# taz.de -- Orthodoxe Kirche in der Ukraine: Kampf an der Religionsfront
       
       > In zwei Städten werden Aktivitäten der Orthodoxen Kirche Moskauer
       > Patriarchiat verboten. Grund ist Moskaus Patriarch Kirill. Der predigt
       > den Krieg.
       
 (IMG) Bild: Rechtfertigt den Krieg: das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill
       
       Berlin taz | In der Ukraine tobt der Krieg nicht nur in Mariupol, Odessa
       und im Osten des Landes, sondern auch in den Reihen der Priesterschaft.
       Schweres Geschütz fuhr in dieser Woche [1][die Ukrainisch Orthodoxe Kirche
       Moskauer Patriarchiat (UPZ MP)] auf.
       
       „Anstatt das Volk in seinem Streben nach dem Sieg und der Wiederherstellung
       eines friedliches Lebens zu unterstützen, brennt es an der inneren
       religiösen Front. Eine Gruppe von ukrainischen Abgeordneten hat, unter
       erfundenen und bewusst falschen Anschuldigungen, dem Parlament einen
       Gesetzesentwurf vorgelegt, um die Tätigkeit unserer Kirche zu verbieten“,
       heißt es in einer Erklärung der Synode, die das ukrainische
       Nachrichtenportal Ukrainska Prawda zitiert.
       
       Und weiter: „Mit Bestürzung stellen wir fest, dass dies alles die Folge
       einer verfehlten Religionspolitik unter Präsident Petr Poroschenko und
       einer zerstörerischen Ideologie der Ukrainische Orthodoxen Kirche (PZU)
       ist. Wir sind überzeugt, dass vor allem diese Schritte der vorherigen
       Staatsmacht und der PZU einer der Gründe für den kriegerischen Angriff auf
       die Ukraine sind.“
       
       Petro Poroschenko war von 2014 bis 2019 Präsident der Ukraine. Unter seiner
       Ägide schlossen sich die Ukrainisch Orthodoxe Kirche Kiewer Patriarchiat
       (UPZ KP) und die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche zu der PZU
       zusammen. Anfang 2019 segnete der ökumenische Patriarch Bartholomäus I. von
       Konstantinopel diese Entscheidung ab und erkannte deren Eigenständigkeit
       an. Das konnte Moskau nicht anders, denn als Affront auffassen. Heute
       unterhält die UPZ MP in der Ukraine rund 12.000 Gemeinden und damit fast
       doppelt so viele wie die PZU, zu der sich jedoch viermal mehr Gläubige
       bekennen.
       
       ## Putins enger Verbündeter
       
       Doch seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine
       knirscht es immer lautet im Kirchengebälk. Stimmen, Gemeinden der UPZ MP
       sollten sich der UPZ anschließen, werden immer lauter. Der Grund dafür ist
       [2][das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kirill].
       
       Der Kirchenmann ist zu einem wahrhaftigen „Kriegshetzer“ mutiert und in
       Sachen Spezialoperation mittlerweile einer der engsten Verbündeten von
       Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Den Konflikt im Donbass erklärte er
       mit dem Widerstand der dortigen Bevölkerung gegen ein so verderbtes
       Treiben, wie Paraden der LGBTQ-Community.
       
       Unlängst verstieg er sich zu der These, Russland wolle gegen niemanden
       Krieg führen und habe nie jemanden angegriffen. Anfang Mai setzte Brüssel
       den 75-Jährigen im Rahmen eines sechsten Sanktionspakets auf eine Schwarze
       Liste, was ein Einreiseverbot in die EU nach sich zieht.
       
       Bereits Anfang April hatten Geistliche der UPZ MP gefordert, Kirill vor ein
       kirchliches Gericht zu stellen und seines Amtes zu entheben. Er habe
       moralische Verbrechen begangen, den Krieg gegen die Ukraine gesegnet und
       uneingeschränkt die aggressiven Aktionen der russischen Truppen auf dem
       Territorium der Ukraine unterstützt, heißt es in dem Appell, den bereits
       über 400 Priester unterschrieben haben.
       
       ## Reißleine gezogen
       
       Mitte vergangener Woche zog der Bürgermeister von Konotop, Artjom
       Semenichin, die Reißleine und verbot jegliche Tätigkeiten der UPZ MP in
       seiner Stadt, da die sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit der
       Ukraine darstelle. „Zwischen dem Feind und seinem Agenten gibt es keinen
       Unterschied. Der Moskauer Patriarch ist zwei Personen in einer. Deshalb
       habe ich die Entscheidung getroffen, die Aktivitäten dieses
       Agentennetzwerkes des russischen Geheimdienstes FSB auf dem Territorium
       meiner Stadt zu verbieten“, schreibt er auf Facebook.
       
       Zwei Tage später zog der Bürgermeister von Browary, Igor Saposchko, nach.
       Mit sofortiger Wirkung sind der UPZ MP für die Dauer des Kriegszustandes
       alle Tätigkeiten untersagt – einschließlich Versammlungen, Kundgebungen,
       Aufmärsche und andere Massenveranstaltungen. Auch die Immobilien des
       Moskauer Ablegers werden unter besonderen Schutz gestellt.
       
       Die Synode entwirft in ihrer Erklärung auch ein düsteres Zukunftsszenario.
       Ein Verbot der UPZ MP komme einem „nationalen Selbstmord“ gleich, da doch
       Millionen von Ukrainern, die ihr Land verteidigten, eben dieser Kirche
       angehörten. Zeitnah ist jetzt eine Versammlung von Priestern, Mönchen,
       Nonnen und Laien geplant, um über die Zukunft der Kirche zu beraten. Es
       gelte ein Schisma und eine Verletzung der Kirchengesetze (Kanon) zu
       vermeiden. Wie dieses Treffen unter Kriegsbedingungen organisiert werden
       soll, ist bislang nicht überliefert.
       
       14 May 2022
       
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