# taz.de -- Mieses Wahlergebnis beim CSU-Parteitag: Watschn für Söder
> Bei seiner Wiederwahl zum CSU-Chef ist Markus Söder mit einem denkbar
> schlechten Ergebnis abgestraft worden. Jetzt rätselt die Partei: Wofür
> genau?
(IMG) Bild: Der Parteichef auf dem Parteitag: Hat sich in der CSU eine „gewisse Söder-Müdigkeit“ eingeschlichen?
Es ist Freitagabend, kurz vor halb sieben, als Joachim Herrmann die
Nachricht verkündet, die an diesem Tag niemand erwartet hätte. In München
begehen die Christsozialen gerade ihren Parteitag, den „Höhepunkt des
Jahres“, als den ihn Parteichef Söder kurz zuvor bezeichnet hat. „Ich kann
Ihnen das Ergebnis der Wahl unseres Parteivorsitzenden bekanntgeben“, sagt
nun Herrmann, der bayerische Innenminister, der die Wahl beaufsichtigt. Von
635 gültigen Stimmen habe CSU-Chef 530 bekommen, 104 Delegierte hätten
gegen ihn gestimmt, neun ungültige Wahlzettel abgegeben. Damit sei Söder
mit 83,6 Prozent wiedergewählt worden.
Die Frage, ob Söder die Wahl annehme, und dessen Antwort („Ja, ja, ich
danke für das Vertrauen“) geht in der allgemeinen Verwunderung fast unter.
83,6 Prozent? Gut, dass es nicht unbedingt wieder 96,6 Prozent werden
würden wie bei der letzten Wahl vor zwei Jahren, war den meisten schon
vorher klar. Aber unter 90 Prozent? Das galt allgemein als eher
unwahrscheinlich. 83,6 Prozent – ein schlechteres Ergebnis hatte seit 1951
kein Parteivorsitzender mehr bei einer Wahl ohne Gegenkandidaten erhalten.
Damals war Hans Ehard mit 79,1 Prozent gewählt worden. Selbst Horst
Seehofer bekam bei seiner letzten Wahl 2017 noch 0,1 Prozentpunkte mehr.
Dass danach bei der Wahl seiner Stellvertreter sein Widersacher Manfred
Weber auf satte 93,7 Prozent der Stimmen kommt, wird Söders Stimmung an
diesem Abend auch nicht heben.
So viel also zur „legendären Geschlossenheit“ der CSU, die zuletzt wieder
oft beschworen worden war. Sollte schon die CSU sich im Inneren nicht mehr
einig sein, um wie viel schwerer, so der Gedanke, würde es sein, ein
einigermaßen geschlossenes Bild innerhalb der Union oder gar der
Bundesregierung abzugeben?
## „Wir könnten ohne Deutschland“
Auch seine Rede hat Söder zuvor noch damit begonnen: Als die geschlossenste
Partei in Deutschland werde die CSU wahrgenommen, sagte er und setzt zu dem
allseits bekannten Loblied an: Man habe alles durchgesetzt, [1][was man
sich vorgenommen habe]. In Berlin und München. „Wir haben geliefert.“ Wir –
das heißt bei Söder in allererster Linie immer auch: Ich.
Es ist eine eher uninspirierte, aus altbekannten Versatzstücken
zusammengesetzte, wenn auch leidlich leidenschaftlich vorgetragene Rede,
ein Rundumschlag durch alle Politikfelder. Da geht es um die Ukraine,
darum, dass eine Kapitulation, „ein zweites Münchner Abkommen“, nicht zum
Frieden führen werden, dass es zur bitteren Wahrheit gehöre, dass die
Europäer in dem Konflikt Zaungäste seien, und dass sein persönliches
Urvertrauen in die USA erschüttert sei. Aber: Gäbe es Friedrich Merz nicht,
so Söder, hätte Europa gar keine Stimme.
Natürlich geht es auch um die AfD („Wir dürfen keine Steigbügelhalter
werden, wir dürfen die Fehler von Weimar nicht wiederholen.“) und darum,
wie aufgeschmissen Deutschland ohne Bayern, die siebtgrößte Volkswirtschaft
in Europa, wäre. „Wir könnten ohne Deutschland, aber Deutschland wäre
restlos pleite und hilflos ohne uns.“ Zum Separatismus scheint es nur noch
ein kleiner Schritt zu sein. Aber es ist Methode bei Söder, dass er es
immer ein bisschen offenlässt, wie ernst er etwas meint.
Sein thematischer Parforceritt führt Söder [2][auch durchs Stadtbild]
(„Friedrich Merz hat Recht“), den Rückgang der Asylbewerberzahlen, den er
gewagterweise den beiden CSU-Innenministern [3][Alexander Dobrindt] und
Joachim Herrmann anrechnet, das Bürgergeld, das man abschaffen werde, die
Erbschaftssteuer, die eine reine Neidsteuer sei, und die zwei Nobelpreise,
die nach Bayern gegangen seien, seit er Ministerpräsident sei. Und klar,
der Länderfinanzausgleich bleibt nicht unerwähnt. Von den Milliarden, die
Bayern hier schon eingezahlt habe, rechnet Söder vor, hätte man jedem
Menschen auf der Erde eine Maß Oktoberfestbier spendieren können. Bisweilen
reiht er auch einfach mal ein paar besonders hohle Phrasen aneinander:
„Ohne Fleiß kein Preis. Von nix kommt nix. Die Konkurrenz schläft nicht.“
Der Applaus ist freundlich, und als Söder am Ende „Gott schütze die CSU!“
in den Saal ruft, stehen die Delegierten dazu auf.
## Tiktok statt Landtag
Was also war passiert, dass jeder sechste Delegierte dem Chef die
Gefolgschaft verweigerte? Klar, auch in der CSU gibt es immer wieder
Grummeln und Kopfschütteln über den eigenwilligen Regierungsstil des
bayerischen Ministerpräsidenten, der sich beispielsweise lieber [4][in
vermeintlich sozialen Medien herumtreibt] als im Landtag. Sogar in der CSU
gibt es Leute, die finden, man könne Tiere auch weniger
öffentlichkeitswirksam streicheln oder verspeisen und müsse neben einem
politischen Vollzeitjob nicht auch noch eine Karriere als Sänger anstreben.
Dazu kommt: Auch in bayernweiten Umfragen hat die Partei zuletzt an
Beliebtheit eingebüßt. Zum ersten Mal seit der Landtagswahl im Herbst 2023
sackte sie bei Sonntagsfragen zur Landtagswahl wieder unter 40 Prozent ab.
Fakt ist allerdings auch: Selten saß ein CSU-Chef der nun schon fast
40-jährigen Post-Strauß-Ära so fest im Sattel wie Markus Söder. Was
freilich nicht nur an seiner Leistung als Parteichef und Ministerpräsident
liegt, sondern auch an seinem Talent, keinem in der Partei die nötige Bühne
zu gewähren, um sich als Nachwuchshoffnung in Stellung zu bringen. Hätte
Söder einen im Nacken, wie er einst Seehofer im Nacken saß, so eine
verbreitete Theorie unter CSU-Beobachtern, hätte er ein großes Problem.
Die Nachrichtenagentur dpa konstatierte vor dem Parteitag sogar schon eine
„gewisse Söder-Müdigkeit“ und zitierte ein Vorstandsmitglied der Partei:
Söder sei zwar als CSU-Chef und Ministerpräsident unumstritten, aber: „Eine
gewisse Abnutzung ist dennoch vorhanden.“
Nachdem Markus Söder die Wahl angenommen hat, sagt Joachim Herrmann:
„Herzlichen Glückwunsch noch mal. Alles Gute!“ Es klingt fast wie ein
Abschied.
13 Dec 2025
## LINKS
(DIR) [1] /Die-CSU-und-der-Koalitionsvertrag/!6077864
(DIR) [2] /Merz-Aeusserung-zum-Stadtbild/!6116817
(DIR) [3] /Dobrindt-als-Bundesinnenminister/!6085237
(DIR) [4] /Politik-und-Showbiz/!6114953
## AUTOREN
(DIR) Dominik Baur
## TAGS
(DIR) Markus Söder
(DIR) CSU-Parteitag
(DIR) CSU
(DIR) GNS
(DIR) Reden wir darüber
(DIR) Social-Auswahl
(DIR) Energiewende in Gefahr
(DIR) Rente
(DIR) Online-Petition
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Merz auf dem CSU-Parteitag: Zumindest einer wird gefeiert
Der Parteitag der CSU gerät zu einer Schlappe für Markus Söder. Umso wärmer
fällt dafür der Empfang für Friedrich Merz aus.
(DIR) Schwarz-roter Koalitionsausschuss: Künftige Heizungspolitik weiter unklar
Union und SPD können sich nicht einmal auf die Grundzüge ihrer künftigen
Heizungspolitik einigen. Erst Ende Januar sollen „Eckpunkte“ kommen.
(DIR) Ergebnis des Koalitionsausschusses: Eine Frage des Vertrauens
Das Rentenpaket soll so kommen, wie im Kabinett beschlossen. Einige
Zugeständnisse an die Jungen in der Union gibt es. Aber reichen ihnen
diese?
(DIR) Abschaffung des Kinderstartgelds: Söder verdirbt sich’s mit den Familien
Hunderttausende protestieren in Petitionen gegen Markus Söders Sparpolitik.
Doch der bayerische Ministerpräsident findet: Hauptsache, keine Schulden.