# taz.de -- Krieg im Osten der DR Kongo: Die Banyamulenge, Kongos übersehene Kriegsopfer
       
       > Burundis Armee hält in der DR Kongo eine „humanitäre Blockade“ des
       > Siedlungsgebietes der Banyamulenge-Tutsi aufrecht. Deren Vertreter
       > schlagen Alarm.
       
 (IMG) Bild: Schwer zugänglich, leicht zu belagern: Banyamulenge-Dörfer im Mulenge-Hochland in Süd-Kivu im Osten der DR Kongo
       
       Ein Stück Seife kostet 6 US-Dollar. Ein Kilo Salz: 8 US-Dollar. Ein
       25-Kilo-Sack Maniokmehl: 17 Dollar. Ein Kilo Zucker: 18 Dollar. Zum
       Vergleich: Ein Grundschullehrer im Osten der Demokratischen Republik Kongo
       verdient laut Bildungsministerium etwas über 100 Dollar im Monat.
       
       Die horrenden Preise, sagt Naum Butoto von der Agrargenossenschaft
       [1][Ugeafi (Union des Groupes d’Etudes et d’Actions pour le Développement
       de Fizi-Itombwe)], gelten hinter der ältesten vergessenen Frontlinie im
       Krieg im Osten der DR Kongo: auf dem Hochland um Minembwe in der Provinz
       Süd-Kivu, wo die Banyamulenge-Tutsi leben.
       
       Die nach eigenen Angaben rund 250.000 starke Gemeinschaft von Viehzüchtern
       lebt seit Jahrhunderten auf den Bergen südwestlich der Großstadt Uvira, die
       vor Kurzem [2][an die von Ruanda unterstützte kongolesische Rebellenarmee
       M23 (Bewegung des 23. März) gefallen] ist.
       
       Seit Jahren, so Ugeafi, ist das „Hauts Plateaux“ genannte Hochland, in
       weiten Teilen nur zu Fuß zugänglich, abgeriegelt: Kongos Regierung
       verdächtigt die Banyamulenge-Tutsi, den M23-Rebellen zuzuneigen, die
       ebenfalls von Tutsi geführt werden.
       
       ## Man behauptet, sie seien keine Kongolesen
       
       Seit Jahrzehnten sind die Banyamulenge [3][Objekt von Stigmatisierung].
       Obwohl seit Jahrhunderten auf dem Hochland ansässig – der Name bedeutet
       einfach „die Menschen von Mulenge“ – behaupten Angehörige anderer Ethnien
       Süd-Kivus oft, sie seien keine Kongolesen, sondern Ruander.
       
       Der Grund: sie stehen nicht auf der Kongo-Völkerliste der einstigen
       belgischen Kolonialherren, und sie sprechen die ruandische Sprache. In
       allen Kriegen in diesem Landesteil im 20. Jahrhundert fanden sich
       Banyamulenge und die benachbarten Ethnien der Babembe und Bafuliro auf
       entgegengesetzten Seiten wieder.
       
       So ist es auch jetzt. Milizen aus Bembe- und Fuliro-Jugendlichen, die als
       paramilitärische Truppe unter dem Sammelbegriff [4][„Wazalendo“
       (Patrioten)] mit Kongos Armee gegen die M23 kämpfen, haben in Uvira dieses
       Jahr Jagd auf Tutsi gemacht und deren Vertreibung nach Ruanda gefordert.
       
       In angespannten Zeiten konnten Banyamulenge in Uvira tagelang nicht aus
       ihren Häusern, erzählt Butoto. Im benachbarten Hochland kämpft derweil die
       Banyamulenge-Rebellengruppe Twirwaneho (Verteidigen wir uns) gegen die
       Koalition aus „patriotischen“ Milizen und der Armeen Kongos und Burundis.
       
       Von den 77 bekannten Militärstellungen der [5][burundischen Armee in der DR
       Kongo] befinden sich nach einem Bericht des Banmyamulenge-Politikers Moise
       Nyarugabo vom Oktober allein 60 im Banyamulenge-Hochland.
       
       Burundis Regierung aus ehemaligen Hutu-Rebellen hat unter anderem Angst
       davor, dass burundische Exiltutsi sich dort militärisch organisieren
       könnten. Das Hochland ist strategisch wichtig: der Flughafen Minembwe ist
       für Militärflüge geeignet und diente in der Vergagenheit für
       Waffenlieferungen.
       
       ## Luftangriffe auf Dörfer, abgeriegelte Straßen
       
       Burundi bekämpft die gesamte Tutsi-Zivilbevölkerung der Gegend, so der
       Vorwurf der Banyamulenge-Gruppen. Während Kongos Armee blutige Überfälle
       begeht und Luftangriffe auf Dörfer fliegt, hält Burundis Armee, besser
       organisiert, eine „humanitäre Blockade“ aufrecht, die die Straßen
       abriegelt, die Hochlandbewohner von den Städten fernhält und die Versorgung
       ihrer Märkte verhindert.
       
       408 zerstörte Dörfer, 35 zerstörte Gesundheitszentren, 27 zerstörte
       Schulen, über 450.000 gestohlene Rinder – diese Bilanz der „humanitären
       Blockade“ nennt Butoto. Ein Ugeafi-Lagebericht vom Wochenende dokumentiert
       die jüngsten Vorfälle: Am 4. und 5. Dezember hätten Soldaten aus Burundi im
       Ort Mikalati 87 Banyamulenge-Zivilisten festgesetzt, vier Frauen wurden
       vergewaltigt. „Andere ethnische Gruppen konnten sich frei bewegen“, heißt
       es.
       
       Nyarugabo schreibt in seinem Bericht vom Oktober, Burundis Armee betreibe
       „die Einkesselung“ der Banyamulenge-Siedlungen auf dem Hochland. Burundis
       Armee erklärte im November, Twirwaneho zusammen mit M23 und burundischen
       Rebellen halte die Bevölkerung als „Geisel“ und es gebe „keine Trennung
       zwischen Zivilisten und Kombattanten“.
       
       Twirwaneho hat sich der [6][Rebellenallianz AFC (Allianz des
       Kongo-Flusses)] rund um die M23 angeschlossen, und deren Kontrolle von
       Uvira öffnet tendenziell die Versorgungwege in die Banyamulenge-Gebiete.
       Doch beide Gruppen kämpfen getrennt, und im Gespräch betonen
       Banyamulenge-Vertreter, dass Ruanda und M23 ihre eigenen Interessen
       verfolgen.
       
       Naum Butoto wünscht sich neben einem Ende der „humanitären Blockade“, dass
       Gesprächskanäle zwischen den Banyamulenge und ihren Nachbarvölkern
       wiederhergestellt werden. „Frieden kommt durch Dialog.“
       
       21 Dec 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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