# taz.de -- Gründer von Megaupload verhaftet: Dunkle Seite der Netzmacht greift an
       
       > Unternehmer "Kim Dotcom" verhaftet, Megaupload dicht gemacht: Die
       > US-Exekutive verschärft die Debatte ums Copyright auf dramatische Weise.
       
 (IMG) Bild: Nicht mehr im Netz zu sehen: Die Datentauschplattform Megaupload.
       
       BERLIN taz | Noch vor wenigen Wochen zeigte sich Kim Dotcom, alias Kim
       Schmitz, zuversichtlich, was die geschäftlichen Aussichten seines Imperiums
       anging.
       
       Die Abschaltung der [1][Megaupload-Seiten in Indien] im Dezember
       kommentierte er dahingehend, dass es sich um einen hervorragenden Test für
       ein neues Zugangsmodell handele, des Megakeys, einer Applikation, die
       unabhängig von Browsern und Netzsperren den Zugang zu seinem Filesharing-
       und Datennetzwerk ermöglichen sollte.
       
       Der Konflikt mit Universal Music um die zeitweilige [2][Sperrung eines
       Promo-Videos auf Youtube] ließ Dotcom wie den David aussehen, der den
       Musikindustrie-Goliath in die Knie zwingen könnte. Dotcom spielt bei allem
       geschickt auf der emotionalen Klaviatur einer Netzgemeinde, die nur zu
       gerne an diesen Kampf zwischen Gut und Böse glauben möchte, und nicht
       zuletzt daran, dass das Gute siegt.
       
       Auf der [3][Nachrichtenseite Torrentfreak] inszeniert sich Kim Dotcom als
       Gallionsfigur im Kampf gegen die geplanten US-Gesetze SOPA und PIPA. Seine
       "Kriegskasse" sei gefüllt, um Megaupload müsse man sich keine Sorgen
       machen.
       
       ## Eine halbe Milliarde Dollar Schaden?
       
       Seit Donnerstag hat sich das Blatt auf dramatische Weise gewendet. Aus dem
       millionenschweren Startup-Unternehmer ist ein Beschuldigter in einem der
       größtmöglichen Urheberrechtskonflikte der Welt geworden. In einem
       neuseeländischen Gefängnis bleibt Kim Dotcom derzeit nichts anderes übrig,
       als darauf zu hoffen, dass seine Anwälte die Auslieferung an die USA
       verhindern können.
       
       Dort droht ihm angesichts [4][der vorgebrachten Beschuldigungen] eine
       langjährige Haftstrafe wegen systematischer Urheberrechtsverletzungen,
       Geldwäsche und der Bildung einer international operierenden kriminellen
       Vereinigung. Seit rund fünf Jahren, so der Vorwurf, zeichnen Megaupload und
       verbundene Webseiten für die illegale Bereitstellung von geistigem Eigentum
       im Wert von einer halben Milliarde Dollar verantwortlich.
       
       Diese an sich schon kriminelle Tätigkeit soll über Werbeeinnahmen und den
       Verkauf von Premiummitgliedschaften für den Downloadservice weit über 100
       Millionen Dollar in die Kassen des Unternehmens gespült haben. Die klagende
       Partei spricht von einer [5]["Mega-Verschwörung".] 
       
       ## Anonymous schlägt zurück
       
       Die Antwort auf die Verhaftung Dotcoms in Neuseeland auf der Grundlage
       eines Amtshilfeersuchens aus den USA ließ nicht lange auf sich warten. Das
       Netzwerk Anonymous griff die Internetseiten des US-Justizministeriums, die
       der dortigen Rechteverwerter RIAA und MPAA sowie der Universal Music Group
       mit DDoS-Attacken an, die deren Server zum Erliegen brachten. Das gleiche
       Schicksal ereilte in der Nacht zum Freitag auch die Seite des FBI.
       
       Auch wenn es durchaus unterschiedliche Ansichten zur Person Kim Dotcoms
       gibt, die taz selbst befindet sich in einem Rechtstreit mit ihm über
       Darstellungen zu seiner Person, und genauso plausible Kritik am
       selbstgerechten Vorgehen von Anonymous, kann die Verhaftung eines der
       größten mutmaßlichen Anbieters von Downloads jedes erdenklichen
       Datenmaterials gerade zum Zeitpunkt [6][eines für die Rechteinhaber
       bedrohlichen Wendepunktes] in der Debatte um die Freiheit des Internets nur
       als Warnschuss in Richtung aller Anbieter von Streams und Datenclouds
       verstanden werden.
       
       Die Wikipedia mag aus Protest einen Tag lang schwarz tragen - die Macht,
       ganze Serverfarmen einfach zu kassieren und Unternehmen schließen zu
       lassen, liegt weiterhin bei den international operierenden Konzernen der
       Unterhaltungsindustrie.
       
       ## SOPA, PIPA, ACTA
       
       Dass jene Personen und Firmen, die die technischen Voraussetzungen für den
       Datenverkehr schaffen, für seinen konkreten Inhalt, also auch die
       Verbreitung illegaler Inhalte durch seine Nutzer, verantwortlich gemacht
       werden sollen, ist der angestrebte Paradigmenwechsel in den gerade
       verhandelten Gesetzesinitiativen SOPA und PIPA in den USA und ACTA in
       Europa.
       
       Der Zugriff auf Dotcom und Megaupload ist die flankierende Drohgebärde
       einer ökonomischen Weltmacht, der es ernst ist und die auf die neuen
       Gesetze anscheinend nicht allzu dringend angewiesen ist, um ihre Interessen
       international durchzusetzen. [7][Die sukzessive Abschaltung des
       Musikstreamingdienstes Grooveshark] und der [8][Kampf des Betreibers des in
       rechtlicher Grauzone operierenden Filmstreamers TVShack] gegen seine
       Auslieferung aus Großbritannien wirken vor diesem Hintergrund keineswegs
       zufällig.
       
       Der Kampf um die Kontrolle über den einstmals so anarchischen
       Kommunikationsraum Internet wird in aller Härte geführt und die Sieger
       stehen keineswegs fest. Das vitale Interesse von, im Vergleich zu
       Megaupload, unbestritten legal operierenden Firmen wie Google, Twitter und
       Facebook ist eine möglichst große Freiheit des Datenverkehrs. Kaum eine
       Träne wird dort über Kim Dotcom und seinesgleichen vergossen werden, die
       Unnachgiebigkeit der Strafverfolgung und der Versuch, legislativ in die
       jeweiligen Geschäftsmodelle einzugreifen, dürfte die Internetgrößen jedoch
       besorgt aufhorchen lassen.
       
       Die ohnmächtigen Schläge Anonymous' mit ihrem Motto "Wir vergeben niemals.
       Wir vergessen niemals" passen sich gut ein in den romantischen Narrativ der
       Geschichte des David gegen Goliath. Um die Debatte ums freie Netz aber in
       eine grundsätzlich andere Richtung zu bewegen, wird es wohl des Eingreifens
       der großen Internetfirmen bedürfen, die auf die Parteinahme für eine, im
       besten Falle, zwielichtige Gestalt wie Kim Dotcom verzichten können.
       
       Wenn ihn die Anklageschrift korrekt zitiert, schwärzte er zur Bestätigung
       seiner Legitimität andere Filesharing-Hoster bei Geschäftspartnern und vor
       Gerichten an - wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen.
       
       20 Jan 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://torrentfreak.com/court-order-blocks-bittorrent-megaupload-and-more-111227/
 (DIR) [2] http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,804186,00.html
 (DIR) [3] http://torrentfreak.com/from-rogue-to-vogue-megaupload-and-kim-dotcom-111218/
 (DIR) [4] http://www.scribd.com/doc/78786408/Mega-Indictment
 (DIR) [5] http://www.sueddeutsche.de/digital/megaupload-rapidshare-und-co-wie-filehoster-die-musikindustrie-alt-aussehen-lassen-1.1238434
 (DIR) [6] /Protest-gegen-SOPA/!85939/
 (DIR) [7] http://www.zeit.de/kultur/musik/2012-01/grooveshark-ende-deutschland
 (DIR) [8] http://www.guardian.co.uk/law/2012/jan/13/tvshack-student-founder-extradition
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Kretschmar
       
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