# taz.de -- Madsack zentralisiert Lokalzeitungen: Ein Baum, der viel Schatten wirft
       
       > Die Mediengruppe Madsack legt immer mehr Redaktionen zusammen, auch im
       > Lokalen. Das ist alarmierend, weil es den Rechten in die Hände spielt.
       
 (IMG) Bild: Benötigt sorgfältige Pflege: Zeitungsjournalismus
       
       Die Madsack-Gruppe wolle den [1][Journalismus in Sachsen] stärken, hieß es
       letzte Woche noch als Begründung, warum die Sächsische Zeitung (SZ) und die
       [2][Leipziger Volkszeitung (LVZ)] in Zukunft gemeinsam in einer digitalen
       Redaktion arbeiten sollen.
       
       Sie verglichen dafür Journalismus mit einem Baum, den man als Unternehmen
       stärken würde. Ein Baum, der wohl allerdings vorher ein paar Blätter
       abwerfen muss: Der Abbau von etwa 30 Stellen wurde bei der Fusion
       angekündigt.
       
       Vielleicht wird auch eher am Stamm gesägt, wie eine andere aktuelle
       Nachricht aus der Mediengruppe vermuten lässt. Unternehmenschef Thomas
       Düffert hatte wohl bereits im Mai den Betriebsräten der
       Madsack-Mediengruppe angekündigt, er wolle in Zukunft alle Nachrichten aus
       dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND) künftig aus Hannover produzieren.
       Das Branchenmagazin Meedia hatte diese Zentralisierungsvisionen am Dienstag
       öffentlich gemacht.
       
       Diese Meldung ist so besorgniserregend, weil sie zu weiteren
       Arbeitsplatzverlusten in den regionalen Redaktionen führen könnte. Unter
       der Baumkrone von Madsack versammelt sich mittlerweile 20 Lokalzeitungen in
       Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,
       [3][Sachsen und Sachsen-Anhalt] und der überregionale RND. Alle könnten von
       der Zentralisierung betroffen sein.
       
       Erschreckend ist auch, mit welcher Geschwindigkeit das Unternehmen nun die
       Zeitungslandschaft umbauen will. [4][Erst im Januar etwa kaufte Madsack die
       SZ auf], Mitte Juni wurde die Zusammenlegung von SZ und LVZ bekannt, eine
       Woche später schreibt die Unternehmenskommunikation von Madsack auf
       taz-Anfrage: „Wir wandeln uns aktuell und in den nächsten Jahren zu einem
       digitalen Medienunternehmen.“
       
       ## Gerade in Sachsen soll es weniger Lokalausgaben geben
       
       Verständlich, dass die Betriebsräte der Madsack-Mediengruppe entsetzt auf
       diese Ankündigung reagieren. In einem Schreiben vom 29. Mai des
       Betriebsrats der Ostsee-Zeitung, das der taz vorliegt, steht dazu: „Bei den
       Titeln in Niedersachsen, etwa Hannoversche Allgemeine Zeitung, Göttinger
       Tageblatt oder Wolfsburger Allgemeine Zeitung, soll die Umstellung
       innerhalb weniger Wochen erfolgen. Potsdam und Leipzig sollen im Spätsommer
       folgen.“
       
       Das wurde offenbar überraschend und ohne angemessene Konsultation der
       Arbeitnehmer*innenvertretungen bekannt gegeben, was den
       Betriebsrat veranlasst hat, rechtliche Schritte zu prüfen. Diese Eile lässt
       wenig Raum für eine sorgfältige Planung und Konsultation der betroffenen
       Mitarbeitenden und könnte zu chaotischen Zuständen und einer erheblichen
       Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen.
       
       Aber nicht nur wegen des potenziellen Arbeitsplatzverlustes für viele
       Mitarbeitende sind solche Zentralisierungsideen gefährlich. Sie gefährdet
       auch die journalistische Vielfalt und Qualität. Besonders in einer Zeit, in
       der Journalismus mehr denn je als Kontrollinstanz und für eine
       demokratische Meinungsbildung benötigt wird.
       
       In Sachsen erhielt die AfD bei der Europawahl mehr als 30 Prozent aller
       Stimmen. Gerade hier sollen die Lokalausgaben unter Madsack-Hand zukünftig
       von 17 auf 11 schrumpfen. Wie soll ein Journalist, der Hannover am
       Schreibtisch sitzt, über die gefährlichen Tendenzen aus Kleinstädten vor
       Ort berichten? Wie sollen demokratische Stimmen noch Präsenz zeigen, wenn
       den Kolleg*innen gekündigt wird?
       
       Es wirkt, als hätte Madsack nicht nur vor den aufkommenden
       Herausforderungen zur Berichterstattung über rechte Strukturen kapituliert,
       sondern als würden sie durch die Überbetonung des wirtschaftlichen
       Interesses des Konzerns den Rechten in die Hände spielen. Die Räume, die
       durch diese Umstrukturierungen im Lokalen entstehen, werden nicht lange
       leer bleiben. Denn in den Startlöchern stehen bereits extremistische
       Stimmen.
       
       Es bleibt noch auf den Widerstand auf den Redaktionen und einen starken
       Zusammenschluss der Betriebsräte zu hoffen. „Journalismus bleibt unser
       Kern“, schrieb Madsack in einer Stellungnahme an die taz. Zeit also, für
       das Unternehmen den Kern zu stärken, ihn zu gießen und dort sprießen zu
       lassen, wo er wächst: in den Lokalredaktionen.
       
       26 Jun 2024
       
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