# taz.de -- Journalist:innenmorde in Mexiko: Das gefährlichste Land
       
       > Drei Medienschaffende wurden in Mexiko innerhalb von zwei Wochen
       > ermordet: Die Fälle haben eine Welle von Protesten ausgelöst.
       
 (IMG) Bild: Ein Foto der ermordeten Journalistin Lourdes Maldonado auf dem Smartphone ihrer Nichte
       
       Oaxaca taz | Lourdes Maldonado war aus Tijuana nach Mexiko-Stadt gereist,
       um den Präsidenten Andrés Manuel López Obrador über ihre Bedrohung zu
       informieren. „Ich fürchte um mein Leben“, sagte die Journalistin auf einer
       Pressekonferenz des Staatschefs. Das war vor drei Jahren. Vor einer Woche,
       am 23. Januar, wurde die 68-Jährige ermordet. Unbekannte erschossen sie
       unweit ihres Hauses. Wenige Tage vorher wurde der Fotograf [1][Margarito
       Martínez ebenfalls in Tijuana] vor seiner Haustüre durch Schüsse getötet.
       Am 10. Januar starb José Luis Gamboa, der Leiter des Onlineportals
       Inforegio, im Bundesstaat Veracruz eines gewaltsamen Todes.
       
       Ein schlimmer Jahresanfang [2][für Mexikos Journalist*innen]: drei
       ermordete Medienschaffende in zwei Wochen. Damit erhöht sich die Zahl der
       seit dem Amtsantritt López Obradors 2018 getöteten
       Pressevertreter*innen auf 28, seit dem Jahr 2000 sind es 148. Die
       Organisation Reporter ohne Grenzen bezeichnet Mexiko als das
       [3][gefährlichste Land für Medienschaffende].
       
       Immer wieder gehen Pressearbeiter*innen gegen die Angriffe auf die
       Straße. Doch die Morde der letzten Wochen haben eine Welle von Protesten
       ausgelöst, wie sie das Land lange nicht erlebt hat. Von der nördlichen
       Grenzstadt Tijuana bis in den südlichen Bundesstaat Chiapas beteiligten
       sich Jounalist*innen an Kundgebungen, in etwa 50 Städten forderten sie
       mehr staatlichen Schutz. Sie zeigten Fotos getöteter Kolleg*innen und
       stellten in ihren Parolen klar: „Man tötet nicht die Wahrheit, in dem man
       Journalist*innen umbringt.“
       
       Bis zum Wochenende haben über 55.000 Menschen eine Petition unterschrieben,
       in der zudem die Aufklärung der Verbrechen gefordert wird. Mobilisierungen
       dieser Größe hat es zuletzt 2017 gegeben, als die beiden bekannten
       Reporter*innen Miroslava Breach und Javier Valdez gewaltsam ums Leben
       kamen.
       
       ## Komplexe Hintergründe
       
       Nur die wenigsten der Morde werden strafrechtlich verurteilt, und das nicht
       zuletzt, weil korrupte Politiker*innen, Sicherheitskräfte und
       Jurist*innen es zu verhindern wissen. Um die jüngsten Fälle in Tijuana
       aufzuklären, hat die Gouverneurin des Bundesstaats Baja California, Marina
       del Pilar, die Einsetzung eines Sonderstaatsanwalts angekündigt. Beide
       Opfer von Tijuana befanden sich in einem staatlichen Schutzprogramm. Doch
       auch der damit verbundene Personenschutz konnte sie nicht retten. Maldonado
       wurde getötet, als die Beamten gerade abgezogen waren.
       
       Der [4][Mord an der Journalistin] wirft besondere Fragen auf. Maldonado
       hatte auf der Pressekonferenz des Präsidenten 2019 auch erklärt, dass sie
       sich in einem Arbeitskampf mit dem Medienunternehmer Jaime Bonilla befand
       und sich von ihm bedroht fühlte. Bonilla, ein politischer Verbündeter López
       Obradors, wurde damals gerade Gouverneur.
       
       Die Journalistin gewann jüngst ihren Arbeitsprozess und beschuldigte den
       Politiker der Korruption und Hinterziehung von Staatsgeldern. „Es wird ihm
       nicht passen, dass eine Journalistin seine Konten überprüft und
       recherchiert“, sagte sie in einem Video. Drei Tage später war sie tot. Der
       Kolumnist Julio Hernández López schrieb daraufhin in der Tageszeitung La
       Jornada, es sei zwingend, Bonilla in die Liste der zu ermittelnden Personen
       aufzunehmen. Der Fall wirft ein Licht auf die Komplexität des Themas.
       
       ## Nicht nur die Mafia steckt hinter den Morden
       
       Auch wenn als Täter*innen schnell die Mafia genannt wird, stecken oft
       auch Politiker*innen oder Unternehmer hinter den Morden. Daniela
       Pastrana vom Journalist*innennetzwerk Periodistas de a Pie verwies
       darauf, dass in vielen Bundesstaaten die Besitzer von Medienfirmen zugleich
       Politiker seien: „Wenige Medien außerhalb von Mexiko-Stadt sind frei und
       fern von der politischen Macht.“
       
       López Obrador verwehrte sich dagegen, „Politisiererei“ zu betreiben. Nach
       ihrem Besuch der Pressekonferenz habe man Maldonado unterstützt, sagte er
       und kündigte an, das Schutzprogramm zu überarbeiten. Zugleich gießt er
       selbst Öl ins Feuer, in dem er ständig kritische Medienschaffende
       denunziert. Drei Tage nach dem Tod der Reporterin wetterte er erneut gegen
       Pressevertreter*innen und erklärte: „Nur sehr wenige Journalisten
       erfüllen die noble Aufgabe, zu informieren.“
       
       31 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!5828676/
 (DIR) [2] /Pressefreiheit-in-Mexiko/!5805516
 (DIR) [3] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz/2020/2
 (DIR) [4] /Ermordete-Journalistinnen-in-Mexiko/!5817038
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf-Dieter Vogel
       
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