# taz.de -- 2.810 Verkehrstote in 2025: Nächsten Frühling bitte einmal tauschen
       
       > Die Zahl der Toten und Verletzten im Verkehr bleibt hoch, eine neue
       > Verkehrspolitik bleibt aus. Vielleicht hilft ein kleiner
       > Perspektivwechsel.
       
 (IMG) Bild: Bei einem schweren Verkehrsunfall wird die 41-jährige Frau und ihr vierjähriger Sohn überfahren
       
       Welche Risiken eine Gesellschaft in Kauf zu nehmen bereit ist, sagt immer
       auch etwas über die dort herrschenden Machtverhältnisse aus. Denn –
       Achtung, jetzt wird es fies – es wiegen ja nicht alle Toten und Verletzten
       gleich schwer. Es wiegen solche schwerer, deren Tod oder Verletzung
       überwiegend als „nicht hinnehmbar“ oder als „unerträglich“ aufgefasst
       werden. 2.810 Tote im Straßenverkehr und 370.000 Verletzte, die sind
       hinnehmbar.
       
       Dass die Zahlen seit einigen Jahren stagnieren, wird offenbar schon als
       Erfolg gewertet, [1][denn etwa in Berlin werden Maßnahmen, die den Verkehr
       sicherer machten, wieder zurückgeschraubt]. Anderes und andere sind
       wichtiger. Wer aber dominiert den Diskurs darüber, welche Opfer
       notgedrungen hinzunehmen sind – und welche keinesfalls? Wer gewinnt in den
       politischen Aushandlungsprozessen, in denen Einschränkungen und Verbote
       beschlossen werden, die Risiken minimieren? Und wessen Perspektive setzt
       sich durch, wenn wir unsere Lebensräume gestalten?
       
       Um mit der letzten Frage zu beginnen: Nicht die der Kinder, nicht die der
       Hochbetagten, nicht die der Flaneurinnen, Fußgänger, Radlerinnen,
       Rollerfahrer, nicht die der Armen, die sich kein Auto leisten können. Das
       ist so empörend wie unverständlich, weil doch fast jeder und jede einmal in
       deren Strümpfen steckte oder stecken wird. Männer, die morgens mit ihrem
       Auto durchs Wohnviertel zur Arbeit brausen, sind Väter und Söhne, nur so
       als Beispiel.
       
       Damit auf deutschen Straßen also nicht mehr jährlich 2.810 Menschen sterben
       und 370.000 verletzt werden, [2][wären Perspektivwechsel nötig, andere
       Mehrheiten in den Parlamenten, eine Diskursverschiebung]. Doch das wird es
       alles absehbar nicht geben. Vielleicht wäre es ein Anfang, nächstes Jahr
       einmal zu tauschen, an einem schönen Tag im Frühling: Alle, die sonst Auto
       fahren, spazieren oder radeln dahin, wohin sie wollen. Und in ihr Auto
       steigen dann alle, deren Beine ans Gaspedal reichen oder deren Rollator in
       den Kofferraum passt. Kleinere Blechschäden werden hingenommen.
       
       9 Dec 2025
       
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