# taz.de -- Wirtschaftsbeziehungen mit Südamerika: Mercosur-Abkommen geplatzt
       
       > Das Handelsabkommen sollte am Samstag unterzeichnet werden. Daraus wird
       > nun nichts. Von der Leyen peilt den nächsten Versuch für Januar an.
       
 (IMG) Bild: „Durchbruch erzielt“ – und nichts unterschrieben: EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen
       
       afp | Das EU-Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten
       kommt frühestens im Januar. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
       verschob die Unterzeichnung nach Angaben ihrer Sprecherin beim EU-Gipfel am
       Donnerstag auf das kommende Jahr. Die EU und Brasilien planen einen Termin
       Anfang oder Mitte Januar, das Datum steht noch nicht fest. Von der Leyen
       und die Bundesregierung zeigten sich optimistisch, dass der Abschluss dann
       gelingt.
       
       Von der Leyen wollte das [1][Freihandelsabkommen der EU mit den
       Mercosur-Staaten] Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay eigentlich
       am Samstag bei einem Gipfeltreffen in Brasilien unterzeichnen. Sie braucht
       dafür jedoch grünes Licht aus dem Rat der 27 EU-Länder, wo sich eine
       Sperrminorität aus Frankreich, Italien, Polen und Ungarn abzeichnet.
       
       Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hatte sich am Donnerstag
       bereit gezeigt, [2][der EU deshalb weitere Bedenkzeit einzuräumen]. Die
       rechte italienische Regierungschefin Giorgia Meloni habe ihn um „eine
       Woche, zehn Tage, maximal einen Monat“ Bedenkzeit gebeten, danach sei
       Italien zu einer Unterzeichnung bereit, sagte Lula vor Journalisten. Lula
       gab die Bitte nach eigenen Angaben an die drei anderen Mercosur-Länder
       weiter.
       
       Italiens Stimme gilt als entscheidend, weil die anderen Staaten ihre
       Meinung kaum ändern dürften. Meloni lehnt das Abkommen nicht kategorisch
       ab, hatte einer Unterzeichnung noch in dieser Woche aber eine Absage
       erteilt. Die italienische Regierung sei „bereit, das Abkommen zu
       unterzeichnen, sobald die Landwirte die notwendigen Antworten bekommen“,
       teilte ihr Büro am Donnerstag mit. Diese könnten „in kurzer Zeit festgelegt
       werden“.
       
       ## Zweckoptimismus allerorten
       
       Die Bundesregierung rechnet damit, dass Meloni zeitnah einlenkt. „Das wird
       zwar jetzt nicht mehr in diesem Jahr abgeschlossen, aber dafür scheint es
       ziemlich sicher zu sein, dass es kommt“, hieß es aus Regierungskreisen.
       Mitte Januar solle das Abkommen „über die Hürden kommen“.
       
       Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte beim Gipfel in Brüssel auf einen
       raschen Abschluss gedrungen, ebenso Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez
       und sein portugiesischer Amtskollege Luís Montenegro.
       
       EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zeigte sich optimistisch mit Blick
       auf einen möglichen Abschluss im Januar. „Heute Abend haben wir einen
       Durchbruch erzielt, der den Weg für einen erfolgreichen Abschluss des
       Mercosur-Abkommens im Januar ebnet“, sagte sie. „Ich bin zuversichtlich,
       dass wir die erforderliche Mehrheit haben.“
       
       Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dessen Land strikt gegen das
       Abkommen in seiner jetzigen Form ist, wollte sich in der Nacht zum Freitag
       nicht festlegen, ob Paris im Januar doch zustimmen könnte. Es sei noch zu
       früh, das zu sagen, sagte Macron. Es seien noch grundlegende Änderungen
       nötig. Eine breite Mehrheit in der französischen Bevölkerung und der
       Politik lehnt die Vereinbarung vehement ab.
       
       ## Proteste in Brüssel
       
       Um auf die Bedenken einzugehen, hatten Vertreter aus dem Europaparlament
       und dem Rat der 27 EU-Länder bereits am Mittwochabend eine Zusatzregelung
       vereinbart. Steigen die Einfuhren von Produkten aus den Mercosur-Staaten
       stark an und drücken in der EU die Preise, kann die EU-Kommission die Zölle
       wieder einführen. Frankreich und Italien reichten diese Zusagen aber nicht
       aus.
       
       In Brüssel demonstrierten tausende Landwirte gegen das Abkommen. [3][Die
       Polizei sprach von rund 7.300 Protestierenden und knapp tausend Traktoren],
       die über die Stadt verteilt Straßen blockierten. Der Demonstrationszug
       verlief weitgehend friedlich. AFP-Reporter beobachteten jedoch, wie eine
       Gruppe Demonstranten am Rande der Proteste Autoreifen anzündete und mit
       Kartoffeln warf. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.
       
       Die deutsche Wirtschaft fordert seit langer Zeit einen Abschluss des
       Abkommens, das vor allem für die Auto- und Chemieindustrie wichtig ist. Der
       Präsident des Chemieverbands VCI, Wolfgang Große Entrup, zeigte sich
       angesichts der Verschiebung frustriert. „Dass sich die scheinbar endlose
       Hängepartie fortsetzt, ist kein gutes Zeichen“, erklärte er und forderte
       eine rasche Unterzeichnung im kommenden Jahr.
       
       Das Mercosur-Abkommen soll die Zölle auf 91 Prozent aller zwischen der EU
       und dem Mercosur gehandelten Waren abschaffen. Nach Berechnungen der
       EU-Kommission könnten die jährlichen EU-Exporte nach Südamerika so um bis
       zu 39 Prozent wachsen. Während die Europäer unter anderem Autos und
       chemische Produkte über den Atlantik exportieren, liefern die
       Mercosur-Länder hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe.
       
       19 Dec 2025
       
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