# taz.de -- Festnahme eines katalanischen Rappers: Krawall für die Kunstfreiheit
       
       > In Spanien dauern die Proteste gegen die Inhaftierung des Musikers Pablo
       > Hasél an. Kritiker sehen Kunst- und Meinungsfreiheit in ernster Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Demonstrant mit Beute: Bei den tagelangen Protesten kam es in Barcelona zu Plünderungen
       
       Madrid taz | Spanien kommt nicht zur Ruhe. Am Samstagabend kam es zum
       fünften Mal in Folge in mehreren Städten zu Protesten gegen die
       Inhaftierung des [1][katalanischen Rappers Pablo Hasél]. In Barcelona
       versammelten sich mehrere Tausend Menschen.
       
       Es kam erneut zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Barrikaden
       wurden errichtet und in Brand gesteckt, Geschäfte geplündert. Die
       modernistische Fassade des Musikpalastes (Palau de la Música) wurde durch
       Steinwürfe beschädigt. In Madrid hingegen blieb die Demonstration dieses
       Mal ruhig. Die Zahl der Polizisten übertraf die der Demonstranten.
       
       Hasél war am Dienstag festgenommen worden, nachdem er sich geweigert hatte,
       eine neunmonatige Haftstrafe wegen „Beleidigung und Verunglimpfung der
       Krone“ sowie wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ anzutreten. Der
       32-jährige Hasél hatte in seinen Texten und Twitternachrichten den
       ehemaligen Monarchen Juan Carlos I. als „Dieb“ und als „mafiös“ bezeichnet
       sowie Gewaltfantasien gegen korrupte Politiker freien Lauf gelassen.
       
       Die Protestierenden eint vor allem eines: Sie fühlen sich von der in
       Spanien regierenden Koalition der Sozialisten (PSOE) von Ministerpräsident
       Pedro Sánchez und der linksalternativen Unidas Podemos (UP) von Vize Pablo
       Iglesias verraten. UP hatte einst versprochen: Sollten sie jemals
       mitregieren, würden sie das Antiterrorgesetz, das Hasél zum Verhängnis
       wurde, sowie ein umstrittenes „Gesetz zur Sicherheit der Bürger“
       reformieren. Beide wurden 2015 von der konservativen Regierung beschlossen,
       als Mittel gegen die zahlreichen Proteste in Folge der Sparpolitik in der
       Eurokrise.
       
       „Sie machen nichts gegen die Monarchie, sie sind einfach ein paar mehr, die
       dem Regime Beifall zollen“, kritisierte Hasél UP kurz vor seiner Festnahme.
       Kritik kommt auch von gemäßigteren Kräften. Über 200 namhafte spanische
       Künstler unterzeichneten eine Solidaritätsadresse mit Hasél. [2][Amnesty
       International sammelt Unterschriften] und berichtet von über 70
       rechtskräftigen Urteilen wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ und
       „Erniedrigung der Opfer“ in Spanien seit 2015.
       
       ## Mangelhafte Kunstfreiheit in Spanien
       
       Unter den Verurteilten befinden sich Musiker und Nutzer sozialer Netzwerke.
       Selbst die Wiedergabe von zynischen Witzen aus Zeiten der Franco-Diktatur
       wurden einigen zum Verhängnis. Der Rapper Valtònyc floh 2018 nach Brüssel,
       um einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe zu entgehen.
       
       „Die übermäßige Anwendung der Antiterrorgesetzgebung bedroht die
       Meinungsfreiheit“, warnte Dunja Mijatović, Menschenrechtskommissarin des
       Europarates, bereits damals. Im Bericht von „[3][Freemuse]“ führt Spanien
       2019 mit 14 verhafteten Künstlern die Liste der Länder an, in der es
       schlecht um die Meinungs- und Kunstfreiheit steht.
       
       Damit nicht genug. Mit dem „Gesetz für die Sicherheit der Bürger“ wurden
       2015 bis 2019 über 1 Million Bußgeldbescheide in Höhen von 600 bis 30.000
       Euro verhängt. Der Grund: „Fehlender Respekt gegenüber den
       Ordnungskräften“, „Eingriff in den Verkehr“, Aufruf oder Teilnahme an einer
       nicht angemeldeten Protestaktion oder die Veröffentlichung von Fotos und
       Videos von Polizeibeamten bei Einsätzen.
       
       Der Vorwurf, „Claqueur des Regimes“ zu sein, trifft Pablo Iglesias hart. Er
       provozierte gar eine Koalitionskrise im Falle Hasél. Spanien sei keine
       „allumfängliche Demokratie“, bekundete Iglesias vor zwei Wochen und wurde
       dafür von Regierungschef Sánchez jetzt scharf kritisiert. Gewalt sei „in
       einer Demokratie nicht hinnehmbar“, erklärte der und verlangte, wie die
       rechte Opposition auch, dass sich UP von den Protesten distanziere. Die
       Antwort kam prompt per Twitter: „All meine Unterstützung für die jungen
       Antifaschisten, die Gerechtigkeit und freie Meinungsäußerung auf den
       Straßen fordern“ – aber nicht von Iglesias, sondern UP-Fraktionssprecher
       Pablo Echenique.
       
       21 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kritik-am-spanischen-Koenig/!5746761
 (DIR) [2] https://www.es.amnesty.org/actua/acciones/codigo-penal-libertad-expresion-feb21/
 (DIR) [3] https://freemuse.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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