# taz.de -- CSU-Parteitag in München: „Jetzt erst recht!“
       
       > Ein CSU-Parteitag als Selbstbeschwörungsfeier des Söder-Fanclubs.
       > Überraschung: Seehofer, der sich als größter Anhänger des
       > Spitzenkandidaten zeigt.
       
 (IMG) Bild: Mal wieder in Fahrt: Markus Söder
       
       München taz | Das also war es jetzt. Das, was CSU-Generalsekretär Markus
       Blume zuvor als den Höhepunkt des Tages angekündigt hatte, und was
       Parteichef Horst Seehofer hinterher als „große Rede“ bezeichnen wird. 84
       Minuten hat die Rede von Spitzenkandidat Markus Söder gerade gedauert; als
       er mit der Quintessenz „Ja zu Bayern heißt ja zur CSU“ schließt, springen
       die Delegierten auf wie zum Abpfiff eines Fußballspiels, jubeln, skandieren
       „Markus, Markus“.
       
       Vier Minuten dauert der Applaus, es ist, als ob die Partei sich gerade
       alles von der Seele klatschen wollte, was sie derzeit belastet. Diese
       Umfrage vom Mittwoch zum Beispiel, immerhin die wichtigste in Bayern, die
       der CSU [1][nur noch 35 Prozent der Stimmen vorhersagte]. 35 Prozent! Zur
       Erinnerung: 43,4 Prozent, das war die größte Niederlage, die die CSU bisher
       je bei einer Landtagswahl verkraften musste. Vor zehn Jahren war das, sie
       galt als Katastrophe und besiegelte das Schicksal von Ministerpräsident
       Günther Beckstein und Parteichef Erwin Huber.
       
       Für viele im Münchner Postpalast dürfte Söders Rede freilich nicht neu
       gewesen sein. Es war dieselbe Show, mit der Söder schon seit Wochen in
       Bayern auf Tour ist. Die einzelnen Versatzstücke variieren allenfalls,
       werden in unterschiedlicher Reihenfolge aneinandergereiht. Einige davon hat
       er bereits seit einem Jahr im Repertoire. Bis in die Formulierungen und
       Witzeleien hinein zitiert sich der Ministerpräsident selbst.
       
       Man dürfe bei Umfragen nicht hyperventilieren sagt er dann, oder: Er habe
       zwar keinen Herausforderer, aber die Herausforderung sei umso größer.
       Bayerischen SPD- und Grünen-Politikern hält er vor, dass sie jeden Morgen
       eine E-Mail aus Berlin bekämen, in der stehe, was sie zu tun hätten. Und
       irgendeine böse Bemerkung über das Aussehen des grünen Fraktionschefs im
       Bundestag, Anton Hofreiter, muss auch immer dabei sein – und wird vom
       Publikum auch dankbar goutiert.
       
       ## „Fortschrittliche Politik“
       
       Immerhin: Nicht in jedem Bierzelt gab sich Söder zuletzt so kämpferisch wie
       an diesem Samstag beim Parteitag. Er schwingt seine Faust durch die Luft,
       ruft in den Saal, spricht seiner Partei Mut zu. Die Umfragewerte könnten
       ein Weckruf sein. Er könne sich schon vorstellen, dass der eine oder andere
       der Partei „einen Schubser oder einen kleinen Denkzettel“ geben wolle. Die
       Menschen wollten aber kein gänzlich anderes Bayern. Diese Gefahr bestehe
       jedoch, wenn im Oktober tatsächlich sieben Parteien in den Landtag
       einzögen. Dann könne Bayern „vom Modellfall für Demokratie zum Problemfall
       für die Demokratie“ werden, warnt Söder.
       
       Eine große Rede also, findet Seehofer. Und fügt noch hinzu, Markus Söder
       sei „das Beste, was Bayern hat“. Ob sie sich verhört habe, twittert eine
       Journalistin irritiert. Nein hat sie nicht. Überhaupt ist das, was der
       CSU-Chef an diesem Tag sagt – oder auch nicht sagt –, das wirklich
       Bemerkenswerte an diesem Tag.
       
       Vor Söder ist auch Seehofer ans Pult getreten. Was er zu sagen hatte, war
       ganz und gar nicht das, was man von ihm gewohnt war. 40 Minuten lang
       übergoss er seinen Nachfolger mit Lob. Und, nein, es war weder ironisch,
       noch vergiftet. Der heutige Tag stehe „ganz im Zeichen unseres
       Ministerpräsidenten Markus Söder“, er wolle „unserm Markus zu allererst
       danken für seinen ungeheuren Einsatz in den letzten Monaten“ und für die
       „fortschrittliche Politik“. Besonders habe ihn der Einsatz für die kleinen
       Leute fasziniert. „Du hast dich von niemandem übertreffen lassen bei deinem
       Einsatz für unser Land.“ Und überhaupt: Das von Söder ins Leben gerufene
       Landesamt für Asyl – das könne man „gar nicht hoch genug einstufen“.
       
       ## Zwei, zwischen die kein Blatt passt?
       
       Auch für die bayerische Grenzpolizei bedankt sich Seehofer, der die
       Staatskanzlei vor einem halben Jahr keineswegs freiwillig verlassen hat.
       „Wir brauchen immer einen Leader vorne, und den haben wir mit dem Markus
       Söder.“ Und zu guter Letzt: „Markus, darf ich vielleicht auch sagen: An
       unserer Geschlossenheit wird es sicherlich nicht liegen.“
       
       Zwei, zwischen die kein Blatt passt? Das fällt schwer zu glauben,
       angesichts der Geschichte, die Söder und Seehofer verbindet. Eine
       Geschichte der größtmöglichen gegenseitigen Abneigung. Und doch Seehofers
       Auftritt wirkt nicht verkrampft wie manche seiner Aussagen über seinen
       Nachfolger in der Vergangenheit.
       
       Jedenfalls liefert er genau das, was die Delegierten hören wollen.
       Schließlich hat man sich an diesem Tag ja nur noch mal selbst Mut machen
       wollen für die letzten vier Wochen vor der Wahl. Das scheint gelungen zu
       sein. Edmund Stoiber, der zwischendrin mit seinem Co-Ehrenvorsitzenden Theo
       Waigel auch mal kurz aufs Podium darf, spricht von einer
       „Jetzt-erst-recht-Stimmung in der CSU“, der Rest, den Stoiber mit heiserer
       Stimme in den Saal ruft, geht im Beifall unter.
       
       15 Sep 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!5535501
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominik Baur
       
       ## TAGS
       
 (DIR) CSU-Parteitag
 (DIR) CSU
 (DIR) Markus Söder
 (DIR) Horst Seehofer
 (DIR) CSU-Parteitag
 (DIR) CSU-Parteitag
 (DIR) Migration
 (DIR) CSU
 (DIR) Grüne Bayern
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Wahlparteitag der CSU: Die Pointe kommt noch
       
       Vier Wochen vor der Landtagswahl in Bayern rücken Markus Söder und Horst
       Seehofer zusammen. Ihr Manöver wird die CSU nicht retten.
       
 (DIR) Kommentar CSU-Parteitag: Auf dem Tandem in den Abgrund
       
       Horst Seehofer und Markus Söder zeigen sich beim CSU-Parteitag einig wie
       noch nie. Doch die Harmonie-Offensive kommt zu spät.
       
 (DIR) Migrationsexperte über Offenen Brief: „Horst Seehofer muss zurücktreten“
       
       Der CSU-Politiker hatte versprochen, ein „Heimatminister für alle“ zu sein.
       Migrationsexperte Karim El-Helaifi merkt davon nichts.
       
 (DIR) Nachruf auf Erich Riedl: Lupenreiner CSU-Amigo
       
       Er war der Prototyp eines CSUlers, der noch machen konnte, was er wollte.
       Gewählt wurde er dennoch. Jetzt ist der Hardliner Erich Riedl gestorben.
       
 (DIR) Nach dem jüngsten Bayerntrend: Schock und Zweckoptimismus
       
       Für die bayerische SPD ist die Bayerntrend-Umfrage ein Desaster, sie steht
       demnach bei 11 Prozent. Freuen können sich nur die Grünen.