# taz.de -- Geschichte des Frauenfußballs im Kino: Die vergessensten Kickerinnen der Welt
       
       > Ein Dokumentarfilm erinnert in den Kinos an die angeblich 1. WM im
       > Frauenfußball 1971. Nächste Woche beginnt die offiziell 14. EM. Doch
       > alles gab es schon früher.
       
 (IMG) Bild: Filmstill aus Copa 71: Die mexikanisches Spielerinnen Alicia Vargas und Martha Coronado (v.l.)
       
       „Copa ’71“ heißt der Film, der nun in deutschen Kinos zu sehen sein wird.
       Es geht um die, wie die [1][Produktionsfirma] mitteilt, „erste inoffizielle
       Frauenfußball-WM“. Deren [2][Finale] fand im August 1971 vor über 100.000
       Zuschauern im Aztekenstadion von Mexiko-City statt, doch es wurde „aus den
       Annalen des Fußballs verdrängt“, wie wiederum die Produktionsfirma
       schreibt.
       
       Tatsächlich erinnert sich kaum jemand an dieses Turnier, und schon kaum
       jemand weiß, dass 1971 nicht die erste, sondern die zweite Fußball-WM der
       Frauen ausgetragen wurde. Die erste fand [3][1970] in Italien statt.
       
       Bei der in der nächsten Woche beginnenden Europameisterschaft der Frauen in
       der Schweiz trägt das an einen Bernhardiner erinnernde Maskottchen den
       Namen „Maddli“ – eine Verbeugung vor Madeleine Boll. Die Frau aus dem
       Kanton Freiburg gilt als die Fußballpionierin der Schweiz, für die Luzerner
       Zeitung ist sie gar „die erste Fußballerin der Welt“. 1970 gehörte Boll zu
       dem Nationalteam, das in Italien bei der ersten Frauen-WM spielte: Am 9.
       Juli 1970 schied die Schweiz vor 10.000 Zuschauern in Salerno durch eine
       1:2-Niederlage gegen Italien aus. Was die Leistungen des italienischen
       Schiedsrichters angeht: äußerst umstritten.
       
       Ein Jahr später nahm die Schweiz wie auch Deutschland nicht an der WM teil,
       und in der offiziellen Geschichtsschreibung ist ohnehin die Rede davon,
       dass in der Schweiz ab 1972 ein Frauennationalteam geführt wurde. In
       Deutschland wurde eine Frauenauswahl erst 1982 aufgebaut – offiziell.
       
       ## Aus der Sportgeschichte rausgeschrieben
       
       An der WM 1970 in Italien nahmen neben der Schweiz auch Teams aus Italien,
       Österreich, Mexiko, England, Frankreich, Tschechoslowakei und Dänemark
       teil. Aus Deutschland kam kein Auswahlteam, sondern es kam der SC 07 Bad
       Neuenahr, einer der [4][wenigen Vereine] in Deutschland, die damals schon
       Frauenfußball anboten, obwohl dies der Deutsche Fußballbund (DFB) damals
       noch explizit [5][verboten] hatte.
       
       Dass die Neuenahrerinnen bei der WM mitspielen durften, war eher einem
       Zufall geschuldet, denn von den zunächst eingeladenen Teams hatten
       Argentinien, Brasilien, die Sowjetunion und – kurz vor Turnierbeginn –
       Frankreich abgesagt. Die Kickerinnen aus Bad Neuenahr waren die
       allerletzten Nachrückerinnen, und spielten auch nicht gerade erfolgreich:
       1:5 verloren sie gegen England, 1:6 gegen Dänemark.
       
       Wenn in sporthistorischen Schriften überhaupt einmal von diesen Turnieren
       die Rede ist, dann gelten sie als „inoffiziell“. Der Grund ist, dass sie
       nicht von den Welt- und Europaverbänden des Männerfußballs, der Fifa oder
       der Uefa, lizenziert waren, sondern von einem eigenen Verband: die
       Federazione Internazionale Europea di Football Femminile (Fieff).
       
       ## 1957, 1969, 1969 – immer Europameisterschaften
       
       Die Fieff hatte schon 1969 eine Europameisterschaft veranstaltet: Das
       Finale bestritten Dänemark und Italien, die Gastgeberinnen gewannen. 1979
       gab es übrigens wieder eine Frauen-EM, wieder in Italien. Das ist deswegen
       interessant, weil offiziell, also von der Uefa lizenziert, Frauen-EMs erst
       seit 1984 existieren.
       
       Das Turnier, das nächste Woche in der Schweiz beginnt, gilt – wie immer:
       offiziell – als das 14. In Wirklichkeit gab es mehr solche Turniere: Die
       [6][erste Frauen-EM] im Fußball fand 1957 in Westberlin statt. Vier
       Mannschaften aus der Bundesrepublik, den Niederlanden, Österreich und dem
       späteren Sieger England trafen sich im Poststadion. Es war die EM der Ilfa,
       International Ladies Football Association, und vor Ort wurde es von
       deutschen Geschäftsleuten organisiert, die später verhaftet wurden, weil
       sie die Rechnungen nicht bezahlt hatten.
       
       Der DFB, der erst zwei Jahre zuvor Frauenfußball in seinen Reihen verboten
       hatte, echauffierte sich schon vor der EM, denn er wollte eigentlich das
       Poststadion für ein Männerspiel zwischen Tennis Borussia und Viktoria
       Berlin nutzen, doch der Frauenfußball erhielt Unterstützung im Berliner
       Senat und beim Deutschen Städtetag.
       
       All das ist heute vergessen: Europameisterschaften 1957, 1969 und 1979.
       Weltmeisterschaften 1970 – und an die aus dem Jahr 1971 wird mit einem groß
       beworbenen Dokumentarfilm erinnert, aber da wird so getan, als sei es die
       erste WM.
       
       25 Jun 2025
       
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 (DIR) Martin Krauss
       
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