# taz.de -- Aktivistin im Hungerstreik: Nicht ohne ihren Sohn
       
       > Ihr Sohn ist als Regime-Kritiker im ägyptischen Gefängnis. Um seine
       > Freilassung zu fordern, hat Laila Soueif seit 80 Tagen nichts gegessen.
       
 (IMG) Bild: London, 27. November: Laila Soueif, Mutter des inhaftierten Bloggers Alaa Abdel Fattah am 59. Tag ihres Hungerstreiks
       
       Weihnachtslieder, warme Stimmung, leuchtende Lichter und Plakate, die sagen
       „Free Alaa“. Laila Soueif veranstaltet dieses Jahr eine besondere
       [1][Weihnachtszusammenkunft], vor der Downing Street 10, der offiziellen
       Residenz des britischen Premierministers. „Alles, was ich mir zu
       Weihnachten wünsche, ist, dass mein Sohn freikommt“, steht auf ihrem
       Plakat. Soueif protestiert dafür, dass sich die britische Regierung stärker
       dafür einsetzt, dass ihr Sohn Alaa Abd el-Fattah endlich aus dem Gefängnis
       in Ägypten kommt.
       
       Alaa Abd el-Fattah ist Doppelstaatsbürger, er hat einen britischen und
       einen ägyptischen Pass. Bekannt wurde er als Blogger und
       Menschenrechtsaktivist. Eigentlich hatte er seine fünfjährige Haftstrafe
       schon abgesessen – am 29. September sollte er freikommen. Doch die
       Staatsanwaltschaft weigerte sich. Sie erkannte seine zweijährige
       Untersuchungshaft im Hochsicherheitsgefängnis nicht an. Er werde erst im
       Jahr 2027 freigelassen, hieß es.
       
       Seit über 80 Tagen ist Alaas Mutter, Laila Soueif, im Hungerstreik. Jeden
       Morgen sitzt sie mindestens eine Stunde lang auf einem kleinen Stuhl vor
       dem Gebäude des britischen Außenministeriums in London. „Damit protestieren
       wir gegen das Verbrechen, das die ägyptischen Behörden an ihm begangen
       haben, und gegen die Komplizenschaft der britischen Behörden“, schrieb
       Soueif auf ihrer Facebook-Seite.
       
       Die 68-Jährige Laila Soueif ist Mathematikprofessorin an der Universität
       Kairo. Noch bevor sie aufs College ging, mit 16 Jahren, wurde sie zur
       Menschenrechtsaktivistin. Das war 1972, da ging sie auf ihre erste Demo:
       gegen Israels Besetzung der Halbinsel Sinai – und vor allem für mehr
       Freiheit.
       
       ## Die ganze Familie weggesperrt
       
       Als ihre Eltern davon erfuhren, holten sie ihre Tochter nach Hause. Die
       Eltern, beide Professoren, wollten nur Akademiker, aber nicht politisch
       aktiv sein. Sie fürchteten Repression und Folter unter dem damaligen
       Präsidenten Gamal Abdel Nasser. Doch Soueif hat sich nicht den Mund
       verbieten lassen. Sie hat sich oft mit ihren Eltern gestritten und sich mit
       Machthabenden angelegt. Soueif wurde beides: Professorin und
       Menschenrechtsverteidigerin.
       
       Im Jahr 2004 war sie Hauptgründerin der Bewegung 9. März, die sich für die
       politische Unabhängigkeit von Universitäten in Ägypten einsetzt. Die Gruppe
       organisiert Konferenzen und Proteste für die akademische Freiheit und hatte
       eine Rolle bei der Vorbereitung der Revolution von 2011 gespielt. „Es kann
       doch nicht sein, dass wir heute noch immer für oder gegen den gleichen Mist
       protestieren wie damals“, sagte sie der Menschenrechtsorganisation Amnesty
       International im Jahr 2018. Heute noch gehören Gefängnisbesuche zu ihrem
       Alltag.
       
       D[2][er taz sagte die Aktivistin im Jahr 2020] über die Inhaftierung von
       Verwandten: „So etwas hält dein Leben komplett an.“ Damals saßen auch ihre
       beiden Töchter im Gefängnis. Ihr mittlerweile verstorbener Ehemann wurde
       vom ägyptischen Staat in den 1980er Jahren weggesperrt – alle waren sie
       politische Gefangene aufgrund ihrer Kritik am Regime.
       
       „Mein Leben spielt sich ab zwischen Besuchen, zwischen Essen ins Gefängnis
       bringen, ohne dass ich meine Kinder sehen kann, und meiner Anwesenheit bei
       Gerichtsprozessen.“ Von Aktivist*innen in Ägypten wird Soueif als
       „Mutter der Gefangenen“ bezeichnet. „Ich erinnere Menschen immer daran,
       dass es eine minimale Rolle gibt, die wir spielen können“, sagte sie der
       taz vor vier Jahren. „Wir sind nicht machtlos, wir sind die Spielverderber
       ihres Triumphs über die Revolution.
       
       29 Dec 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.amnesty.org.uk/press-releases/uk-laila-soueif-mark-81st-day-hunger-strike-christmas-vigil-outside-downing-st
 (DIR) [2] /Aktivistinnen-ueber-aegyptische-Revolution/!5737502
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Neumann
       
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