# taz.de -- Innovativer Energieproduzent: Drachenflug in die Pleite
> Das hochverschuldete Hamburger Unternehmen Skysails hat Insolvenz
> angemeldet. Ein herber Rückschlag für die Flugwindenergie. Aber es gibt
> Hoffnung.
(IMG) Bild: Skysails will Flugdrachen nicht nur zur Windstromerzeugung, sondern auch als Schiffsantriebe nutzen: „MS Beluga“ mit Kite-Segel
Der selbsternannte [1][„Weltmarktführer im Bereich Flugwindenergie“] hat
Insolvenz angemeldet. Nach dem entsprechenden Antrag der Firma Skysails
Power GmbH hat das Amtsgericht Hamburg bereits ein vorläufiges
Insolvenzverfahren eröffnet. Auslöser für den Schritt sei gewesen, dass
„die Verhandlungen mit einem Investor und damit die laufende
Finanzierungsrunde nicht rechtzeitig zum Abschluss gekommen“ seien, hieß es
aus dem Unternehmen.
Skysails hat seinen Sitz in Hamburg und beschäftigt aktuell 124
Mitarbeiter. Es verfügt über eine Produktionsstätte in Seevetal in
Niedersachsen und ein Forschungsareal in Klixbüll in Nordfriesland.
Die Technik, die das Unternehmen verkauft, basiert auf einem automatisch
gesteuerten Flugdrachen, der die Zugkraft des Windes nutzt, um per
Seilwinde einen Generator in einer Bodenstation anzutreiben. Wenn das
Zugseil seine maximale Länge erreicht hat, beginnt die Rückholphase: „Der
Drachen wird in eine Position geflogen, in der seine Zugkraft sehr gering
ist“, so die Firma.
Der Generator arbeitet dann als Motor und wickelt das Seil wieder auf, bis
die Länge des Seils kurz genug ist für die nächste Stromerzeugungsphase.
Dieser Rückholprozess benötigt laut Skysails „nur einen Bruchteil der
Energie, die während der Leistungsphase erzeugt wird“.
## Subventionierte Anlage
Für eine entsprechende Forschungsanlage in Klixbüll mit einer Nennleistung
von 100 Kilowatt (Projektname: SkyPower100) hatte das
Bundeswirtschaftsministerium in den Jahren 2018 bis 2022 Fördergelder in
Höhe von 1,73 Millionen Euro bezahlt. Auch die Stadt Hamburg, das Land
Schleswig-Holstein und die Gemeinde Klixbüll gewährten dem Projekt nach
Firmenangaben „Förderung und maßgebliche Unterstützung“. Im
Bundestagswahlkampf 2021 hatte auch [2][Robert Habeck als
Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen die Anlage besucht].
Noch im September hatte sich die Firma optimistisch gezeigt und mitgeteilt,
sie [3][baue ihre strategische Partnerschaft mit der Aisails Power Inc.
aus], einem Tochterunternehmen der taiwanesischen Wistron Corporation.
Gemeinsam wolle man nun „kite-basierte Höhenkraftwerke auf das nächste
Level bringen und künstliche Intelligenz in verschiedenen
Anwendungsbereichen integrieren“.
## Geringer Ressourcenverbrauch
Skysails ist weiterhin von seinem Ansatz überzeugt. Die
[4][Windkraftnutzung mit Flugdrachen habe mehrere Vorteile], so das
Unternehmen: Die Kombination von „fortschrittlichen Materialien, Software
und automatisierten Steuerungssystemen“ reduziere „den Ressourcenverbrauch
um bis zu 90 Prozent“. Auch sei „der landschaftliche Eingriff
vergleichsweise gering“. Die Anlagen könnten „den energiereichen und
konstanten Wind in Höhen von bis zu 400 Metern nutzen“. Damit ergebe sich
„eine sehr stetige Stromproduktion, die es erstmals erlaubt, erneuerbare
Energien in der Grundlastversorgung einzusetzen“.
Das enorme Potenzial des Höhenwindes sieht auch [5][Claus Hartmann],
Professor für Nachhaltige Energieversorgung an der Hochschule Flensburg.
Gleichwohl muss er konstatieren, dass es in der Praxis noch nirgendwo
gelungen sei, diese Energie in relevantem Maße zu nutzen: „Alle Projekte
dieser Art vereint bisher die Erfolglosigkeit.“
Ob sich das eines Tages ändern könnte? Der Verband der europäischen
Flugwindenergieindustrie Airborne Wind Europe äußerte sich auf die Anfrage
der taz zur Situation in der Branche nicht. Optimistisch zeigt sich
unterdessen [6][Roland Schmehl], Ingenieur und Professor an der Fakultät
für Luft- und Raumfahrttechnik der Technischen Universität Delft: „Ein
grundsätzliches Problem mit der Flugwindenergie sehe ich nicht.“ Im
Gegenteil, es gebe „positive Rückmeldungen aus der Markteinführung der
Technologien“. Schmehl kennt die Branche sehr gut: Im Jahr 2016 war er
Mitbegründer der [7][Flugwindkraft-Firma Kitepower], einer Ausgründung der
TU Delft.
Bei Skysails häuften sich indes Verluste an. Allein das Jahr 2023 brachte
ein Minus von 8,5 Millionen Euro, der Verlustvortrag hatte sich zu dieser
Zeit bereits auf 29,6 Millionen Euro summiert. Dass die Firma nach eigenen
Angaben nun im November 2025 über Aufträge mit einem „zweistelligen
Millionenbetrag“ verfügte, konnte sie nicht vor dem Gang zum
Insolvenzgericht bewahren. So liegt die Zukunft des Unternehmens jetzt in
den Händen eines vorläufigen Insolvenzverwalters, des Hamburger
Rechtsanwalts Tjark Thies. Die Firma hofft auf einen Neuanfang nach der
Insolvenz und benennt nach wie vor große Ziele: Sie wolle „den Höhenwind
als größte erneuerbare Energiequelle nutzbar machen“.
21 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Winkdkraftanlage-in-800-Metern-Hoehe/!6074462
(DIR) [2] /Wahlkampf-2021/!5782522
(DIR) [3] https://skysails-power.com/de/skysails-and-aisails-deepen-partnership/
(DIR) [4] /Ingenieur-ueber-Windantrieb-fuer-Schiffe/!5782831
(DIR) [5] https://claushartmann.de/ueber-mich/
(DIR) [6] https://www.tudelft.nl/en/staff/r.schmehl/
(DIR) [7] https://thekitepower.com/
## AUTOREN
(DIR) Bernward Janzing
## TAGS
(DIR) Nachhaltigkeit
(DIR) Erneuerbare Energien
(DIR) Windkraft
(DIR) Windkraft
(DIR) Energiewende
(DIR) Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Windkraftprojekt in Hessen: Gegenwind im Märchenland
In Hessen soll ein Windpark ausgerechnet in „Grimms Märchenwald“ entstehen.
Noch bevor sich die Rotoren drehen, geraten Weltbilder ins Wanken.
(DIR) Genehmigung für Testbetrieb ausgelaufen: Fliegendes Kraftwerk muss am Boden bleiben
In Schleswig-Holstein wird ausprobiert, wie sich mit einem Flugdrachen
Strom erzeugen lässt. Doch jetzt ist die Genehmigung dafür ausgelaufen.
(DIR) Ingenieur über Windantrieb für Schiffe: „Die Systeme funktionieren gut“
Der Hamburger Ingenieur Stephan Wrage hat einen Zugdrachen für Schiffe
entwickelt – und mit derselben Technologie auch noch ein Windkraftwerk.