In diesem Zusammenhang führte er aus, dass es in dieser Krise
       nicht nur um Innenpolitik gehe. „Wir sehen Truppenbewegungen der NATO in
       der Nähe unserer Grenzen auf dem Gebiet von Polen und Litauen“, zitiert die
       Nachrichtenagentur „Belta“ den Präsidenten.
       
       Unterdessen haben die Behörden der zweitgrößten weißrussischen Stadt Gomel
       den zentralen Leninplatz mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, wie
       Mähdreschern und Traktoren, für die Öffentlichkeit gesperrt. Offensichtlich
       will man hier Menschenansammlungen der Opposition verhindern.
       
       Liz Trossel, Sprecherin des Hohen Kommissars für Menschenrechte der UNO,
       berichtete, dass bereits vier Menschen bei den jüngsten Protesten in
       Belarus ums Leben gekommen seien. Die allermeisten der mehreren tausend
       Festgenommenen seien inzwischen wieder auf freiem Fuß, zitiert die Agentur
       tut.by Trossel. Gleichwohl befänden sich derzeit noch 100 Personen in Haft.
       60 dieser Gefangenen sehen sich mit Beschuldigungen konfrontiert, die
       schwere Haftstrafen nach sich ziehen können, so Trossel. Es beunruhige sie,
       dass acht Personen bei den Protesten spurlos verschwunden seien.
       
       Am Samstag, 22. August, appellierte die belarussische
       Journalistenvereinigung an die Regierung, die Sperrung von mehreren Dutzend
       Internetportalen wieder aufzuheben. Für Sonntag hat die Opposition zu einer
       zentralen Protestkundgebung in Minsk aufgerufen.
       
       22 Aug 2020
       
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