# taz.de -- Berliner Wärmewende: Serverfarmen im Nebel
       
       > Künftig soll Abwärme aus Rechenzentren Berliner Wohnungen heizen.
       > Konkrete Erkenntnisse dazu halten sich beim Senat allerdings bislang in
       > Grenzen.
       
 (IMG) Bild: Auch bei der Erzeugung dieses Symbolbildes ist ein wenig Abwärme entstanden
       
       Berlin taz | Die Berliner Wärmewende – also [1][der Ausstieg aus Kohle, Gas
       und Öl], um Wärme für die Wohnungen der HauptstädterInnen zu erzeugen –
       sieht einen Mix aus ganz unterschiedlichen Energieträgern vor: neben
       unzähligen privaten kleinen Wärmepumpen auch große Anlagen, die Wärme aus
       dem Berliner Abwasser oder der Spree ziehen sollen, sowie die Nutzung von
       Abwärme aus Industrieananlagen, U-Bahnhöfen – [2][und aus
       IT-Rechenzentren]. Gerade Letzteres betont auch Wirtschafts- und
       Energiesenatorin Franziska Giffey (SPD) immer wieder, zuletzt in einer
       Sitzung des Wirtschaftsausschusses.
       
       Aus der gerade veröffentlichten Antwort der Senatsumweltverwaltung auf eine
       Anfrage des Grünen-Abgeordneten Stefan Taschner geht allerdings hervor: So
       ganz genau weiß die Landesregierung auch nicht, welches Wärmepotenzial die
       Serverfarmen bereithalten, die am Standort Berlin den wachsenden
       Datenhunger stillen und bei der Kühlung ihrer Prozessoren jede Menge
       Abwärme erzeugen, die zumindest theoretisch nutzbar ist.
       
       Sicher ist: Aktuell liegt die Energiemenge, die bestehende Rechenzentren in
       Fern- oder Nahwärmenetze einspeisen, exakt bei Null. Zumindest sind dem
       Senat nach Auskunft Umweltverwaltung solche Fälle nicht bekannt – ebenso
       wenig wie die genaue Anzahl an Rechenzentren, die derzeit überhaupt in
       Berlin operieren. Lediglich zwei größere Zentren mit einem Verbrauch von
       mehr als 10 Megawatt hat Klima-Staatssekretärin Britta Behrendt auf dem
       Schirm.
       
       Geplant, so Behrendt, seien allerdings „mehrere Vorhaben“, bei denen die
       Datenverarbeitung mittelbar zum Heizen genutzt werden soll: Ein Projekt
       soll demnach ab kommendem Jahr den Wärmebedarf des Schönberger
       „Pallasseum“-Wohnkomplexes zu rund 65 Prozent bereitstellen (jährlich rund
       7 Gigawattstunden/GWh). Und in Mariendorf sollen die prognostizierten 29
       GWh Abwärme eines Rechenzentrums „teilweise über ein Wärmenetz nutzbar
       gemacht werden“.
       
       Zudem befänden sich sechs größere Rechenzentren „in der Umsetzung“. Der
       landeseigenen Stromnetz Berlin GmbH, die für den Anschluss dieser
       Unternehmen zuständig ist, seien außerdem „21 Anfragen von größeren
       Rechenzentren bekannt“.
       
       ## „Keine Aussage zum jetzigen Zeitpunkt“
       
       Ob und wie viel Wärmeleistung einmal aus diesen potenziellen Zentren kommen
       wird, darüber kann die Senatsverwaltung „zum jetzigen Zeitpunkt keine
       Aussage“ machen. Das hänge unter anderem von deren Standorten ab, aber auch
       von der „Abnahmekapazität und -bereitschaft der potenziellen
       Wärmeabnehmer“.
       
       Immerhin: [3][Eine 2023 veröffentlichte Studie im Auftrag der
       Umweltverwaltung] macht ein großes Potenzial aus. Aktuell vermuten die
       VerfasserInnen einen theoretisch nutzbaren Abwärmeausstoß von lediglich 119
       Gwh, der aber schon bis 2030 auf 1.348 GWh anwachsen soll. Das wäre – wie
       gesagt: rein theoretisch – das Doppelte der Wärmemenge, die derzeit in der
       Müllverbrennungsanlage der BSR in Ruhleben erzeugt wird, und rund 4 Prozent
       des gesamten Berliner Wärmebedarfs.
       
       Stefan Taschner ist von der Antwort des Senats etwas enttäuscht: „Es gibt
       es keine richtige Klarheit, mit welcher Leistung man tatsächlich rechnen
       kann“, so der energie- und klimapolitische Sprecher seiner Fraktion zur
       taz, „ich erwarte da, dass man im Rahmen der Berliner Wärmeplanung bald auf
       mehr Zahlen verweisen kann.“
       
       Auch eine konkrete Ansiedlungspolitik des Senats in Bezug auf die
       Rechenzentren sei ihm nicht bekannt, so Taschner. Lobenswert findet er
       allerdings die Arbeit der Stromnetz Berlin: „Die macht sich da ordentlich
       auf den Weg.“ Es zeige sich auch hier, wie wichtig die Rekommunalisierung
       des Unternehmens vor einigen Jahren gewesen sei.
       
       ## Nicht ohne Probleme
       
       Dass die Abwärmenutzung von Rechenzentren nicht völlig unproblematisch ist,
       sieht auch Taschner: Einerseits seien diese vom Gesetz aufgefordert, ihren
       Wärmeausstoß durch Effizienzsteigerung zu reduzieren. Zum anderen ergäben
       sich Planungsschwierigkeiten aus dem Umstand, dass solche privaten
       IT-Betriebe von den jeweiligen Standorten auch schnell wieder abgezogen
       werden könnten.
       
       „Die Herausforderung wird sein, da langfristige Verträge abzuschließen“,
       sagt der Grünenpolitiker. „Fakt ist aber, dass diese Zentren entstehen
       werden. Das liegt ja auch an unserem Nutzungsverhalten.“ Dann komme es aber
       darauf an, dass sie dort entstünden, wo die Abwärme auch genutzt werden
       kann.
       
       12 Nov 2024
       
       ## LINKS
       
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