# taz.de -- Kommunalwahl in Dänemark: Sozialdemokraten verlieren Kopenhagen nach über 100 Jahren
       
       > In der dänischen Hauptstadt werden zwei Parteien links der
       > Sozialdemokraten die stärksten Kräfte, in anderen Regionen legen auch die
       > Liberalen zu.
       
 (IMG) Bild: Kopenhagens neue Oberbürger-meisterin in der Mitte vorn: Sisse Marie Welling von der Sozialistischen Volkspartei
       
       Katastrophenwahl für die Sozialdemokraten: So hallt es am Mittwoch durch
       die [1][dänischen] Medien. Bei den Kommunal- und Regionenwahlen verlor die
       Partei von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am stärksten. Die
       Sozialdemokraten stellen nun nicht mehr die meisten Stadtoberhäupter in den
       98 Kommunen des Landes – und am schwersten wiegt die Niederlage in
       [2][Kopenhagen].
       
       Nach mehr als 100 Jahren verliert die Partei erstmals den
       Oberbürgermeisterposten in der dänischen Hauptstadt. Sie wurde hier mit
       12,7 Prozent (- 4,5) nur noch drittstärkste Kraft. Die von Frederiksen
       selbst eingesetzte sozialdemokratische Kandidatin Pernille
       Rosenkrantz-Theil räumte schon in der Nacht ihre Niederlage ein.
       
       Kopenhagen rückt weiter nach links: Neue Oberbürgermeisterin wird Sisse
       Marie Welling von der linksgrünen Sozialistischen Volkspartei (SF). „Wir
       müssen nun die sehr großen Versprechen erfüllen, die wir den Menschen
       gegeben haben,“ sagte sie am Mittwochvormittag. Zwar wurde die SF in der
       Hauptstadt nur zweitstärktste Kraft hinter der noch linkeren Einheitsliste,
       die mit leichten Verlusten auf 22,1 Prozent kam.
       
       Doch gewann die SF mit fast 7 Punkten (jetzt 17,9) am meisten hinzu und hat
       die Unterstützung anderer Parteien. Gehofft hatte die SF auf eine
       ausreichende Mehrheit für eine rot-dunkelrot-grüne Stadtregierung, doch
       dafür reichte es nicht. Unterstützt wird die SF-Oberbürgermeisterin nun von
       einer sehr bunten Mischung von Konservativen und Sozialliberalen über die
       grüne Alternative bis hin zur nationalistischen, rechtspopulistischen
       Dänischen Volkspartei. Letztere ist mit knapp vier Prozent in Kopenhagen
       weiterhin klein, aber mit verdoppeltem Stimmenanteil. Landesweit liegt sie
       bei 5,9 Prozent (+1,8).
       
       ## Strafe für Rechtsrutsch in der Migrationsfrage
       
       In Kopenhagen wählen vor allem junge, gut ausgebildete Eltern links. Diese
       große urbane Wählerschaft haben die Sozialdemokraten Beobachtern zufolge in
       den vergangenen zehn Jahren verloren, [3][als sie sich nicht zuletzt in
       Migrationsfragen immer weiter nach rechts orientierten.]
       
       Bezahlbarer Wohnraum, preiswerter öffentlicher Nahverkehr, mehr Grün und
       mehr Radwege statt Parkplätze, mehr Kindergartenplätze, bessere
       Altenpflege: Das waren wichtige Themen der linken Parteien für die
       Hauptstadt. Für ganz junge Wahlberechtigte war auch Palästina ein
       Wahlkampfthema, von der Einheitsliste gingen entsprechende Signale aus.
       
       Der Wahlausgang wurde jetzt auch mit Spannung erwartet, weil es nächstes
       Jahr Parlamentswahlen gibt. Dass die Sozialdemokraten jetzt insgesamt
       stärkste Partei blieben, nützt ihnen wenig angesichts des Verlusts von über
       fünf Prozentpunkten (jetzt: 23,2).
       
       „Ich habe immer die Verantwortung übernommen für das, was in der
       Sozialdemokratie geschieht. Das mache ich heute selbstverständlich auch“,
       sagte Frederiksen in der Wahlnacht. Ihr Posten als Parteichefin gilt nicht
       als gefährdet, aber ihre Ausgangslage für die Parlamentswahl ist
       geschwächt.
       
       ## Berater: „Öffentliche Hinrichtung durch die Wähler“
       
       Thomas Juul-Dam, einst Berater der Sozialdemokraten, beschrieb die
       Niederlage drastisch: „Es ist wie eine Verbrennung dritten Grades, die
       richtig weh tut und über die man schwer hinwegkommt“. Dass die Partei auch
       in ländlichen Regionen und in größeren Provinzstädten Niederlagen einfuhr,
       sei „eine öffentliche Hinrichtung durch die Wähler.“
       
       Nur eine der nur noch vier dänischen Regionen geht an die Sozialdemokraten:
       Die neue Riesenregion Ost-Dänemark, gebildet aus den früheren Einheiten
       Sjælland und Haupstadt, wird künftig vom Sozialdemokraten Lars Gaardhøj
       geführt – in einer bunten Koalition.
       
       In den anderen drei Regionen stehen Vertreter der konservativ-liberalen
       Venstre an der Spitze. Trotz Verlusten von gut drei Punkten liegt die
       Partei nun vorn bei der Anzahl der Bürgermeisterposten. Den höchsten
       Stimmenzuwachs insgesamt verzeichnen die Liberale Allianz (+4,1, jetzt 5,5)
       und die Sozialistische Volkspartei (+3,5, jetzt 11,1).
       
       19 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
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