# taz.de -- Generationenkonflikt: Die Boomer, die Jugend und das crazy Kopfschütteln
       
       > Junge Menschen kleiden sich anders, verwenden eigene Sprache und ecken
       > damit an. Dabei könnt ihr, liebe Boomer, ganz schön viel von uns lernen.
       
 (IMG) Bild: Alles ist auf einmal anders. Das versteht ihr doch, oder?
       
       Dieses Geschminke, dieses Leopardenmuster und diese klobigen Winterschuhe.
       Dann noch so vulgäre Worte wie [1][Fotze]. Können die alle nicht mal besser
       ein Buch lesen? So und ähnlich klingt es, wenn sich Boomer über Jüngere
       aufregen. Also auch über mich, ich bin 20, und möchte euch, liebe Boomer,
       gern sagen, dass die klobigen Ugg Boots heißen. Ich möchte euch auch gern
       sagen, dass wir genauso wie ihr Bücher lesen und uns mit der Welt
       beschäftigen – trotz Leo, Schminke, Jugendslang, Anglizismen.
       
       Nur weil sich junge Menschen anders kleiden und eine andere Sprache
       verwenden, der die Boomer nicht folgen können, Tabus brechen oder durch
       Glitzer und Glamour auffallen, haben sie in euren
       Boomer-Intellektuellenkreisen nichts zu sagen. Ein klassischer Fall von
       Vorurteil, Schubladendenken und Oberflächlichkeiten.
       
       Denn auch jemand mit fünf Zentimeter langen Glitzernägeln oder dem
       Strasssteinschriftzug „juicy“ auf dem Jeanshintern, kann
       Literaturwissenschaften studiert oder Karl Marx verschlungen haben. Nur am
       Rande bemerkt: Das hat viel mehr Feuer als so ein Deuter-Rucksack und eure
       orthopädischen Boomer-Sandalen. Aber das ist ja sowieso eine
       Geschmacksfrage.
       
       Dabei können wir doch voneinander profitieren: Mit mehr „Rede“
       (Jugendwort), Glitzer und Glamour wird es nicht nur belebter und frischer
       bei euch, liebe Boomer, es wird jeder Person zugehört, egal ob jung oder
       alt, Buch gelesen oder nicht. Und wir können uns im Gegenzug von euch zum
       tausendsten Mal erklären lassen, wie das damals war, als die Mauer fiel.
       Und das sogar mit Strasssteinnageldesign oder Handyklapphülle. Ist doch
       wumpe.
       
       Und auch das können Oma und Opa von uns lernen: Vulven behandeln wir im
       Bio-Unterricht, die hohen Umfragewerte der AfD beschreiben wir als „[2][das
       crazy]“ und meinen damit, dass wir uns darüber ebenso aufregen wie viele
       von euch. Dass die erfolgreichste deutsche Musikerin Männer auf der Bühne
       in Käfige sperrt, „slay“.
       
       Ja, alles ist auf einmal anders. Das versteht ihr doch, oder? Ihr habt
       früher schließlich auch Häuser besetzt und euch für den Frieden lange Haare
       wachsen lassen. Der Spieß wird nun umgedreht: Ihr könnt jetzt einiges von
       uns, euren Enkel*innen, lernen. Nicht nur, wie mit der ganzen Familie auf
       dem Smartphone gechattet wird. Das ist ja wohl „[3][bare minimum“].
       
       27 Dec 2025
       
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