# taz.de -- Neuer Hamburger Stadtteil Oberbillwerder: CDU und Linke gegen Wohnungsbau
       
       > Im Hamburger Stadtteil Oberbillwerder wollen SPD und Grüne Wohnraum für
       > 15.000 Menschen schaffen. Nun schießt sich die Opposition auf das Projekt
       > ein.
       
 (IMG) Bild: Bislang noch ein großer Acker: Hamburgs geplanter Stadtteil Oberbillwerder
       
       Hamburg taz | Ist der Wahlkampf eröffnet? Die Hamburger Bürgerschaftswahl
       im März 2025 ist zwar noch ein Dreivierteljahr hin, doch die Opposition
       scheint das von SPD und Grünen geplante Vorhaben gefunden zu haben, das sie
       nun verstärkt attackieren will: Seit Anfang des Monats liegen die
       Planungsunterlagen für [1][Oberbillwerder] aus, das größte anstehende
       Hamburger Stadtentwicklungsprojekt mit Wohnraum für rund 15.000 Menschen.
       
       Und seither schießen CDU und Linke vereint dagegen. Hamburgs CDU-Chef
       Dennis Thering lehnt sich schon weit aus dem Fenster: Mit der CDU werde es
       dieses Großprojekt nach der Hamburg-Wahl im kommenden März nicht mehr
       geben. „Wir werden Oberbillwerder beerdigen“, verspricht er. Dabei taugen
       die Argumente der Opposition nur begrenzt.
       
       Eine am Dienstag veröffentlichte Antwort des Senats auf eine Anfrage des
       Linken-Abgeordneten Stephan Jersch zeigt, dass die Baupreise auch für die
       geplanten Wohnungen in Oberbillwerder extrem hoch liegen. „Der Senat geht
       derzeit von über 4.400 Euro Baukosten pro Quadratmeter aus“, sagt Jersch.
       Das sei eine Steigerung von rund 65 Prozent gegenüber den ersten Planungen
       vor acht Jahren.
       
       Damit sei nicht mehr erklärbar, wie der unumstritten dringend benötigte
       günstige Wohnraum entstehen könne. „Das Projekt Oberbillwerder muss
       gestoppt werden – besser heute als morgen“, fordert Jersch deshalb.
       
       Bislang ist Oberbillwerder eine große landwirtschaftlich genutzte Fläche
       entlang der S-Bahn-Linie von Hamburg nach Bergedorf. Hier soll bis Ende der
       2040er-Jahre Hamburgs 105. Stadtteil entstehen. Die Idee dazu liegt schon
       einige Jahrzehnte herum, ab Mitte des vergangenen Jahrzehnts konkretisierte
       der rot-grüne Senat das Vorhaben. Jersch bemängelt, dass dem Senat aber
       bisher noch keine Zusagen zum Wohnungsbau vorliegen. Er vergleicht es mit
       einer Gewerbefläche in der Nähe, für die vor einigen Jahren ein
       Landschaftsschutzgebiet vernichtet wurde und für die immer noch keine
       Nutzung gefunden wurde.
       
       Was nun erneut in Oberbillwerder geschieht, sei also gar eine
       „vorauseilende Umweltvernichtung“. Der Senat erklärt hingegen, dass noch
       gar keine Zusagen vorliegen können, weil bislang auch noch keine
       Grundstücke für den Wohnungsbau ausgeschrieben wurden. Hinzu würde die
       übliche Vorgabe an die Immobilienwirtschaft, mindestens ein Drittel
       sozialen und damit preislich gedeckelten Wohnraum zu schaffen, auch hier
       gelten.
       
       Auf die Linken-Kritik aufgesprungen ist nun aber auch der
       [2][Landesverbands- und Fraktionschef der CDU], der im kommenden März als
       Bürgermeisterkandidat antreten will. Vor Ort, in der Bergedorfer
       Bezirkspolitik, gebe es keine Mehrheit für das Vorhaben, auch würde die
       Dimension des geplanten Stadtteils nicht zum dörflich geprägten Bergedorf
       passen, sagte Thering nun dem Hamburger Abendblatt.
       
       Hamburgs Bevölkerung wächst seit Jahren beständig. Und auch wenn die
       tatsächliche Einwohner:innenzahl vor drei Wochen nach der bundesweiten
       Zensus-Auswertung auf 1,81 Millionen leicht nach unten korrigiert wurde,
       ist nach einer Berechnung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
       Raumforschung weiter davon auszugehen, dass im Laufe der 2040er-Jahre die
       Zwei-Millionen-Marke geknackt wird. Da der Senat seit einigen Jahren
       regelmäßig daran scheitert, sein selbst gestecktes Ziel von 10.000
       fertiggestellten Wohnungen pro Jahr zu erreichen, bekommt Oberbillwerder
       mit etwa 7.000 geplanten Wohnungen eine besondere Bedeutung.
       
       ## CDU startet den Wahlkampf
       
       Thering dagegen glaubt, die nötigen Wohnungen könnten durch Nachverdichtung
       geschaffen werden. Er wolle vor allem auf Wohnungsbau entlang der
       Magistralen setzen, also Neubauten entlang der Hamburger
       Hauptverkehrsstraßen – ein Konzept, das der rot-grüne Senat allerdings
       bereits seit sieben Jahren verfolgt. „Zudem müssen Bestandsgebäude in
       geeigneter Lage um ein bis zwei Stockwerke aufgestockt werden oder auch
       Neubauten entsprechend höher genehmigt werden“, sagt Thering.
       
       Dass dafür in Hamburg noch viel Potenzial schlummert, bestätigten in den
       vergangenen Jahren auch schon Stadtentwicklungsforscher:innen. Zugleich
       beklagt die Hamburger Wohnbauwirtschaft ähnlich lang, dass die
       Nachverdichtung immer schwieriger werde. Und das führe dazu, dass
       Nachverdichtung meist auch teurer ist als das Bauen auf [3][der grünen
       Wiese].
       
       Der Zeitpunkt zur öffentlichen Auslage der Planungsunterlagen kommt der
       Opposition durchaus passend: Eigentlich sollten die schon längst ausgelegt
       worden sein, doch nachdem das zuständige Bezirksamt Bergedorf auf
       Verfahrensfehler aufmerksam gemacht wurde, verzögerte es sich. Nun können
       Bürger:innen, Verbände und Initiativen noch bis September Kritik anmerken,
       auf die die Behörden bis Jahresende eingehen müssen. Eine abschließende
       Entscheidung des Senats stünde dann für Anfang kommenden Jahres an – mitten
       in der heißen Phase des Wahlkampfs.
       
       10 Jul 2024
       
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