# taz.de -- Schwarz-rote Islampolitik: Bundesregierung setzt auf umstrittene Berater
       
       > Das Innenministerium wirft seine Islamismus-Berater*innen raus – und
       > ersetzt sie mit islamfeindlichen Forschern aus dem Umfeld des
       > umstrittenen Psychologen Ahmad Mansour.
       
 (IMG) Bild: Nebeneinander statt gegeneinander: Minarett und Kirche in Mannheim
       
       Die Bundesregierung schaltet gegenüber den mehr als fünf Millionen
       Muslim*innen in Deutschland auf Misstrauen. Letzten Freitag wurde die
       sogenannte Taskforce Islamismusprävention im [1][Bundesinnenministerium]
       aufgelöst und ersetzt durch einen neuen Beraterkreis. In dem sitzen
       zahlreiche hochumstrittene Personen, die mit pauschalisierenden und teils
       rassistischen Aussagen über Muslim*innen aufgefallen sind. Sie könnten die
       Politik gegenüber Muslim*innen nun auf Jahre prägen.
       
       Der potenziell große Einfluss der insgesamt 15 Berater*innen rührt unter
       anderem daher, dass sie den [2][im Koalitionsvertrag vereinbarten
       „Bund-Länder-Aktionsplan Islamismusbekämpfung“] erarbeiten sollen. Dabei
       soll es explizit nicht nur um gewaltbereite Islamist*innen gehen, sondern
       auch um deren Vorfeld. Außerdem soll eine „Dokumentationsstelle Politischer
       Islam“ aufgebaut werden, bei der allerdings unklar ist, was diese genau
       sein soll.
       
       Die taz hat mit mehreren Mitgliedern der aufgelösten Taskforce gesprochen,
       die durch die neuen Berater*innen ersetzt wurden. Sie möchten anonym
       bleiben. Ohne Ausnahme befürworten sie ein konsequentes Vorgehen gegenüber
       Islamisten und beteuern, dass es nach einem Regierungswechsel natürlich
       prinzipiell legitim sei, Beratergremien auszutauschen. Auch über den
       amtierenden Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) verlieren sie kaum
       ein schlechtes Wort. Aber an den neu einberufenen Berater*innen üben sie
       harte Kritik.
       
       Einer sagt, in dem Gremium werde „ein eindeutiges politisches Programm
       sichtbar – mehr Großerzählung als wissenschaftliche Empirie“. Ein anderer
       sagt: „Die Definition dessen, was Islamismus ist, wird absehbar verschoben
       in die hochreligiösen Milieus.“ Damit könnten bald auch streng gläubige –
       aber eben nicht islamistische – Personen ins Visier der Behörden geraten.
       
       ## Misstrauen gegen Islam
       
       Den neuen Berater*innen gehe es mehr um ein allgemeines Misstrauen
       gegenüber dem Islam als um ein Programm gegen Islamismus. Das gefährde den
       gesellschaftlichen Zusammenhalt und untergrabe womöglich den Kampf gegen
       Extremismus.
       
       Im Mittelpunkt der Vorwürfe stehen zwei Männer: Christoph de Vries und
       Ahmad Mansour. [3][De Vries ist parlamentarischer Staatssekretär im
       Innenministerium], gilt als rechter Scharfmacher und soll nun den
       Lenkungskreis leiten, der dem neuen Beratergremium vorsteht. Er spricht
       schon mal davon, dass es ein „genuin deutsches Volk“ gebe, oder beklagt,
       dass Personen des „Phänotypus westasiatisch, dunklerer Hauttyp“ den
       deutschen Staat missachteten.
       
       Ein Video von 2023 zeigt, wie er bei einer öffentlichen Rede verschiedene
       Zuwandergruppen auf einer von ihm erdachten „Integrationsskala“ einordnet.
       Menschen aus muslimischen Ländern sortiert er da auf die letzten Plätze.
       „Kulturkampf von rechts“ nennt ein ehemaliges Mitglied der Taskforce das.
       
       [4][Ahmad Mansour wiederum ist das wohl prominenteste Mitglied des neuen
       Beratergremiums.] Der Psychologe hat sich als sogenannter „Islamkritiker“
       einen Namen gemacht, warnt beständig vor der Gefahr durch den Islamismus
       und ist oft in Talkshows zu sehen. Rechte Medien wie Welt und Focus lieben
       ihn für Aussagen wie: „Der Islam hat sich noch nie in eine andere Kultur
       integriert und wird es auch nicht in Europa tun.“ Zahlreiche Expert*innen
       kritisieren Mansours Arbeiten dagegen als einseitig und tendenziös.
       
       [5][Zuletzt hatte das Investigativ-Medium "Correctiv" berichtet, dass ein
       von Mansour geleitetes Projekt gegen Antisemitismus an Schulen vom
       Bundeswissenschaftsministerium gefördert werde, obwohl Gutachter*innen
       schwere Vorbehalte dagegen geäußert hätten.] Die Expert*innen beklagten
       etwa, dass grundlegende wissenschaftliche Standards nicht eingehalten
       würden und Muslim*innen pauschal Antisemitismus unterstellt werde.
       
       Mansour ist außerdem Mitglied des AK Polis, eines Zusammenschlusses von
       Wissenschaftler*innen und Expert*innen, die ein hartes Vorgehen gegen
       Islamisten fordern – dabei aber teils auch Ressentiments gegen Muslim*innen
       allgemein schüren. Hierzu gehört auch die Islamwissenschaftlerin Susanne
       Schröter, die in Österreich auf einer Konferenz der rechtsextremen FPÖ
       auftrat und für den Focus Kolumnen schreibt, die Titel haben wie: „Die
       unheilvolle Migrations-Allianz zwischen Politik und woken
       Wissenschaftlern“.
       
       Auch de Vries war schon beim AK Polis zu Besuch. Mit Ruud Koopmans und
       Hans-Jakob Schindler wurden noch zwei weitere Mitglieder in das neue
       Beratergremium im Innenministerium berufen.
       
       Und dann ist da noch Güner Balci, die umstrittene Integrationsbeauftragte
       des Bezirks Neukölln. Auch sie gibt gern markige Aussagen über Muslim*innen
       zum Besten. Zuletzt warnte sie während des Machtkampfs in der Neuköllner
       SPD, die Partei sei von Islamisten unterwandert.
       
       Neben der eindeutigen politischen Ausrichtung fällt auf, dass Mansour die
       einzige Person im neuen Gremium ist, die aus der Praxis der
       Islamismusprävention und Deradikalisierung kommt. Keine einzige
       Organisation ist mehr vertreten, die zum Dachverband der
       Präventionsorganisationen Bag RelEx gehört, in dem alle relevanten Akteure
       in diesem Feld zusammengeschlossen sind. Auch die weithin als Expert*innen
       anerkannten Sozialarbeitenden Claudia Dantschke und Thomas Mücke wurden aus
       dem Kreis der Berater*innen geworfen.
       
       Ein ehemaliges Taskforce-Mitglied sagt der taz dazu: „Wie will man über
       Prävention sprechen ohne die Leute, die diese Arbeit in der Praxis
       umsetzen?“ Und sogar der ausgesprochen CDU-nahe Terrorismusforscher Peter
       Neumann schreibt auf X: „zwei der weltweit erfahrensten Praktiker der
       Terrorprävention einfach so rauszuwerfen, ist gewagt – und sehr
       gefährlich.“ Mücke selbst hingegen sagt der taz lediglich: „Wir begrüßen
       es, dass das Bundesinnenministerium neue Strukturen der Zusammenarbeit
       finden will.“
       
       Aber nicht nur von Expert*innen, sondern auch aus anderen Parteien kommt
       Kritik. Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara
       Bünger, sagte der taz, die Vorgänge erweckten den Eindruck, „dass Union und
       SPD eher Bestätigung bestehender Vorurteile suchen als differenzierte
       Expertise“. Bei den Grünen klingen die Wortmeldungen ganz ähnlich. Deren
       Abgeordnete Lamya Kaddor sagte der taz: "Prävention bedeutet auch, das
       normale muslimische Leben jenseits der Extreme zu zeigen und anzuerkennen."
       Um dann hinzuzufügen: "Wie soll das mit Leuten funktionieren, die nahezu
       jede Form des Islam für eine Art gefährliche Ideologie zu halten scheinen?"
       
       Doch innerhalb der Koalition sorgt all diese Kritik bislang scheinbar nicht
       für Zweifel an den neuen Berater*innen, die sich das Bundesinnenministerium
       ins Haus geholt hat. Der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Günter
       Frings, nannte die Neuberufung einen „notwendigen Schritt, um unsere
       freiheitliche Demokratie zu schützen und den Entwicklungen der letzten
       Jahre entschieden entgegenzutreten“. Aus der SPD äußerte sich niemand zu
       den neuen Berater*innen.
       
       25 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Demokratiefoerderung-im-Koalitionsvertrag/!6077911
 (DIR) [3] /Hamburger-Christoph-de-Vries/!6082172
 (DIR) [4] /Ahmad-Mansour-und-die-CDU-Berlin/!6072879
 (DIR) [5] https://correctiv.org/aktuelles/integration-gesellschaft/2025/10/30/antisemitismus-mansour-foerderprojekt/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Eikmanns
       
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