# taz.de -- Schritt zur Energiewende: Startschuss für zwei Wasserststoff-Fabriken
       
       > In Norddeutschland beginnt der Bau großer Elektrolyseure. Diese Anlagen
       > können ein Problem der Energiewende lösen: überschüssigen Strom
       > speichern.
       
 (IMG) Bild: Ein Industriemechaniker kontrolliert einen Stack, aus denen Elektrolyseure zusammengesetzt sind
       
       Die Energiewende in Norddeutschland kommt in diesen Tagen einen großen
       Schritt voran. Am Montag wird in Hamburg der Grundstein eines
       100-Megawatt(MW)-Elektrolyseurs zur Wasserstoffherstellung gelegt. Bereits
       am Freitag hatte der Oldenburger Energieversorger EWE den Baustart für eine
       noch größere Anlage mit 280 MW verkündet. [1][Laut dem Wasserstoff-Kompass]
       sind in ganz Europa derzeit 230 MW in Betrieb und bis dato sind 470 solcher
       Anlagen im Bau.
       
       Zu der Grundsteinlegung in Hamburg haben sich sowohl der Erste
       Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) als auch die Zweite Bürgermeisterin
       Katharina Fegebank (Grüne) angekündigt. Der Elektrolyseur ist das Kernstück
       des in Bau befindlichen „Hamburg Green Hydrogen Hub“, der Hamburg zu einer
       Drehscheibe der Wasserstoffversorgung machen soll.
       
       Ähnliches plant EWE unter dem Titel „Clean Hydrogene Coastline –
       Elektrolyse Ostfriesland“. Allerdings beschränkte sich der zu 74 Prozent
       kommunale Versorger auf eine Pressemitteilung zur Vergabe des Auftrags für
       die Hoch- und Tiefbauarbeiten. Damit liegen die Oldenburger im Zeitplan
       deutlich hinter den Hamburgern. Ende 2027 wollen sie die ersten Kunden
       beliefern, die Hamburger ab dem ersten Halbjahr 2027.
       
       Wasserstoff ist der zentrale Energieträger der Energiewende. Er soll zum
       einen dazu dienen, überschüssigen Wind- und Sonnenstrom zu speichern. Heute
       müssen namentlich Windkraftanlagen oft abgeriegelt werden, weil der Strom,
       den sie erzeugen, gerade nicht verbraucht werden kann.
       
       ## Wasserstoff macht Stahlherstellung grün
       
       Zum anderen soll Wasserstoff fossile Energieträger wie Erdgas und Erdöl
       ersetzen. Flugzeuge oder große Schiffe sind mit Strom schwierig zu
       betreiben. Bei der Zement-, der Stahlherstellung und der chemischen
       Industrie dient der Wasserstoff als Ersatzrohstoff, um die
       Produktionsprozesse klimaneutral zu machen. Bei der Stahlherstellung etwa
       wird dem Eisen mit Wasserstoff statt mit Kohle der Sauerstoff entzogen.
       
       In Hamburg entsteht die Drehscheibe für grünen Wasserstoff sinnigerweise
       auf dem Gelände des ehemaligen Kohlekraftwerks [2][Moorburg, das nach nur
       wenigen Jahren Betriebszeit stillgelegt] wurde. Gebaut wird der Hub von der
       Projektentwicklungsfirma Luxcara zusammen mit den Hamburger Energiewerken,
       die nach einem Volksentscheid 2013 vom Senat wieder zurückgekauft werden
       mussten.
       
       ## Günstiger Standort
       
       Dabei bietet der Standort Moorburg eine Reihe von Vorteilen: Ein Teil der
       ehemaligen Kraftwerksinfrastruktur soll genutzt werden. Vor Ort gibt es ein
       380-KV-Höchstspannungsnetz, an das der Elektrolyseur angeschlossen werden
       kann, um mit Strom aus den Offshore-Windkraftanlagen der Nordsee Wasser in
       Sauerstoff und Wasserstoff zu spalten.
       
       Das Gelände liegt am seeschifftiefen Wasser, sodass hier auch Tanker mit
       günstigem Wasserstoff aus Übersee anlegen können. Und es gibt im Hamburger
       Süden eine Reihe von [3][Industriebetrieben, die den Wasserstoff abnehmen]
       könnten. Interesse angemeldet haben etwa der Tesa-Hersteller Beiersdorf,
       der Flugzeugbauer Airbus und das Stahlwerk von Arcelor Mittal.
       
       Die [4][280 Millionen Euro Fördergeld, die der damalige Wirtschaftsminister
       Robert Habeck (Grüne)] vor gut einem Jahr mitbrachte, sind deshalb nicht
       nur für den Hub, sondern auch für ein lokales Verteilnetz – das Hamburger
       Wasserstoff-Industrienetz (HH-Win) – vorgesehen, an dem schon kräftig
       gebaut wird: 40 Kilometer bis 2027, 60 Kilometer bis spätestens 2032 sollen
       es werden.
       
       Dieses lokale Netz ist inzwischen auch Teil des bundesweiten
       Wasserstoff-Kernnetzes. „Unsere Industriebetriebe können damit
       unkompliziert Wasserstoff beziehen und ihre CO2-Emissionen senken“,
       kommentiert Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) diese
       Zusage.
       
       Leonhard zufolge profitieren die Hamburger Unternehmen durch die Aufnahme
       ins Kernnetz von einem bundesweit einheitlichen Netzentgelt. Dieses
       [5][Netz-Hochlaufentgelt soll dafür sorgen], dass die anfänglich hohen
       Investitionskosten nicht allein von den ersten Nutzern getragen werden
       müssen, sondern auf künftige Nutzer umverteilt werden.
       
       „Der Hochlauf gelingt nur, wenn Regulierung und Förderung zielgerichtet
       weiterentwickelt werden“, warnte der EWE-Vorstandsvorsitzende Stefan
       Dohler. Dazu müssten die EU-Regeln, was als erneuerbarer Wasserstoff gelten
       könne, so angepasst werden, das Elektrolyseurer flexibler und damit
       wirtschaftlicher betrieben werden könnten. Zudem bräuchten die Anlagen
       günstige Strompreise und eine verlässliche Nachfrage, etwa durch Quoten für
       grüne Industrieprodukte.
       
       [6][EWE baut in Ostfriesland] neben dem Elektrolyseur ebenfalls eine
       Pipeline-Infrastruktur mit Anschluss ans europäische Wasserstoffnetz sowie
       einen Kavernenspeicher in Huntorf. Dazu soll einer von sieben großen
       unterirdischen Hohlräumen, in denen bisher Erdgas gespeichert wird, auf
       Wasserstoff umgerüstet werden.
       
       Den Nachweis, dass Wasserstoff in Salzkavernen gelagert und mit hoher
       Reinheit wieder extrahiert werden kann, habe EWE im Rahmen eines
       Forschungsvorhabens in Rüdersdorf bei Berlin bereits erbracht, teilt das
       Unternehmen mit.
       
       30 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.wasserstoff-kompass.de/elektrolyse-monitor
 (DIR) [2] /Hamburger-Kraftwerk-Moorburg-vom-Netz/!5780746
 (DIR) [3] /DGB-Studie-zur-Energiewende/!6111481
 (DIR) [4] /Wasserstoff-statt-Kohlekraft-in-Hamburg/!6028312
 (DIR) [5] https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/20250714_Hochlauf.html
 (DIR) [6] /Wasserstoff-statt-Kohlekraft-in-Hamburg/!6028312
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wasserstoff
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Dekarbonisierung
 (DIR) Moorburg
 (DIR) Erneuerbare Energien
 (DIR) Stahl
 (DIR) Energiewende in Gefahr
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Stahlgipfel im Kanzleramt: Experten fordern Bekenntnis der Politik zu grünem Stahl
       
       Kurzfristige Maßnahmen zur Entlastung der Branche reichen nicht. Der
       klimaneutrale Umbau muss vorangetrieben werden, sagen
       Transformationsforscher.
       
 (DIR) Produktion von grünem Wasserstoff: Ambitionslücke beim Ausbau
       
       Grüner Wasserstoff ist der Hoffnungsträger für die Energiewende. Aber ob
       die Regierung zur nötigen Förderung bereit ist, ist unklar.
       
 (DIR) Klimaneutrale Salzgitter AG: Grüner Stahl ist keine Utopie
       
       Im Gegensatz zum Konkurrenten ArcelorMittal hält die Salzgitter AG an der
       Umstellung auf klimaneutralen Stahl fest. Was läuft dort anders?