# taz.de -- Aktivist Alaa Abd el-Fattah: Nach 12 Jahren Knast endlich frei
       
       > Der ägyptische Präsident al-Sisi hat am Dienstag einen
       > Menschenrechtsaktivisten frei gelassen – und eine weitere überraschende
       > Entscheidung getroffen.
       
 (IMG) Bild: Seine Entlassung ging mit einer anderen Entscheidung des Präsidenten einher: Alaa Abd el-Fattah zu Hause in Giza
       
       Berlin taz | Der prominente Menschenrechtsaktivist Alaa Abd el-Fattah wurde
       in Ägypten begnadigt und am Dienstag aus dem Gefängnis entlassen. Er ist
       eines der bekanntesten Gesichter der ägyptischen Revolution vom 25. Januar
       2011. Experten nannten seine Inhaftierung „willkürlich“. Er saß nun sechs
       Jahre am Stück ein, insgesamt verbrachte der 43-Jährige seit 2011, mit
       Unterbrechungen, rund zwölf Jahre im Gefängnis.
       
       Ihn freizubekommen, war nicht einfach. Es brauchte anhaltenden lokalen und
       internationalen Druck sowie einen [1][Hungerstreik seiner Mutter, der
       Mathematikprofessorin Laila Soueif]. Dieser hätte sie fast das Leben
       gekostet. Da der Aktivist auch britischer Staatsbürger ist, [2][schaltete
       sich Großbritannien wiederholt ein].
       
       Auch Abdel el-Fattahs Ex-Frau und der Sohn der beiden leben in
       Großbritannien. Laut der Familie wurde der Aktivist mit einem Reiseverbot
       belegt. Die britische Außenministerin Yvette Cooper dankte nun dem
       ägyptischen Präsidenten al-Sisi für die Begnadigung. Durchgesickerte
       Informationen deuten darauf hin, dass er sich persönlich gegen die
       Freilassung gewehrt hatte, da er Abd el-Fattah als „gefährlichen
       Revolutionär“ betrachtete.
       
       Alaa – Freunde nennen ihn auch den „rosa Drachen“ – stammt aus einer
       prominenten linken Familie: Sein Vater, Ahmed Seif el-Islam, war
       renommierter Menschenrechtsanwalt. Seine Mutter verteidigt lautstark die
       Unabhängigkeit der Universitäten in Ägypten.
       
       Bereits Anfang der 2000er Jahre war Alaa Abd el-Fattah als einer der
       führenden Blogger des Lands in Erscheinung getreten und hatte Proteste
       gegen das Regime von Husni Mubarak und gegen Polizeigewalt organisiert. Zur
       Strafe wurde er 45 Tage inhaftiert.
       
       ## Verfolgt von vielen Herrschern
       
       Weil ihnen sein Engagement nicht passte, verfolgten Alaa Abd el-Fattah
       mehrere Herrscher Ägyptens strafrechtlich: der Oberste Rat der
       Streitkräfte, der nach dem Aufstand vom 25. Januar 2011 übergangsweise
       regierte; der ehemalige Präsident Mohammed Mursi (2012–2013); der
       Interimspräsident Adli Mansur (2013–2014); und schließlich [3][Präsident
       al-Sisi (seit 2014)]. Seine letzte Verurteilung wurde mit einem
       Facebook-Post gerechtfertigt, in dem es um mutmaßliche Misshandlungen in
       einem Gefängnis ging.
       
       Obwohl seine eigentliche Strafe bereits vor einem Jahr endete, weigerten
       sich die Behörden, ihn freizulassen. Die Begründung: Die Zeit in
       Untersuchungshaft könne nicht auf die Strafe angerechnet werden. Dies
       verstoße gegen ägyptisches Recht, wie sein Anwalt gegenüber der taz
       erklärte.
       
       Freigelassen wurde Alaa nun genau einen Tag nach einer anderen Entscheidung
       von al-Sisi: Der Präsident lässt aktuell eine Debatte über die
       Strafprozessordnung zu. Statt einen neuen Entwurf sofort zu ratifizieren,
       gab er diesen an das Repräsentantenhaus, das Änderungen vorschlagen kann.
       Die bisherige Strafprozessordnung aus den 1970er Jahren wurde von vielen
       Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Sie ist eines der wichtigsten
       Gesetze Ägyptens und regelt Festnahmen, Durchsuchungen, Untersuchungshaft,
       Gerichtsverfahren, Berufungen und die Vollstreckung von Urteilen.
       
       Diese beiden Schritte zusammen werden als erste Anzeichen für eine mögliche
       politische Öffnung Ägyptens aufgrund äußeren Drucks gewertet. Die kommenden
       Monate werden zeigen, ob Kairo echte Reformen plant oder dies nur ein
       taktischer Schachzug war. Vor Jahresende stehen Wahlen zum
       Repräsentantenhaus an. Es bleibt abzuwarten, wie die Behörden sich da
       verhalten werden.
       
       Aus dem Englischen Lisa Schneider 
       
       Hinweis: Im Text fanden sich zwei Fehler. Wir haben diese korrigiert. 
       
       Der Autor war 2024 [4][Stipendiat] des Auszeit-Stipendienprogramms der
       [5][taz Panter Stiftung].
       
       23 Sep 2025
       
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